Der Krieg am Ende der Welt
dann das Wunder mit der ehernen Schlange erzählen, die Moses auf Befehl des Vaters hergestellt hatte, damit, wer sie ansah, geheilt werde vom Biß der Schlangen, die die Juden anfielen; er hörte ihn einen neuen Ansturm von Schlangen prophezeien, die nach Belo Monte kommen würden, um die Gottgläubigen auszurotten. Aber wer sich den Glauben erhielt, hörte er ihn sagen, der würde den Biß überleben. Als die Leute wegzugehen begannen, war er beruhigt. Er erinnerte sich, daß der Ratgeber vor Jahren, während der Dürre, schon einmal dieses Wunder erzählt und damit in dem von Schlangen heimgesuchten Sertäo ein neues Wunder bewirkt hatte. Dieser Gedanke verlieh ihm Sicherheit.
Er war ein anderer Mensch, als er an Antônio Vilanovas Tür klopfte. Assunção Sardelinha öffnete ihm, und João sah den Kaufmann, seine Frau und mehrere Kinder und Helfer um den Ladentisch beim Essen sitzen. Sie machten ihm Platz, sie reichten ihm einen dampfenden Teller, und João aß, ohne zu wissen, was er aß, mit dem Gefühl, Zeit zu verlieren. Er hörte kaum zu, als Antônio erzählte, Pajeú habe statt Schießpulver lieber Holzpfeifen und Schleudern und vergiftete Pfeile mitgenommen, weil er dachte, damit werde er den anrückenden Soldaten desto besser zusetzen. Der Neger kaute und trank, uninteressiert an allem, was nicht seine Mission war.
Nach dem Essen legten sich die anderen schlafen, und nun sprachen Joäo und Antônio beim Licht der Lampe. Sie sprachen viel, manchmal laut, manchmal leise, manchmal im Einverständnis und manchmal wütend. Während sich der Laden mit Leuchtkäfern füllte, die in den Ecken herumhuschten, öffnete Antônio von Zeit zu Zeit eines der großen schwarzen Kassenbücher, in die er die Ankunft der Pilger, die Todesfälle und Geburten eintrug, und erwähnte diesen oder jenen Namen. Aber noch immer ließ João den Kaufmann nicht schlafen. Er strich ein Papier glatt, das er zwischen den Fingern gehalten hatte, reichte es ihm und ließ sich mehrere Male den Text vorlesen, so lange, bis er ihn auswendig konnte. Als sich Antônio Vilanova schlafen legte und so müde war, daß er sich nicht einmal die Stiefel auszog, hörte er den ehemaligen Sklaven in einem Schlupfloch unter dem Ladentisch noch immer den Eid für die Katholische Wachmannschaft wiederholen.Am nächsten Morgen verteilten sich Kinder und Hilfskräfte der Vilanova über Belo Monte, wo sie auf eine größere Gruppe von Menschen stießen, riefen sie aus, daß jeder, der keine Angst habe, sein Leben für den Ratgeber zu lassen, sich zur Katholischen Wachmannschaft melden könne. Bald drängten sich die Anwärter vor dem alten Verwaltungsgebäude und verstopften die Campo Grande, die einzige gerade Straße von Canudos. João Grande und Antônio Vilanova, auf zwei Kisten sitzend, nahmen sich jeden einzeln vor, und der Kaufmann sah nach, wer er war und wie lange er schon in der Stadt lebte. João fragte sie, ob sie bereit seien, herzugeben, was sie besaßen, und ihre Familien zu verlassen, wie es die Apostel Christi getan hatten, und sich einer Kampfprobe zu unterziehen. Alle wollten es, inbrünstig.
Bevorzugt wurde, wer in Uauá und am Cambaio gekämpft hatte, und ausgeschieden, wer unfähig war, ein Gewehr zu säubern, einen Vorderlader zu bedienen oder eine heiß geschossene Flinte abzukühlen. Auch die sehr Alten und die sehr Jungen und alle, die kampfunfähig waren, wie Mondsüchtige und Schwangere. Keiner, der einmal Spurenleser bei Mobilen Einheiten oder Steuereinnehmer oder bei der Volkszählung angestellt war, wurde genommen. Von Zeit zu Zeit führte João Grande die Erwählten auf einen freien Platz und forderte sie auf, ihn wie einen Feind anzugreifen. Wer zögerte, schied aus. Die anderen ließ er gegeneinander kämpfen und ringen, um ihre Tapferkeit zu beurteilen. Am Abend hatte die Katholische Wachmannschaft achtzehn Mitglieder, darunter eine Frau aus der Bande Pedrãos. Im Laden nahm ihnen João den Eid ab, dann schickte er sie nach Hause, damit sie Abschied nahmen, denn vom nächsten Tag an würden sie keine andere Verpflichtung mehr haben, als den Ratgeber zu schützen.
Am zweiten Tag ging die Auswahl schneller vonstatten, da die bereits Erwählten João halfen, die Anwärter den Proben zu unterziehen und Ordnung zu bringen in den Tumult, den all dies verursachte. Inzwischen hatten die Sardelinhas blauen Stoff beschafft, den die Erwählten als Armbinde tragen oder sich um den Kopf binden sollten. An diesem zweiten Tag vereidigte
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