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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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Spion in Ipupiará«, zählte der kurzsichtige Journalist, mit den Fingerknöcheln auf den Tisch klopfend, auf, »die für Canudos bestimmten Gewehre, die im Sertão gefunden wurden. Die Kropatschek-Geschosse der Jagunços, die nur von britischen Schiffen importiert worden sein konnten. Und die Sprengkugeln. Tag und Nacht wiederholt, werden Lügen Wahrheit.«
    »Sie überschätzen die Reichweite des Jornal de Notícias «, lächelte Baron de Canabrava.»Der Epaminondas Gonçalves von Rio heißt Alcindo Guanabara, und sein Blatt A República «, sagte der kurzsichtige Journalist. »Seit der Niederlage von Major Febrônio de Brito hat A República keinen Tag vergehen lassen, ohne schlüssige Beweise für die komplizenhafte Verbindung der Monarchistischen Partei mit Canudos zu liefern.«
    Der Baron hörte ihn nur halb, weil ihm noch im Ohr lag, was der Visconde de Ouro Prêto, in eine Decke eingewickelt, die ihm kaum den Mund frei ließ, in Lissabon zu ihm gesagt hatte:
    »Das Tragische ist, daß wir selber Gentil de Castro nie ernstgenommen haben. Er hat unter dem Kaiserreich nie etwas vorgestellt, hat nie einen Titel, eine Auszeichnung, ein Amt erhalten. Sein Monarchismus war rein sentimental und hatte mit der Wirklichkeit nichts zu tun.«
    »Zum Beispiel den schlagenden Beweis der Rinder und Waffen in Sete Lagoas in Minas Gerais«, fuhr der kurzsichtige Journalist fort. »Waren sie nicht etwa nach Canudos unterwegs? Wurde der Transport nicht von João Brandäo geleitet, dem bekannten Capanga-Führer monarchistischer Caudillos? Hatte João Brandäo nicht für Joaquim Nabuco und den Visconde de Ouro Prêto gearbeitet? Alcindo veröffentlicht die Namen der Polizisten, die Brandäo verhaftet haben, er druckt im Wortlaut dessen vollständiges Geständnis ab. Was tut es, daß es diesen Brandäo nicht gab und eine solche Waffenlieferung nie entdeckt wurde? Es stand schwarz auf weiß in der Zeitung, also war es wahr. Die Geschichte mit dem Spion von Ipupiará, wiederholt, vervielfacht. Sehen Sie, wie logisch und rational das ist? Sie, Baron, wurden nicht gelyncht, weil es in Salvador keine Jakobiner gibt. In Bahia begeistern sich die Leute nur für den Karneval, die Politik kümmert sie nicht im mindesten.«
    »Tatsächlich, jetzt können Sie im Diário de Bahia arbeiten«, spottete der Baron. »Inzwischen haben Sie die Infamie unserer Gegner durchschaut.«
    »Sie und Ihre Partei sind nicht besser«, flüsterte der kurzsichtige Journalist. »Haben Sie vergessen, daß Epaminondas Ihr Verbündeter ist und seine alten Freunde in der Regierung sitzen?«
    »Sie entdecken etwas spät, daß Politik schmutzig ist«, sagte der Baron.»Nicht für den Ratgeber«, sagte der kurzsichtige Journalist. »Für ihn war sie sauber.«
    »Auch für den armen Gentil de Castro«, seufzte der Baron. Als er aus Europa zurückgekommen war, hatte er auf seinem Schreibtisch einen vor Monaten in Rio aufgegebenen Brief gefunden, in welchem Gentil de Castro in seiner ausgesucht schönen Schrift bei ihm anfragte: »Was ist denn das mit Canudos, verehrtester Baron? Was geht in den von Ihnen so geliebten Landen vor? Man schiebt uns alle möglichen Albernheiten in die Schuhe, und wir können uns nicht einmal verteidigen, weil wir die Sache nicht kennen. Wer ist Antônio Conselheiro? Gibt es ihn überhaupt? Wer sind diese räuberischen Sebastianiten, mit denen uns die Jakobiner partout in Verbindung bringen wollen? Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich darüber aufklären wollten ...« Jetzt war der alte, freundliche Mann tot, weil er angeblich eine Rebellion bewaffnet und finanziert hatte, die das Kaiserreich wiederherstellen und Brasilien zum Sklaven Englands machen wollte. Als der Baron vor Jahren Exemplare der Gazeta de Notícias und A Liberdade zugeschickt bekam, schrieb er dem Visconde de Ouro Prêto und fragte ihn, was denn das für ein Unsinn sei, zwei wehmütig die Monarchie verherrlichende Blätter herauszubringen, jetzt, wo jedermann wußte, daß das Kaiserreich endgültig begraben war. »Was wollen Sie, mein Lieber ... Es war nicht meine Idee, auch nicht die von João Alfredo oder Joaquim Nabuco oder einem seiner Freunde, sondern ausschließlich die von Oberst Gentil de Castro. Er hat beschlossen, sein Geld für diese Blätter zu verschwenden, um die Namen all derer, die wie wir dem Kaiser gedient haben, gegen die Verleumdungen in Schutz zu nehmen, denen sie ausgesetzt sind. Uns allen erscheint die Forderung nach einer Rückkehr zur

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