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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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sie beschmutze.
    »Ja, ja«, ruft er heftig, voll Reue. »Verzeiht mir, der Schmerz hat mich verwirrt, vielleicht der Böse. Jetzt begreife ich, jetzt weiß ich. Wir werden verschweigen, daß er tot ist. Wir werden ihm hier die Totenwache halten und hier werden wir ihn begraben. Wir werden ein Grab graben und niemand außer uns soll wissen, wo. Das ist der Wille des Vaters.«
    Eben noch hat er João Abade, Pajeú und João Grande gegrollt, weil sie sich dem feierlichen Begräbnis widersetzt haben; jetzt ist er ihnen dankbar, daß sie ihm geholfen haben, die Botschaft zu entziffern. Klein, zerbrechlich, hinfällig, aber voll Energie und Ungeduld geht er zwischen den frommen Frauen und den Aposteln herum, rüttelt sie auf, drängt sie, nicht länger zu weinen und diese Lähmung zu überwinden, die eine Falle des Teufels sei. Inständig bittet er sie aufzustehen, sich zu tummeln, Picken und Schaufeln zu holen, um zu graben. »Es eilt, es eilt«, ängstigt er sie.
    Und es gelingt ihm, seine Tatkraft auf sie zu übertragen: sie stehen auf, trocknen sich die Augen, fassen Mut, sehen sich an, nicken. João Abade, den sein praktischer Sinn nie verläßt, findet die fromme Lüge für die Männer am Schutzwall vor dem Sanktuarium: wie in so vielen anderen Häusern in Belo Monte werden sie auch hier einen unterirdischen Gang anlegen, eine Verbindung zu den Schützengräben, für den Fall, daß die Hunde das Sanktuarium umstellen. João Grande geht hinausund kommt mit ein paar Schaufeln zurück. Sofort beginnen sie neben dem Bett zu graben, und so graben sie fort, immer vier auf einmal, einander mehrmals ablösend, und wenn sie die Schaufel abgeben, knien sie nieder und beten. So arbeiten sie mehrere Stunden, ohne zu merken, daß es dunkel geworden ist und die Mutter der Menschen ein Öllämpchen anzündet und draußen die Schießerei, die Haßschreie oder Siegesrufe einsetzen und aussetzen und wieder einsetzen. Und fragt jemand neben der Erdpyramide, die um so höher wächst, je tiefer das Grab wird, sagt der Beatinho jedesmal: »Tiefer, tiefer.«
    Als ihm die Eingebung sagt, nun sei es genug, sind alle erschöpft, sind ihre Haare und ihre Haut verklebt von Erde. Der Beatinho hat das Gefühl, einen Traum zu träumen, als sie gleich darauf, er den Kopf fassend, Mutter Maria Quadrado das eine und Pajeú das andere Bein, João Grande den einen und Pater Joaquim den anderen Arm, den Leib des Ratgebers hochheben, damit die frommen Frauen die Strohmatten unter ihm ausbreiten können, die sein Schweißtuch sein werden. Als der Körper darauf liegt, legt ihm Mutter Maria Quadrado das Metallkreuz auf die Brust, den einzigen Gegenstand, der die Wände des Sanktuariums geschmückt hat, und den Rosenkranz mit den dunklen Perlen, der ihn begleitet hat, solange sie zurückdenken können. Wieder heben sie die sterbliche Hülle auf, die nun in die Strohmatte gewickelt ist, und auf dem Boden des Grabs nehmen João Abade und Pajeú sie entgegen. Während Pater Joaquim lateinische Gebete betet, arbeiten sie wieder: abwechselnd, die Schaufelwürfe mit Gebeten begleitend. In diesem seltsamen, vom ungewissen Licht noch verstärkten Traumgefühl sieht der Beatinho, daß selbst der Löwe von Natuba, zwischen den Beinen der anderen umherspringend, hilft, das Grab zu füllen. Solange er arbeitet, hat er seine Traurigkeit unter Kontrolle. Er sagt sich, daß diese bescheidene Totenwache und dieses ärmliche Grab, auf dem keine Inschrift und kein Kreuz stehen werden, sicherlich ganz im Sinne des bescheidenen Mannes gewesen wäre, der der Ratgeber in seinem Leben gewesen ist. Aber als alles vorbei und das Sanktuarium wieder wie vorher ist – mit dem leeren Bett in der Mitte –, bricht der Beatinho in Tränen aus. Weinend hört er, daß auch die anderen weinen. Nach einer Weile faßt er sich.Halblaut fordert er sie auf, bei dem Heil ihrer Seelen zu schwören, daß sie, unter welcher Folter immer, niemals den Ort verraten werden, an dem der Ratgeber begraben liegt. Einzeln nimmt er ihnen den Eid ab.
    Sie schlug die Augen auf und fühlte sich glücklich wie in der vergangenen Nacht, wie gestern und vorgestern, wie alle diese Tage, einen nach dem andern, die ihr verschmolzen bis hin zu jenem Abend, als sie den Journalisten, den sie schon unter den Trümmern des Ladens begraben geglaubt hatte, an der Tür des Sanktuariums wiedergefunden, sich in seine Arme geworfen und ihn hatte sagen hören, daß er sie liebe, und sie selbst ihm gesagt hatte, auch sie liebe

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