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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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gefreut hättest? Es ist doch wahr, daß es nur eine andere Art gewesen wäre, dir zu zeigen, wie sehr ich dich liebe, Estela?«
    Seine Frau fuhr fort, ihn zu beobachten, nicht unwillig, auch nicht mehr überrascht, sondern mit diesem friedlichen Blick, der seit Monaten der ihre war. Und er sah, daß sie gleich danach wieder Sebastiana ansah, die immer noch schluchzte, und begriff, daß ihr bis dahin neutraler Blick anteilnehmend und sanft wurde. Dem Zeichen folgend, das sie ihm gab, ließ er die Hand der Baronin los. Er sah, daß Estela ein paar Schritte ging, sich am Kopfende auf den Rand des Bettes setzte und mit dieser unnachahmlichen Grazie, die er in allen ihren Bewegungen bewunderte, die Arme ausstreckte, um Sebastiana über die Wangen zu streichen, sehr behutsam und vorsichtig, als fürchte sie, sie könne sie zerbrechen. Mehr wollte er nicht sehen. Das Begehren war mit einer Art rasender Wut zurückgekehrt, und der Baron beugte sich wieder über die Kammerfrau, bahnte sich abermals, ihre Beine auseinanderschiebend und sie zwingend, sie auszustrecken, den Weg zu ihrem Geschlecht, damit er es abermals küssen, riechen, schlürfen könne. Lange blieb er so, die Augen geschlossen, berauscht, lustvoll, und als er spürte, daß er die Erregung nicht mehr beherrschen konnte, richtete er sich auf und schob sich kriechend über Sebastiana. Ihre Beinetrennend mit seinen, nachhelfend mit einer benommenen Hand, suchte er ihr Geschlecht, und mit einer Bewegung, die seiner Lust Schmerz und Aufreißen hinzufügte, gelang es ihm, in sie einzudringen. Er hörte sie stöhnen, und in dem tumultartigen Augenblick, in dem das Leben zwischen seinen Beinen zu zerspringen schien, konnte er sehen, daß die Baronin noch immer die Hände um das Gesicht Sebastianas gelegt hielt, sie zärtlich und voll Erbarmen ansah, während sie ihr langsam über die Stirn blies, um ein paar Härchen von der Haut zu entfernen.
    Stunden später, als dies alles vorbei war, schlug der Baron die Augen auf, als hätte etwas oder jemand ihn geweckt. Das Licht des frühen Morgens drang in den Raum, er hörte Vogelgesang und das murmelnde Rauschen des Meers; er setzte sich auf in dem Bett Sebastianas, in dem er allein geschlafen hatte; er stand auf, nahm das Bettlaken um, das er vom Boden aufhob, und ging ein paar Schritte, bis in das Zimmer der Baronin. Sie und Sebastiana schliefen in dem breiten Bett, ohne sich zu berühren, und der Baron betrachtete sie eine Weile mit einem undefinierbaren Gefühl, durch die durchsichtige Gaze des Moskitonetzes. Er fühlte Zärtlichkeit, Melancholie, Dankbarkeit und eine vage Unruhe. Er ging auf die Flurtür zu, an der er nachts seine Kleider abgeworfen hatte. Als er am Balkon vorbeikam, hielt ihn der Anblick der von der Sonne beschienenen Bucht zurück. Er hatte das unzählige Male gesehen und konnte sich nie daran sattsehen: Salvador zur Stunde des Sonnenaufgangs und Sonnenuntergangs. Er trat hinaus und betrachtete vom Balkon aus das majestätische Schauspiel: das gierige Grün der Insel Itaparica, das strahlende Weiß und die Anmut der ausfahrenden Segelboote, das helle Blau des Himmels, das Graugrün des Wassers und davor, zu seinen Füßen, den zerklüfteten, zinnoberroten Horizont der Dächer, unter denen er das Erwachen der Leute, den Beginn der täglichen Routine vorausahnen konnte. Mit bittersüßer Wehmut unterhielt er sich damit, zwischen den Dächern der Viertel Desterro und Nazaré die Stammsitze seiner ehemaligen politischen Gefährten zu erkennen, der Freunde, die er nun nicht mehr sah: den des Barons de Cotegipe, den des Barons de Macaúba, den des Visconde de São Lourenço, den des Barons de São Francisco, den desMarquês de Barbacena, den des Barons de Maragogipe, den des Conde de Sergimirim, den des Visconde de Oliveira. Wieder und wieder glitt sein Blick über bestimmte Punkte der Stadt, die Dächer des Seminars, die üppig grünenden Ladeiras, das alte Jesuitenkolleg, den hydraulischen Aufzug, die Alfândega, und eine Weile betrachtete er bewundernd die Sonnenreflexe auf den goldenen Steinen der Kirche Nossa Senhora da Conceição da Praia, die zwei Schiffbrüchige als Dank an die Muttergottes geschnitten und behauen aus Portugal gebracht hatten, und am Strand erriet er, was er nicht sehen konnte: das farbenfrohe Gewimmel, das der Fischmarkt zu dieser Stunde sein mußte. Doch plötzlich fesselte etwas seine Aufmerksamkeit, und ernst, die Augen anstrengend, den Kopf vorgestreckt, blickte er über das

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