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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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küßte, leicht saugend, die Zunge einbohrend und ihre Säfte schlürfend, versinkend in einer Trunkenheit, die ihn endlich von allem befreite, was ihn traurig und bitter machte, von diesen Bildern, die sein Leben zerfraßen, fühlte er den leichten Druck von Fingern auf seiner Schulter. Er wandte den Kopf und sah und wußte, was er sehen würde: da stand Estela und sah ihn an.
    »Estela, Liebe, Liebe«, sagte er zärtlich, während er, immer noch kniend, immer noch mit den Ellenbogen die Beine der Kammerfrau spreizend, seinen Speichel und den Saft Sebastianas über die Lippen rinnen fühlte. »Ich liebe dich mehr als irgend jemanden auf dieser Welt. Ich tue das, weil mich seit langer Zeit danach verlangt, und aus Liebe zu dir. Um dir näher zu sein, Liebe.«
    Er spürte den Körper Sebastianas in Krämpfen zucken, er hörte sie, die, Mund und Augen mit den Händen bedeckend, verzweifelt schluchzte, und er sah die Baronin, die bewegungslos an seiner Seite stand und ihn beobachtete. Sie wirkte nicht erschrocken, wütend, entsetzt, eher ein wenig neugierig. Sietrug ein leichtes Nachthemd, unter dem er im halben Licht die verfließenden Konturen ihres Körpers erriet, den die Zeit nicht hatte entstellen können – noch immer war sie eine harmonische, stattliche Erscheinung –, und das Haar, dessen graue Strähnen im Halbdunkel nicht sichtbar waren, in einem Netz zusammengefaßt, aus dem ein paar Haarspitzen hervorsahen. Soweit er sehen konnte, hatte sich auf ihrer Stirn nicht diese tiefe, einsame Furche gebildet, bei ihr das untrügliche Zeichen von Ärger, das einzige, das Estela nicht, wie alle anderen Gefühlsäußerungen, unter Kontrolle hatte. Die Brauen waren nicht gerunzelt, und der leicht geöffnete Mund unterstrich das Interesse, die Neugier, die ruhige Überraschung in ihren Augen. Aber neu an ihr war allein schon, so geringfügig sie sein mochte, diese Wendung nach außen, dieses Interesse an etwas ihr Fremdem, denn seit jener Nacht in Calumbí hatte der Baron in ihren Augen keinen anderen Ausdruck als den der Indifferenz, der Verschlossenheit, der geistigen Abkapselung gesehen. Ihre Blässe trat jetzt stärker hervor, vielleicht durch das blaue Halbdunkel, vielleicht durch das, was zu erleben sie im Begriff stand. Der Baron fühlte, daß ihn Rührung übermannte, daß er gleich in Weinen ausbrechen würde. Er erriet mehr als er sie sah die bleichen, nackten Füße Estelas auf dem glänzenden Holzboden, und einer inneren Regung folgend bückte er sich, um sie zu küssen. Die Baronin rührte sich nicht, während er, auf den Knien, mit unendlicher Liebe und Verehrung ihren Rist, ihre Zehen, ihre Nägel, ihre Fersen mit Küssen bedeckte und glühend auf sie niederstammelte, daß er sie liebe, daß sie ihm immer als die schönsten und würdig eines hingebungsvollen Kults erschienen seien, weil sie ihm ein Leben lang unbezahlbare Lust gegeben hätten. Nachdem er sie wieder und wieder geküßt und die Lippen bis an die zarten Knöchel gehoben hatte, spürte er eine Bewegung seiner Frau und hob rasch den Kopf, früh genug, um zu sehen, daß die Hand, die ihn vorher an der Schulter berührt hatte, abermals ohne Hast oder Gewaltsamkeit auf ihn zukam und sich mit dieser Natürlichkeit, Vornehmheit und Selbstsicherheit, mit der Estela immer gesprochen und sich bewegt und benommen hatte, auf sein Haar legte und dort liegen blieb, versöhnlich, weich, in einer Berührung, die sein innerstes Sein ihr dankte, weil nichts Feindseliges, Mahnendes,sondern eher etwas Liebenswürdiges, Liebevolles, Duldsames in ihr lag. Das Begehren, das völlig verschwunden gewesen war, flammte neu auf, und der Baron spürte sein Glied wieder hart werden. Er nahm die Hand, die Estela ihm auf den Kopf gelegt hatte, führte sie an den Mund, küßte sie und wandte sich, ohne sie loszulassen, wieder dem Bett zu, auf dem Sebastiana, das Gesicht bedeckt, ganz in sich zurückgezogen lag, und streckte die freie Hand aus und legte sie der Liegenden auf den Schamhügel, dessen Schwarz sich deutlich abhob von der matten Farbe ihrer Haut.
    »Immer schon wollte ich sie mit dir teilen, Liebe«, stammelte er, die Stimme gebrochen von widersprüchlichen Gefühlen: Schüchternheit, Scham, Rührung und wiedererwachendes Begehren, »aber nie hatte ich den Mut, weil ich fürchtete, dich zu beleidigen, dich zu verletzen. Ich habe mich getäuscht, nicht wahr? Es stimmt doch, daß ich dich weder beleidigt noch verletzt hätte? Daß du es akzeptiert, dich darüber

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