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Der Krieg am Ende der Welt

Der Krieg am Ende der Welt

Titel: Der Krieg am Ende der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Vargas Llosa
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überall, Löwe«, sagt jemand wie als Antwort auf seine Gedanken.
    Es ist ein klapperdürrer Kleiner in einer zerfetzten Hose, ein Knochengestell, mit Haut überspannt, der eben hereinkommt. Die Jagunços nehmen ihm die Feldflaschen und Munitionstaschen ab, die er auf dem Rücken trägt. Der Löwe von Natuba faßt ihn an einem Ärmchen:
    »Maria Quadrado? Hast du sie gesehen?«
    »Sie ist in der Santo Eloi, an der Barrikade«, bestätigt der Kleine. »Jeden fragt sie nach dir.«
    »Bring mich zu ihr«, sagt der Löwe von Natuba, und in seiner Stimme sind Angst und Flehen.
    »Der Beatinho ist mit einer Fahne zu den Hunden gegangen«, sagt der »Kleine«, sich erinnernd, zum Feuerwerker.
    »Bring mich zu Maria Quadrado, bitte«, heult der Löwe von Natuba, sich an ihn hängend, zappelnd. Der Kleine blickt unschlüssig zum Feuerwerker.
    »Bring ihn hin«, sagt dieser. »Sag João Abade, daß es hier jetzt ruhig ist. Und komm gleich zurück, ich brauche dich.« Er hat die Feldflaschen unter die Leute verteilt, die, die er für sich behält, reicht er dem Löwen: »Trink, ehe du gehst.«
    Der Löwe trinkt und sagt leise: »Gelobt sei der gute Jesus Ratgeber.« Hinter dem Jungen verläßt er die Hütte. Draußen sieht er Brände auf allen Seiten und Männer und Frauen, die sie mit Eimern voll Erde zu löschen versuchen. In der São Pedro Mártir liegt weniger Schutt und in den Häusern halten sich Scharen von Menschen auf. Manche rufen ihn und machen ihm Zeichen und fragen ihn, ob er die Engel gesehen hat, ob er dabei war, als der Ratgeber aufgestiegen ist. Er gibt keineAntwort, er bleibt nicht stehen. Es kostet ihn unendliche Anstrengung, vorwärtszukommen, sein ganzer Körper schmerzt, er kann die Hände kaum noch auf den Boden setzen. Er ruft dem »Kleinen« zu, nicht so schnell zu laufen, er komme nicht nach, als sich der Kleine ohne Schrei, ohne ein Wort zu sagen, auf die Erde wirft. Der Löwe von Natuba schleppt sich hin zu ihm, berührt ihn aber nicht, denn da, wo seine Augen waren, ist jetzt Blut und etwas Weißes schaut heraus, vielleicht ein Knochen, vielleicht eine weiche Substanz. Ohne nachzudenken, woher der Schuß kam, trabt er mit neuem Schwung. Er denkt: Mutter Maria Quadrado, ich will dich sehen, ich will mit dir sterben. Je weiter er kommt, desto mehr Rauch und Flammen schlagen ihm entgegen, und plötzlich weiß er, daß er nicht durchkommen wird: die São Pedro Mártir endet an einer Wand prasselnder Flammen. Keuchend, die Hitze im Gesicht, die der Brand ausströmt, bleibt er stehen.
    »Löwe, Löwe!«
    Er dreht sich um. Er sieht den Schatten einer Frau, ein Gespenst aus zerknitterter Haut und vorspringenden Knochen, deren Stimme so traurig ist wie ihr Blick. »Wirf du es ins Feuer, Löwe«, bittet sie ihn. »Ich kann es nicht, aber du kannst es. Damit sie es nicht fressen, wie sie mich fressen werden.«
    Der Löwe von Natuba folgt dem Blick der Sterbenden, und fast neben ihr, auf einer Leiche, die rot ist vom Feuerschein, sieht er das Festmahl: viele Ratten, ein Dutzend vielleicht, laufen über Gesicht und Bauch des Toten, an dem nicht mehr zu erkennen ist, ob er Mann oder Frau, jung oder alt war. »Von allen Seiten kommen sie, weil es brennt oder weil der Teufel den Krieg schon gewonnen hat«, sagt die Frau, Wort um Wort, mühsam. »Sie sollen es nicht fressen, es ist noch kein Engel. Wirf es ins Feuer, Löwe. Um des guten Jesus willen.« Der Löwe von Natuba blickt auf das Rattenbankett: sie haben das Gesicht abgefressen, sie zerren am Bauch, an den Schenkeln.
    »Ja, Mutter«, sagt er und trottet zu ihr. Dann stellt er sich auf die Hinterbeine, nimmt das kleine Bündel, das die Frau auf dem Schoß hält, und drückt es an seine Brust. Und so, auf den Hinterbeinen, krumm, angstvoll, keucht er: »Ich bringe es hin, ich gehe mit ihm, Mutter. Dieses Feuer erwartet mich seit zwanzig Jahren.«Während er auf die Flammen zugeht, hört ihn die Frau mit letzten Kräften ein Gebet psalmodieren, das sie nie gehört hat, und in dem mehrmals der Name einer Heiligen vorkommt, den sie ebenfalls nicht kennt: Almudia.
    »Einen Waffenstillstand?« sagt Antônio Vilanova.
    »Ja«, erwidert der Feuerwerker. »Ein weißer Fetzen an einer Stange bedeutet das. Ich habe ihn nicht weggehen sehen, aber viele haben ihn gesehen. Ich habe ihn gesehen, als er zurückkam. Er trug noch immer den weißen Fetzen.«
    »Und warum hat der Beatinho das getan?« fragt Honório Vilanova.
    »Die Unschuldigen dauerten ihn, als er sah, wie

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