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Der Krieg Der Diebe

Titel: Der Krieg Der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Nacht. Sein Regen brachte ungewohnte Frische in die Straßen von Abwind, entlang dem Schimmelfohlenfluß mit seiner einzigen Brücke. Die Stiefsöhne hatten endlich getan, was lange schon nötig war und hier einen Postenstand errichtet. Frühere Machthaber in Freistatt hatten sich damit zufriedengegeben, die Augen offenzuhalten und Information zu sammeln. Jetzt (wenn es an Schlauheit mangelt, versucht man es mit der geballten Faust) beabsichtigten sie, auf jeden Schritt zwischen Abwind und dem Labyrinth zu achten.
    An diesem Abend war wieder eine Wache getötet und an den Pfosten neben dem Wachhaus gespießt worden; wo der zweite Wachposten geblieben war, wußte niemand. Die Neuigkeit verbreitete sich rasch in den Kreisen, die sich dafür interessierten. So kam es, daß trotz des gar nicht mehr so fernen Gewittergrollens reger Betrieb auf der Brücke herrschte. Jene, die einen oder zwei Tage auf der falschen Uferseite festgesessen hatten, beeilten sich die Chancen zu nutzen und hasteten über den Fluß. Einige huschten entsetzt an dem toten Posten vorbei, andere bedachten ihn mit schadenfrohen Blicken und spotteten über seine stierenden Augen und den wie zum Reden geöffneten Mund.
    In eingeweihten Kreisen war dieses Zurschaustellen des Toten wie eine Unterschrift: In Abwind wußte man Bescheid und hielt den Mund, selbst in der Sicherheit von Mama Bechos. Diese Schenke in einem heruntergekommenen Haus lag nicht sehr weit von der Brücke entfernt. Man berichtete dort nur die Tatsache, daß zum drittenmal in dieser Woche ein Brückenwächter den Tod gefunden hatte. Grimmiges Lachen war die einzige Antwort darauf.
    Die Neuigkeit machte ihren Weg auch zum Labyrinth auf der anderen Flußseite. Hier bewirkte sie nachdenkliche Blicke und bedeutend weniger Schadenfreude. Gewisse Gäste verließen das Wilde Einhorn, um diese Nachricht weiterzugeben; bestimmte andere bestellten sich nur noch ein Bier. Wenn es Gerüchte über diese Reihe von Morden gab, so beschäftigte man sich damit an ungestörten Orten und mit besorgter Miene. Jene, die die Schenke verließen, taten es mit der Geschicklichkeit der im Labyrinth Geborenen, und sie täuschten vor, bloß dahinzuschlendern. Allerdings erschraken sie insgeheim jedesmal, wenn sie Bettlern begegneten und Straßenjungen und alten Männern auf Posten, die sie aufgegeben hatten, solange die Brücke (kurz) bewacht worden war.
    Noch hatte die Neuigkeit nicht die fremden Schiffe in Freistatts Hafen erreicht, nicht einmal Kadakithis, der sich in dieser Nacht in seinem Palast vergnügte. Ohne mehr zu verstehen, als er tat, hätte er ohnehin nicht erkannt, daß die Grundmauern seiner Sicherheit ins Wanken gerieten. Doch sehr bald erreichte die Nachricht das Hauptquartier der Stiefsöhne in Freistatt, woraufhin Unsicherheit einen gewissen Mann quälte. Dolon hieß er. Critias hatte ihm das hiesige Kommando übertragen, als die kampferprobten Stiefsöhne in den Krieg im Norden gezogen waren. »Du hast alles, was du brauchst«, hatte Critias gesagt. Nun saß Dolon da und lauschte den ersten Regentropfen an den Fensterscheiben. Er überlegte, ob er es bei der gegenwärtigen Moral seiner Untergebenen wagen konnte, einen Trupp zur Brücke zu schicken, um die Leiche des einen Postens holen zu lassen.
    Weit mehr Gedanken machte er sich über die fehlende Wache. Er fragte sich, was Stilcho passiert war. War er im Fluß verschwunden? Oder davongelaufen? Oder hatte man ihn lebend verschleppt, um ihm unter Folterqualen Geheimnisse zu entlocken? Das Haus an der Brücke war niedergebrannt, nur rußige Mauern standen noch. Doch das Hauptquartier der Bettler zu zerstören und für ein paar Abwinderleichen zu sorgen, diese Maßnahme hatte das Problem nicht gelöst, sondern verteilt.
    In Pfützen platschende Schritte erklangen vor dem Haus. Jemand klopfte an der Eingangstür. Er hörte, wie sie knarrend aufschwang, dann gedämpfte Stimmen, als seine Wachen jemanden einließen, schließlich ein Klopfen an seiner Tür.
    »Mor-am, Sir.« Sein Wächter ließ dieses Wrack von Mann ein, nach dem er gesandt hatte. Man sagte, er habe früher gut ausgesehen. Nur die dunkelbraunen Augen mit langen Wimpern waren in diesem von Brandnarben verwüsteten Gesicht unversehrt geblieben. Doch Furcht und Grauen hausten schon lange in ihnen.
    Der Kommandant deutete auf einen Stuhl, und die ehemalige Falkenmaske hinkte darauf zu. Mor-am setzte sich gehorsam und blickte ihn aus diesen dunklen Augen an. Die Nase war gebrochen und

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