Der Krieg Der Diebe
Geräusche in der Gasse, an die huschenden Schritte, die ihn eine Weile verfolgt hatten. Er hatte sie abgeschüttelt. Er hoffte es jedenfalls. Er ließ Moria los und trat an den kleinen Herd, den er nicht sehr geschickt aus Ziegeln gebaut hatte. Dann drehte er sich zu Moria um, die bei der Tür stand. Er spürte, wie alle seine Narben schmerzten. »Sie hätten uns fast erwischt.«
»Sie?«
»Bettler.«
Sie schlang die Arme um sich und schaute zur Tür, als jemand in großer Eile durch den Regen herbeirannte. Ein Klopfen folgte - das richtige Zeichen. Sie riß die Tür ein zweites Mal auf. Mradhon Vis kam durchweicht und voll Schlamm auf der linken Seite herein.
Einen halben Herzschlag lang starrte Moria ihn nur an, dann schlug sie hastig die Tür zu und schob den Riegel vor. Eine Lache bildete sich auf dem alten Holzboden um Vis, noch ehe er sich aus dem Umhang befreien konnte. Die Augen in dem dunkelbärtigen Gesicht hatten den Schrecken der Verfolgung noch nicht ganz überwunden.
»Bin ausgerutscht«, erklärte er keuchend. »Eine Streife ist unterwegs. Beobachter ... Hast du es?«
Haught langte in sein Wams und brachte einen kleinen Lederbeutel zum Vorschein. Mit einer Spur wiedergewonnenen Selbstvertrauens warf er ihn Mradhon Vis zu. Zumindest war ihnen das gelungen.
Morias Augen leuchteten auf. Hoffnung kehrte in sie zurück, als Mradhon die Münzen in ihre hohle Hand leerte: fünf gute Silberstücke und eine Menge Kupfermünzen.
Doch ihr Gesicht verdüsterte sich wieder, als sie aufschaute und ihr Blick von einem zum andern schweifte. »Woher habt ihr das? Wofür habt ihr es bekommen?«
»Wir haben es gestohlen«, antwortete Haught.
»Von wem?« Morias Augen funkelten. »Ihr Narren, bei Shalpa! Woher habt ihr es?
Haught zuckte die Schultern. »Von einem noch größeren Narren.«
Mit finsterem Gesicht betrachtete sie Münzen und Beutel. »Ein Kaufmann zu dieser Stunde im Labyrinth? Unwahrscheinlich. Sehr unwahrscheinlich. Was habe ich euch beigebracht? Woher habt ihr das? Von welchem Dieb?« Als keiner antwortete, warf sie die Diebesbeute auf den Tisch. Vier Silberstücke unter den Kupfermünzen.
»Langfinger teilen gerecht, gleich viel für jeden.«
»Oh, und teilen sie auch die Gefahr?« Sie hielt die fehlende Münze hoch und schob sie in ihr Mieder. Ihre dunklen Augen funkelten. »Teilen sie die Gefahr auch, wenn jemand es auf einen abgesehen hat? Das werde ich wohl müssen.« Sie drehte sich um, griff nach einem Becher Wein und hob ihn an die Lippen. Sie trank zuviel in letzter Zeit.
»Jemand muß es tun«, murmelte Haught.
»Narr!« sagt Moria aufs neue. »Ich sage es euch, es gibt so einige, die es gar nicht mögen, wenn Amateure sich in ihr Revier schleichen. Und schon gar nicht, wenn sie selbst beraubt werden. Habt ihr ihn umgebracht?«
»Nein«, antwortete Mradhon. »Wir haben es genauso gemacht, wie du es gesagt hast.«
»Was war das mit den Bettlern? Hat man euch entdeckt?«
»Es war einer in der Nähe«, erklärte Haught. »Dann - waren es drei. Ganz plötzlich.«
»Wie schön«, sagte Moria eisig. »Ihr taugt nichts. Mein Bruder und ich .«
Doch das war ein Thema, das sie selten anschnitt. Sie nahm einen weiteren Schluck und setzte sich auf den einzigen Stuhl am Tisch.
»Wir haben das Geld«, versuchte Haught sie aufzuheitern.
»Und wir zählen«, warf Mradhon ein. »Behalt ruhig das Silberstück, Luder. Ich hole es mir nicht. Aber mehr kriegst du nicht, bis du wieder was taugst.«
»Sag du mir nicht, wer etwas taugt. Ihr seid unser Tod, wenn ihr den Falschen beraubt!«
»Bei den Göttern, dann unternimm du doch was! Möchtest du hier heraus? Willst du, daß man uns auf die Straße setzt? Willst du das?«
»Wer ist der Tote auf der Brücke?«
»Keine Ahnung.«
»Aber Bettler haben euch Angst eingejagt, daß ihr davongelaufen seid. Oder nicht?«
Mradhon zuckte die Schulter.
»Die haben uns gerade noch gefehlt! Erst Stiefsöhne und jetzt auch noch Bechos Gesindel. Diebe. Bettler, bei Shipri! Bettler , die hier herumschnüffeln!«
»Wir brauchen Jubal«, brummte Mradhon. »Wenn du Jubals Geld nicht .«
»Er wird wieder nach uns schicken.« Moria preßte die Lippen zusammen. »Früher oder später. Wir müssen nur immer wieder bei den Verstecken nachsehen. Aber er wird sich ganz sicher nicht mit uns in Verbindung setzen, wenn jemand hinter uns her ist, wenn ihr auf eigene Faust arbeitet. Habt ihr das begriffen? Ihr seid nicht zum Stehlen geschaffen. Das steckt nicht in
Weitere Kostenlose Bücher