Der Krieg Der Diebe
eigenartig rochen, denen ein Duft beigemengt war, der gleichermaßen süß und schrecklich war.
Ihr Puls beschleunigte sich, als der Besucher das Schnappschloß zu öffnen versuchte. Sie löste den Schutzzauber, der die Tür versiegelte, so daß sie nach innen aufschwang. Ein Luftzug drückte die Kerzenflamme nieder, und in diesem Luftzug duckte sich ein Mann, der nach Furcht roch. Sie errichtete den Schutzzauber wieder, und die Tür schlug krachend zu, worauf der Eindringling erschrocken zusammenzuckte.
Er kehrte nicht zur Tür zurück, sondern warf die Kapuze aus einem Gesicht zurück, dem Feuer übel mitgespielt hatte. Seine Augen waren wild und geweitet.
»Weshalb kommst du zu mir?« fragte sie gegen ihren Willen interessiert und obwohl das Leben ihr kaum noch Abwechslung bieten konnte. Er mußte wissen, daß er sich in tödlicher Gefahr begeben hatte. »Wer hat dich geschickt?« Er war der Typ, fand sie, der nicht selbst plante, sondern Befehle ausführte.
»Ich bin eine F-falkenmaske, M-mor-am mein Name.« Das Gesicht zuckte, der Mund war verzerrt, der Kopf nickte unter Mor-ams Anstrengung zu sprechen. »B-botschaft.« Er fingerte nach einem Papier, das er mit zitternder Hand entgegenstreckte.
»Aha.« Er war gar nicht so häßlich, von der rechten Seite gesehen. Sie ging zu dieser Seite herum, aber seine Augen folgten ihr. Es war ein Fehler, ihren Blick zu erwidern. Doch da sie guter Laune war, lächelte sie ihn an. Mor-am. Der Name weckte eine Erinnerung und Interesse. Mor-am. Der Name wurde im Untergrund genannt. Konnte es sein, daß dieser Mann wieder als Jubals Bote diente? So unwahrscheinlich wie Frost im Sommer. Sie legte den Kopf schräg und betrachtete dieses menschliche Wrack nachdenklich. » Wessen Botschaft?« erkundigte sie sich.
»N-nehmt es.« Das Papier bebte in seiner Hand.
Sie griff danach, spürte es. »Was steht darauf?« Sie nahm den Blick nicht von Mor-am.
»Die Stiefsöhne - w-wieder einer ermordet. S-sie haben mich gesch-schickt.«
»O wirklich?«
»G-gemeinsames Problem. M-moruth. Die B-bettler. Sie bringen uns b-beide um.«
»Stiefsöhne«, murmelte sie. »Kennst du meinen Namen? Er lautet Ischade.« Sie schritt weiter um ihn herum. Es entging ihr nicht, wie seine Panik wuchs. »Hast du diesen Namen schon gehört?«
Er biß die Zähne aufeinander und antwortete mit einem heftigen Kopfschütteln.
»Aber du bist berüchtigter als ich - in gewissen Kreisen. Jubal vermißt dich. Und du spielst den Boten für die Stiefsöhne - was haben sie dir aufgetragen, mir zu sagen?«
»A-alles, w-wonach Ihr fragt.«
»Mor-am.« Sie blieb vor ihm stehen und hielt ihn mit ihrem Blick. Die Hand, die kurz auf seiner Schulter geruht hatte, berührte nun eine Wange, stillte den Tic, das Muskelzucken, und half ihm zu wieder regelmäßigem Atmen. Langsam entspannte sich der verkrampfte Körper und richtete sich auf. Sie setzte sich erneut in Bewegung, und er folgte ihr. Sie wob einen Zauberbann und stellte sich vor den großen Bronzespiegel in seiner sorglos darüber geworfenen Seidenhülle. Manchmal wirkte sie Zauber in diesem Spiegel. Und sie tat es auch jetzt. Sie zeigte ihm lächelnd sein eigenes Selbst. »Du wirst mir jetzt alles sagen«, flüsterte sie.
»Was habt Ihr gemacht?« fragte er staunend. Sogar seine Stimme war verändert. Tränen glänzten in seinen Augen, sprachen aus seiner Stimme. »Was habt Ihr gemacht?«
»Dir den Schmerz genommen. Ein kleiner Zauber;
nicht schwierig für mich.« Sie setzte wieder einen Fuß vor den andern, so daß er sich umdrehen mußte, um ihr zu folgen. Und er tat es - langsam, wie im Taum. »Sag mir, was du weißt. Sag mir, wer du bist. Alles. Jubal wird es wissen wollen.«
»Sie haben mich erwischt. Die Stiefsöhne haben mich erwischt, sie zwangen mich ...«
Sie spürte die Lüge. Sie schickte den Schmerz zurück und beobachtete, wie sein Körper sich wieder zur vorherigen Form krümmte.
»Ich - ich werde zum Verräter.« Mor-am weinte, schluchzte. »Ich - ich habe andere Falkenmasken verraten - an die Stiefsöhne. Meine Schwester und ich ... Wir mußten doch von etwas leben, nachdem Jubal nicht mehr da war. Aber wie? Wir brauchten doch Geld. Meine Schwester - wußte nichts davon.« Seine tränenschweren Worte kamen rasch, denn sie hatte ihm den Schmerz wieder genommen. Seine Augen schweiften zum Spiegel. »Ihr Götter ...«
»Red weiter«, forderte sie ihn sehr sanft auf, denn er sprach nun die Wahrheit, das wußte sie. »Was wollen die
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