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Der Krieg Der Diebe

Titel: Der Krieg Der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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die Schulter: »Es ist eine weitverbreitete Ansicht, daß ich irrsinnig bin. Sie schimpften mich eine Bestie, der es an Selbstbeherrschung fehlt. Doch so ist es nicht. Glaubst du mir?«
    Sie lachte, als er schwieg. »Ihr Mann da draußen -sag diesem Spitzel Dolons, er soll sich heute nacht um seine eigenen Angelegenheiten kümmern. Sag ihm -sag ihm vielleicht.« Sie dämpfte die Lichter und öffnete die Tür. Heulender Wind und peitschender Regen schlug ihnen entgegen. Mor-ams Gesicht war angstverzerrt. Er rannte hinaus, wie befohlen. Er hinkte, doch nicht so stark wie zuvor. Sie zog den Zauber zurück: Er würde wieder wirklich hinken, wenn er den Beobachter erreichte. Er würde der Mor-am sein, wie man ihn kannte, schmerzgequält, um die Stiefsöhne zu überzeugen. Das amüsierte sie.
    Sie schloß die Tür und ging durch das kleine, seltsame Haus, das gleichzeitig nur aus einem Raum zu bestehen schien und doch weitere offenbarte - hinter allem möglichen Kram, hinter Büchern, Gobelins, Umhängen, abgelegten Kleidungsstücken, Seiden- und Brokatzier, die einmal ihr Gefallen gefunden und wieder verloren hatten, denn sie trug nie Zierat; sie behielt ihn nur aus Freude an seinem Besitz. Die Umhänge -Herrenumhänge - bereiteten ihr ebenfalls Vergnügen, wenngleich anderer Art. Ihre nackten Füße schritten über kostbare Seide auf den alten, glattgetretenen Bodenbrettern und über dicke Teppiche aus feinsten, handgeknüpften Seidenfäden, schillernd gefärbt - eine Rarität. Sie waren Bezahlung für ihre Dienste, von wem, hatte sie längst vergessen. Hätte jemand hier etwas gestohlen, es wäre ihr vielleicht gar nicht aufgefallen, oder es wäre ihr egal gewesen - möglicherweise aber hätte es ihr sogar sehr viel ausgemacht, je nach ihrer Stimmung. Materielles bedeutete ihr wenig. Nur Befriedigung, wenn der Drang übermächtig wurde.
    Und in letzter Zeit hatte dieses Bedürfnis sich auf eine andere Weise verstärkt.
    Jemand hatte sie beleidigt. Anfangs hatte sie es als unbedeutend abgetan und an ihrer Trägheit festgehalten. Aber es nagte an ihr. Dann hatte sie darüber nachgedacht, wie man es bei Beleidigungen tut, die schon eine ganze Weile zurückliegen. Sie hatte sie von allen Seiten betrachtet, um das Motiv festzustellen. Sie hatte erkannt, daß es weder Bosheit noch Ärger gewesen war, sondern Unbekümmertheit, ja gar etwas wie Belustigung seitens dieser Hexe, dieser Halbgöttin aus dem Norden, was immer sie auch war. Die Kränkung nagte an ihrer wahrhaft beachtlichen Toleranz, der Grundlage für ihren Seelenfrieden - denn ohne diese Gelassenheit hungerte sie öfter. Und dieser Hunger führte zu Tragödien.
    Dazu war sie gerade durch ihre Gelassenheit - oder sollte man es eher Faulheit nennen? - gekommen, denn Macht hatte ihren Preis, den sie nie bezahlen wollte. Jene Hexe schlachtete Kinder, nahm sie aus und legte, was sie nicht brauchte, vor ihre Tür. Nachdem sie derart ihr Nest beschmutzt hatte, machte sie sich gleichmütig daran, neue Ambitionen nachzugehen, in völliger Mißachtung des Angerichteten. Nach einigem Nachdenken sagte sich Ischade, daß dies wohl einen gewissen Ärger wert war. So schaffte dieser Ärger sich Platz und wuchs. Eigentlich müßte sie der Nisibisihexe für diese Entdeckung danken, daß es noch andere Arten von Appetit gab, und einen ganz großen, der imstande war, diesen mondgetriebenen Hunger zu lindern, der sie so lange abhängig gemacht hatte.
    Sie verstand sehr wohl, was auf den Straßen vorging. Sie war auf der Brücke gewesen, ja überall in Freistatt, schwarz vermummt, in mehr als einem Gewand, wenn ihr danach war. Die Welt wankte. Das Seevolk mischte sich ein, riß Macht an sich; Hexerwall und Stiefsöhne bekriegten sich, jeder aus eigenen Ambitionen; Jubal machte Pläne - welche auch immer; junge Hitzköpfe auf beiden Seiten schwangen Schwerter; Todestrupps trieben ihr Unwesen in der Oberstadt, während der Bettlerkönig auf der anderen Seite des Schimmelfohlenflusses seine eigenen Karten ausspielte. Und der Prinz saß in seinem Palast und verstrickte sich in Machenschaften mit Dieben, Invasoren und allen möglichen Leuten - er war vielleicht ein weiserer Narr als andere; Priester verschworen sich; Götter gingen in dieser und anderen Ebenen unter. Und in Ranke, dem Herzen des Reichs, waren die Dinge nicht weniger in Unordnung geraten. Dort schmiedete jeder Priester Komplotte, und jeder Lord intrigierte.
    Ischade hörte den Regen auf dem Dach, den Donner, der an den

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