Der Krieg Der Diebe
Mauern der Welt rüttelte, und ihr höchst eigenes Werkzeug, das draußen zurückkehrte. Sie schlüpfte in Schuhe, warf sich ihren Umhang über und öffnete die Tür. Klatschnaß trat Mor-am ein. »Da, nimm einen trockenen Umhang.« Sie griff nach einem feinen, so schwarz wie ihrer. »Mann, du holst dir ja den Tod!« Er fand es nicht belustigend, aber sie nahm ihm die Schmerzen wieder, warf den nassen Umhang auf den Boden und legte ihm den vornehmen um die nun wieder geraden Schultern - so sanft wie eine Mutter ihrem Sohn - und blickte ihm in die Augen.
»Fort?« fragte sie.
»Sie werden versuchen, Euch hereinzulegen.«
»Daran habe ich nie gezweifelt.« Sie schloß die Vordertür und öffnete die hintere, ohne ihnen auch nur einen Blick zu gönnen. »Komm mit.« Sie zog die Kapuze über den Kopf. Der weite Umhang flatterte wie Flügel im Wind, der die bunten Vorhänge im Haus aufbauschte, daß sie wie farbiges Feuer wallten. Der heftige Luftzug warf sich gegen Kerzen und Kamin, ohne daß es ihm gelang, das Licht auszublasen, während irre Schatten über die Wände huschten, bis sie es löschte.
Etwas ratterte. Mradhon Vis öffnete ein Auge und starrte in die nur vom niederbrennenden Feuer durchdrungene Dunkelheit. Neben ihm schliefen Haught und Moria aneinandergekuschelt unter einer schäbigen Steppdecke. Mit dem Geräusch kam eisige Kälte, als hätte jemand die Tür geöffnet und den Winter eingelassen. Sein Herz hämmerte vor Angst, wie nur Träume sie verursachen können - oder Dinge, die so unwirklich wie Träume sind. Er hatte keine Ahnung, ob es die Tür gewesen war, die gerattert hatte. Der Wind, dachte er, der Wind, der etwas vor sich hertrieb. Doch warum diese nächtliche Panik, dieser kalte Schweiß, diese Ahnung von Unheil?
Da sah er den Mann in der Stube stehen. Nein, nicht stehen, sondern hier existieren, als wäre er Teil der Schatten. Licht von irgendwoher (nicht vom Feuer) fiel auf goldenes Lockenhaar; ein Gesicht mit verwirrter Miene. Dieser Mann war jung, sein Hemd offen, und von seinem Hals hing ein Talisman an einem Lederband. Seine Haut glitzerte in der Hitze von zuviel Wein und der Wärme des Sommers, wie in einer bestimmten Nacht. Mradhon dagegen rann unter der dünnen Decke kalter Schweiß den Rücken hinunter.
Sjekso. Aber der Mann war tot, in einer Gasse gar nicht so weit von hier gestorben. Er lag in irgendeinem unbekannten Grab und diente den Würmern als Fraß. (3)
Mradhon beobachtete die Erscheinung, die immer wieder verschwamm wie ein Spiegelbild auf windbewegtem Wasser. Sie bewegte den Mund, sagte lautlos etwas - und schwebte plötzlich auf das Bett zu, immer näher. Die Luft wurde lähmend kalt. Ekelerfüllt schrie Mradhon auf, schlug mit den Armen nach der Erscheinung, doch sie durchdrangen nur eisige Luft. Seine Bettgefährten erwachten.
»Mradhon!« Haught griff nach seinem Arm und hielt ihn fest.
»Die Tür!« rief Moria und stemmte sich neben ihnen hoch. »Ihr Götter, die Tür .«
Mradhon rollte herum. Er sah, wie der Riegel sich scheinbar von selbst zurückzog und die Tür erbebte und krachend aufschwang. Schon tastete er sich an der Bettseite entlang zu dem Pfosten, an dem sein Schwert hing. Nasse Luft schlug ihm von draußen entgegen. Auch Haught und Moria beeilten sich, zu ihren Waffen zu kommen. Nun wirbelte er herum, mit dem Rücken zur Wand. Doch da war niemand, nichts als die Blitze, welche die Pfützen auf dem Kopfsteinpflaster aufglühen ließen, und die Tür, die der Wind hin und her schlug.
Entsetzen drang in seine Knochen, so daß er am ganzen Körper zitterte, doch der Instinkt ließ ihn nach seinem Umhang greifen und lenkte seine Schritte zur Tür, während er sich den Umhang umwarf. Ohne zu überlegen, sprang er hinaus auf die regenüberspülte Gasse. Er vertraute seinen Blicken aus den Augenwinkeln und wirbelte sofort zu der Seite herum, auf die sie ihn gewiesen hatten. Eine hochgewachsene, vermummte Gestalt stand im Regen.
Nun war er leichte Beute für alles, denn diese Gestalt, ihre Größe, ihr Benehmen weckte Erinnerungen. Er hörte Haught oder Moria hinter sich, vielleicht auch beide, aber er hätte sich nicht bewegen können, von Anfang an nicht. Diese Gestalt paßte zu Geistern, zu Hexerei, zu Alpträumen, aus denen man schweißgebadet aufwachte. Wieder zuckte ein Blitz und zeigte ihm ein bleiches Gesicht unter der Kapuze.
»Um Ils’ willen, komm wieder rein!« Es war Morias Stimme. Eine Hand zog an seiner bloßen Schulter. Aber die Stube
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