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Der Krieg Der Diebe

Titel: Der Krieg Der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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hatte.
    Der Zauberer Enas Yorl schlurfte zurück in die Düsternis. Er zündete eine ganz gewöhnliche Kerze an, setzte sich an einen einfachen Schreibtisch und vergrub das Gesicht in den ekligen Händen. Sie war ein Mädchen aus der Straße der Roten Laternen gewesen, aus dem Aphrodisiahaus, in dem Lythande mit dem blauen Stern verkehrte. Trotzdem hatten sie die Leiche zur Untersuchung zu Enas gebracht. Er verstand jetzt, wieso.
    Er tauchte die Feder in das Tintenfaß. In einer Schrift, die schon in seiner Jugend antiquiert gewesen war, schrieb er seinen Bericht nieder.
    Euer Verdacht hat sich bestätigt. Ihr Tod ist auf das konzentrierte Gift der Beynitschlange zurückzuführen.
    Lythande hatte das wahrscheinlich vermutet, doch der Orden des blauen Sterns wußte weder alles, noch lehrte er alles. Solchen wie ihm, mehr gemieden, denn gefürchtet, fiel es zu, die geheimen Merkmale der Ewigkeit zu erforschen; in diesem Fall das Gift als das zu erkennen, was es war oder nicht war. Enas Yorl fuhr fort:
    Das Mal an ihrem Hals verbarg zwei Einstiche -wie von den Zähnen der Beynitschlange. Trotzdem, werter Kollege, bin ich nicht überzeugt, daß eine Schlange ihren Arm hochglitt, um zuzubeißen. Unsere neue Herrscherin, die Beysa Shupansea, trägt das Gift in sich - wie sie bei den Hinrichtungen selbst bewiesen hat. Das Blut der Bey, welches das Gift enthält, soll nur in den Adern der wahren Herrscher der Beysiber fließen. Doch Ihr und ich, die Zauber und Götter kennen, wissen daß dies wahrscheinlich unwahr ist. Möglicherweise weiß nicht einmal Shupansea, wie weit das Gift verbreitet ist, doch gewiß ist ihr bekannt, daß sie nicht die einzige ist ...
    Ein Geschwür auf Enas Yorls Hand platzte mit abscheulichem Gestank, und ekliger Eiter spritzte auf das Pergament. Der alte, verfluchte Magier stöhnte und wischte es weg. Ein ausgezacktes Loch blieb auf dem Pergament zurück, und graugrüner Knochen war durch das offene Fleisch seiner Hand zu sehen. Die Bewegung und der Schmerz hatten seine Kapuze gelockert. Sie fiel zurück und entblößte dichtes kastanienbraunes Haar, das im Kerzenschein rot und gold schimmerte. Es war sein eigenes Haar, doch das würden nur jene erkennen, wenn sie noch lebten, die ihn gekannt hatten, ehe er verwünscht worden war.
    Es kam nicht oft vor, daß er den Schmerz seiner jeweiligen gewöhnlich schnell wechselnden Körper spürte. Der Fluch, der ihm immer wieder ein anderes Aussehen verlieh, hatte keine eigentliche Wirkung auf ihn. Er fühlte sich immer noch so wie damals, ehe der Fluch ihn getroffen hatte. Außer - außer in den seltenen Fällen, wenn er in höhnischer Erfüllung des Wunsches, den er nie ganz unterdrücken konnte, wieder er selbst war: Enas Yorl, doppelt, ja dreimal so alt wie jeder andere, ein hinfälliges Wrack, dem der Tod verwehrt war und dessen Gebeine nie von der Erde aufgenommen werden würden. Er verbarg das glänzende, nicht lebende und deshalb nicht verfluchte Haar.
    Das Geschwür verkrustete mit schwach bläulichem Schillern. Yorl betete, soweit man es beten nennen konnte, zu Göttern, die kein Sterblicher anzuflehen wagte, daß es auch einmal für ihn ein Ende gäbe, wie für die Frau auf seinem Tisch. Schon lange hatte er es als hoffnungslos aufgegeben, sich zu wünschen, der Fluch würde von ihm genommen.
    Das bläuliche Schillern breitete sich auf ihm aus und brachte Benommenheit und Übelkeit mit sich. Er würde nicht imstande sein, seine Botschaft an Lythande zu beenden. Mit zitternder Hand hielt er die Feder fest und kritzelte schnell noch:
    Geht oder schickt jemanden, dem Ihr vertraut, zum Anlegeplatz der Beysiber-Schiffe. Flüstert, dem Wasser zugewandt, »Harka Bey«, und zieht Euch dann schnell zurück, ohne Euch umzudrehen ...
    Die Verwandlung ging rasch voran. Sie beeinträchtigte sein Sehvermögen und schwächte seine Knochen. Unbeholfen faltete er das Blatt und legte es auf die Tote. Bis er mühsam die Tür geöffnet hatte, waren seine Beine wie gelähmt, und er mußte auf Händen und Knien kriechen, um in seine Wohngemächer zurückkehren zu können. Soviel mehr hätte er Lythande noch über das legendäre Beynitgift mitteilen können und über die ebenso legendären und mächtigen Harka Bey. Noch vor ein paar Monaten hatte er geglaubt, die Assassinengilde sei nur einer von Ilsigs Mythen; doch dann waren die Fischäugigen von jenseits des Horizonts gekommen, und nun hatte es ganz den Anschein, als wären noch andere Mythen Wahrheit, jemand

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