Der Krieg der Ketzer - 2
Inquisition) in Charis war der einzige aus der charisianischen Hierarchie, der diesem jungen, konzentrierten Schueleriten faktisch übergeordnet war, Ahdymsyn selbst.
Und damit fühlte sich der Bischof-Vollstrecker deutlich unwohl. Priester wie Wylsynn stellten oft selbst unter normaleren Umständen ein echtes Problem für ihre verwaltungstechnischen Vorgesetzten dar. Und falls sich Ahdymsyn nicht wirklich drastisch täuschte, konnte hier von ›gewöhnlichen Umständen‹ nicht die Rede sein.
»Sagen Sie, Vater«, ergriff er nach kurzem Nachdenken das Wort, »sind Ihnen schon neue Gedanken zu dem Thema gekommen, über das wir am Donnerstag gesprochen haben?«
»Wie bitte, Eure Eminenz?« Wylsynn drehte sich zu dem Bischof herum. »Ich habe mich ganz auf das Spielfeld konzentriert, deswegen habe ich Eure Frage nicht verstanden.«
»Das ist nicht schlimm, Pater.« Ahdymsyn lächelte. »Ich habe nur gefragt, ob Ihnen schon weitere Gedanken zu dem Problem gekommen sind, über das wir letztlich gesprochen haben.«
»Oh.« Wylsynn neigte den Kopf zur Seite; seine Miene wirkte auf einmal deutlich nachdenklicher, doch dann zuckte er fast unmerklich mit den Schultern.
»Eigentlich nicht, Eure Eminenz«, gab er dann zurück. »Ich habe weidlich über die letzten Depeschen und Anweisungen nachgedacht, und wie Ihr ja selbst wisst, habe ich angesichts dieser letzten Anweisungen den König und den Kronprinzen persönlich befragt. Ich habe auch meine eigenen Aufzeichnungen bezüglich der ersten Untersuchung all dieser neuen Vorgehensweisen und Gerätschaften noch einmal ausgiebig durchgesehen. Und genau wie ich es Euch ja bereits versprochen hatte, habe ich zahlreiche Stunden in meiner Zelle verbracht und ernsthaft über dieses Thema meditiert und gebetet. Im Augenblick haben weder Gott noch die Erzengel …« – er führte die Fingerspitzen der rechten Hand zuerst ans Herz, dann an die Lippen – »… mir zusätzliche Erkenntnisse gewährt. Ich …«
»Strike eins!«, rief der Schiedsrichter, als der Pitcher der Drachen einen Ball mit immenser Geschwindigkeit geradewegs in die Mitte der Strike Zone schleuderte. Bei seinem viel zu späten und recht ungelenk ausgeführten Schlag berührte Smolth den Ball nicht einmal, und zahlreiche Zuschauer stöhnten enttäuscht auf. Zu denen gehörte auch Wylsynn, dann schoss ihm das Blut ins Gesicht, als ihm bewusst wurde, dass er sich durch ein Spiel von einem Gespräch mit seinem geistlichen Vorgesetzten hatte ablenken lassen.
»Ich bitte um Verzeihung, Eure Eminenz.« Sein entschuldigendes Lächeln ließ ihn noch jünger erscheinen, fast schon jungenhaft. »Ich weiß, dass ich ein guter Nordjunge aus den Tempel-Landen bin, aber ich fürchte, die Kraken haben mich verführt, meine Treue nicht den Peitschenechsen gelten zu lassen. Bitte erzählt Vater nichts davon! Dafür würde er mich zumindest enterben!«
»Machen Sie sich keine Sorgen deswegen, Pater.« Der Ernsthaftigkeit seiner eigenen Gedanken und all seiner Sorgen zum Trotze erwiderte Ahdymsyn das Lächeln. Trotz des nur zu oft bedrohlichen Rufes, in dem der Schueler-Orden stand – und auch trotz des geradezu frustrierenden Desinteresses, das Wylsynn sämtlicher Politdynamik im Tempel selbst entgegenbrachte –, war er doch ein äußerst sympathischer junger Mann. »Ihr Geheimnis ist gut bei mir bewahrt. Aber was wollten Sie gerade sagen?«
»Ich glaube, ich wollte gerade sagen – bevor uns dieser Schiedsrichter so unsanft unterbrochen hat –, dass trotz all meiner Gebete und Meditationen, oder vielleicht gerade deswegen, ich immer noch recht zufrieden mit meiner ursprünglichen Beurteilung all dieser Dinge bin.«
»Dann machen Sie sich weiterhin keinerlei Sorgen, die Ächtungen könnten übertreten werden?«
»Eure Eminenz«, gab Wylsynn ernst zurück, »als Mitglied des Ordens, und als der Intendant von Mutter Kirche hier in Charis, mache ich mir stets Sorgen darüber, die Ächtungen könnten übertreten werden. Tatsächlich ist sich der Orden durchaus der Tatsache bewusst, dass man gerade hier in Charis besonders wachsam sein muss, so weit vom Tempel entfernt, und ich versichere Euch, dass ich in dieser Hinsicht sowohl die Anweisungen des Großinquisitors als auch die des Erzbischofs äußerst sorgfältig befolgt habe. Doch nicht eine der neueren Entwicklungen hier im Königreich kommt einer Übertretung der Ächtungen auch nur nahe.«
»Ich weiß sehr wohl, dass dies vor allem in den Verantwortungsbereich der
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