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Der Krieg der Trolle

Der Krieg der Trolle

Titel: Der Krieg der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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mochte er freundlich und vertrauenerweckend wirken, aber Natiole wusste, dass Sargan Vulpon ihn mit Bedacht für seine Aufgabe ausgewählt hatte. Es wäre dumm gewesen, nicht davon auszugehen, dass Phryges seinem – vorgeblich – ehemaligen Herrn nicht immer noch diente, und dennoch waren Natiole in Situationen wie diesen der geschulte Blick und die geschliffene, höfische Art des Dyriers mehr als willkommen.
    » Wann beginnt der Reigen?«, wechselte er das Thema.
    » Sicherlich bald.« Phryges wies auf eine Tafel am hinteren Ende des Saals, an der hauptsächlich junge Frauen saßen. Schon auf den ersten Blick war zu erkennen, dass den meisten nicht wohl in ihrer Haut war, und Natiole sah bei mehr als einer, wie sie einen mehr oder weniger verstohlenen Blick auf ihn zu werfen suchte – prüfend, abschätzend, fragend. Wer kann es ihnen verdenken, wenn sie wenigstens sehen wollen, an wen man sie verheiraten möchte?
    Trotzdem war ihm mulmig zumute. Schließlich geht es hier nicht um eine verdammte Pferdezucht. Doch wenn er ehrlich war, sahen die meisten Adeligen in Wlachkis die Wahl seiner künftigen Ehefrau wohl unter ähnlichen Gesichtspunkten.
    » Ich werde Euch selbstverständlich behilflich sein, Herr«, fuhr Phryges fort. » Als Fürst dieses Landes habt Ihr nicht die Aufgabe, Euch jeden Namen zu merken …«
    Fast hätte Natiole widersprochen, aber er schwieg dann doch. Das Gedächtnis des Dyriers für Namen und Gesichter war schon beinahe unheimlich, und Natiole wollte nicht darauf verzichten. Er war sich bewusst, dass Sargans Mann sich im Laufe der Zeit unentbehrlich gemacht hatte, doch er vertraute darauf, dass die Familie Vulpon der seinen immer noch wohlgesonnen war.
    » Wer sind denn heute die aussichtsreichsten Kandidatinnen?«
    » Eine glückliche Wahl wäre sicherlich eine, die Eure Ländereien fester mit jenen der Masriden im Osten verbindet. Die reizende Eleana Hezcar vielleicht? Deren Vater Euch ein gewaltiges Darlehen für den Wiederaufbau der Handelsstraßen gegeben hat, was ihren Liebreiz zweifelsohne noch unterstreicht?«
    Natiole stöhnte leise auf. » Du weißt, dass ich es ziemlich schwer hätte, wenn ich eine Masridin heiratete, oder?«
    » Kurzfristig wäre das sicherlich politisch schwierig, aber der langfristige Gewinn wäre groß, falls Euer Ziel die friedliche Koexistenz ist. Und es ist möglich; immerhin hat Euer Bruder sogar eine Dyrierin zur Frau nehmen können.«
    Für einen kurzen Moment presste Natiole die Lippen zusammen, als Phryges Ionnis und Artaynis erwähnte, aber dann versuchte er, den Gedanken zu verdrängen. » Koexistenz? Wie du immer redest, Phryges. Selbstverständlich wollen wir Frieden. Mit den Masriden, mit Ana, mit Dyrien, Frieden mit allen. Mein Volk und ich haben genug vom Krieg und vom Blutvergießen.«
    Einige Momente lang schwieg Phryges, dann lächelte er. » Ein schöner Gedanke …«
    » Ich weiß, dass es noch genug gibt, die wieder die Klingen ziehen wollen, um die Masriden endgültig aus Wlachkis zu vertreiben«, erwiderte Natiole gereizt. » Aber auch das wird früher oder später nachlassen und dann ganz verschwinden. Wenn wir nur lange genug zusammenleben können, ohne uns die Köpfe einzuschlagen, werden sie schon sehen, welche Vorteile das mit sich bringt. Der Handel wird blühen, es wird ihnen besser denn je gehen. Ihre Söhne werden Masridinnen heiraten und …«
    Natiole erkannte, dass er sich in eine Ecke manövriert hatte, und verstummte. Phryges sagte nichts, aber der junge Fürst konnte die Zufriedenheit in seinem Blick erkennen.
    » Gut, ich werde über deinen Vorschlag nachdenken«, gab er schließlich nach. » Du hast Recht. Auch wenn ich gar nicht wissen will, was ich mir dafür alles werde anhören müssen.«
    » In meiner Heimat würde ein Herrscher Untergebene, die derart mit ihm sprechen, enthaupten lassen«, gab Phryges zu bedenken, und ganz kurz wünschte sich Natiole, dass er ein dyrischer Fürst wäre. Aber dann dachte er an die zugegebenermaßen prächtigen, aber auch äußert unpraktischen Roben, die Dyrier gern trugen, und an all die Riten und egeln, denen ihr Tagesablauf folgte, und er stellte sich vor, er müsste so leben, wie er es im Imperium beobachtet hatte, und der Wunsch verging.
    » Aber hier regieren die Wlachaken sich selbst. Ich brauche die Unterstützung der Bojaren. Ohne sie könnte ich mich niemals auf diesem Thron halten. Selbst mein Vater und meine Mutter, beliebt und verehrt wie sie waren, mussten dies

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