Der Krieg der Trolle
gegenüber Furcht und Verachtung, beides geboren aus Jahrhunderten des Hasses.
» Eure Untertanen werden behaupten, dass sie den Sadat nicht verlassen haben, aber die Geister sagen mir, dass dies nicht die Wahrheit ist.«
Natiole blickte sie erstaunt an, als sie fortfuhr: » Sie haben mit ihren Herden den Iames überquert und ließen sie im C ireva weiden. So sehr es mir auch leidtut, meine Landsleute der Lüge zu bezichtigen, aber in diesem Fall haben die Masriden recht.«
Natiole schwieg einen Moment, während er seine Gedanken sortierte. Dann nickte er ihr anerkennend zu. » Ich danke Euch für Eure Aufrichtigkeit. Ich werde Eure Worte bedenken, wenn wir im Rat über den Vorfall sprechen.«
Camila nickte ebenfalls, erhob sich und fuhr sich mit einer Hand durchs Haar. Als sie merkte, dass Natioles Blick noch auf ihr ruhte, ließ sie die Hand abrupt sinken und entfernte sich.
Natiole sah ihr nach, während sie sich unter die Gäste mischte. Jemand anders nahm neben ihm Platz, aber er beachtete denjenigen erst einmal nicht, sondern versuchte stattdessen, sich eine Meinung zu dem zu bilden, was er eben gehört hatte.
Das Ergebnis seiner Überlegungen war unangenehm. Egal, wie er handelte oder was er sagte, irgendjemand würde ihm immer Vorwürfe machen. Entweder würde man sagen, er sei ein Erfüllungsgehilfe der Masriden, verriete sein eigenes Volk, besudelte den Namen seines Vaters. Oder er entschied zugunsten der Wlachaken, was unweigerlich zur Folge haben würde, dass man ihm vorwarf, das Recht zu brechen, den Seinen Übergriffe zu erlauben, parteiisch zu sein und allgemein ein Kriegstreiber.
Mit Wehmut erinnerte er sich an die Regentschaft seines Vaters, der es irgendwie geschafft hatte, in seiner Zeit als Herrscher einen zwar brüchigen, doch recht dauerhaften Frieden zu halten. Damals war Natiole dieser Zustand kaum als Errungenschaft erschienen, doch nun wusste er, wie mühselig es gewesen sein musste, all die Jahre einen neuen Krieg zwischen Wlachaken und Masriden zu vermeiden. Er hatte seinen Vater für schwach gehalten; erst jetzt wusste er, welche Kräfte von allen Seiten auf ihn eingewirkt haben mussten, und wie viel Stärke, Mut und Standhaftigkeit es erforderte, sich ihnen zu widersetzen.
Er schüttelte sacht den Kopf. Er hatte keine Zeit, sich in Gedanken an die Vergangenheit zu verlieren. Das nächste Problem war schon da, saß gewissermaßen direkt vor ihm. Natiole wandte sich ihm zu und fand sich bald in einem ausführlichen Gespräch über den Sinn oder Unsinn von Zöllen für bestimmte Holzarten wieder, mit besonderem Augenmerk auf dem Preis dieser Hölzer im Imperium und dem wirtschaftlichen Schaden, den Wlachkis hinnehmen müsste, sollte es Dyriern erlaubt werden, in diesen Handel einzusteigen.
Zwar war Natioles Wissen über Handelsabkommen und Holzarten seit Beginn seiner Herrschaft bereits weitaus umfassender geworden, als er es früher je erwartet hätte, aber sein Interesse konnte damit nicht mithalten. Er setzte also ein ernstes Gesicht auf, brummte an den passenden Stellen zustimmend und nahm sich vor, dieses Problem an seinen Rat weiterzugeben. Zum engsten Kreis seiner Berater gehörten einige Männer und Frauen, denen es nachgerade Freude zu bereiten schien, solche Fragen zu klären.
Aber sein Gegenüber wollte keine Entscheidung des Rates in unbestimmter Zeit, er wollte das Ohr seines Fürsten. Um seine Fürsorge für seine Untergebenen zu zeigen, hörte Natiole also weiterhin zu, bis sich schließlich eine Gestalt lautlos hinter ihm aufbaute und ihm ins Ohr flüsterte: » Etwas Hilfe, Herr?«
Natiole nickte, woraufhin sein S ambar, sein Kammerherr, laut sagte: » Es liegt mir fern, Euch zu stören, Herr, aber ich habe Neuigkeiten für Euch.«
Natiole wandte sich entschuldigend an seinen Gesprächspartner, einen Holzhändler aus dem Mardew, als habe er keine Wahl. Und natürlich konnte niemand etwas dagegen sagen, als er aufstand und Phryges einige Schritte zur Seite folgte.
» Danke«, murmelte der junge Fürst und strich sich eine dunkle Strähne aus der Stirn. » Noch ein Wort über Edelhölzer, und ich hätte mich vergessen.«
» In meiner Heimat ist es die Pflicht eines Dieners, seinem Herrn in jedweder Bedrängnis zur Seite zu stehen. Und jeder Diener weiß, dass ein Bankett ebenso anstrengend und tödlich wie eine Schlacht sein kann.«
Natiole musste grinsen. Phryges war kein großer Mann, und mit seinem runden Gesicht, dem offenen Blick und den dunklen Locken
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