Der Krieg, der viele Vaeter gatte
wird, verweist Hitler auf zwei Ziele: er will Deutschland wirtschaftlich autark, das heißt vom Außenhandel so weit wie möglich unabhängig machen, und er fordert eine Kolonie in Übersee. Auf dem Reichsparteitag am 9. September 1936 proklamiert der Diktator das Ziel der Autarkie des Deutschen Reichs bei der Rohstoffgewinnung und fügt hinzu:
„ Unabhängig davon kann Deutschland aber nicht auf die Lösung seiner
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kolonialen Forderungen verzichten."
Auf dem „Parteitag der Arbeit" ein Jahr später, am 7. September 1937 sagt er in seiner Rede:
„Es ist daher die Forderung nach einem dem Reich gehörenden Kolonial
besitz eine in unserer wirtschaftlichen Not begründete. Und die Einstel
lung der anderen Mächte zu dieser Forderung ist eine einfach nicht ver
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Hitler, Seiten 736 ff
241
Domarus, Band 1, Seite 637
ständliche. Deutschland hat seine Kolonien einst diesen Mächten weder 242
geraubt noch gestohlen."
Im letzten Satz steckt ein Stück Vorwurf an die Briten. Während Deutschland seine Kolonien durch Verträge oder Kauf erworben hatte, sind Englands Kolonien meist erobert worden.
Im Herbst 1936 und Februar 1937 unterbreitet der deutsche Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht mit Hitlers Vollmacht erst den Franzosen, dann den Briten einen Vorschlag, alle noch zwischen Frankreich, Großbritannien und Deutschland offenen Streitfragen in einem umfassenden Arrangement zu lösen. Dabei sollte auch eine Regelung zur kolonialen Frage auf die Tagesordnung kommen. Schacht bringt Kamerun und Togo ins Gespräch, die unter deutsche wirtschaftliche Lenkung, aber nicht unter Deutschlands Hoheit kommen sollten 243
. So stünden die zwei Kolonien allen Staaten für den Handel offen, und es entstünde nicht der Eindruck, England und Frankreich hätten eroberte Gebiete an das Deutsche Reich zurückzugeben. Der Vorstoß Schachts ist moderat, doch er wird nacheinander erst von England, dann von Frankreich abgelehnt.
In den Folgejahren hält Hitler diesen Punkt „Versailler Unrechts" durch bisweiliges Erinnern auf der Tagesordnung. Er bespricht das Thema mit den Botschaftern Englands, Frankreichs, Polens 244
und mit dem Beauftragten des Völkerbunds für Danzig 245
, ohne allerdings alle früheren deutschen Kolonien zu verlangen und ohne Eile anzumahnen. So spricht er vor dem französischen Außenminister Bonnet und dem Völkerbundsvertreter Professor Burckhardt davon, daß er „für das Getreide Raum im Osten braucht und für das Holz eine Kolonie" 246
. Gemessen an den kolonialen Territorien anderer Nationen, die zahlenmäßig deutlich kleiner als die deutsche sind, ein recht bescheidenes Verlangen, doch gemessen am Selbstverständnis der Briten und Franzosen reiner Sprengstoff.
Am 19. November 1937 besucht der spätere Außenminister Lord Halifax als Emissär der britischen Regierung Hitler auf dem Obersalzberg. Der Zweck der Reise ist den englischen Medien zufolge die Absicht des Premierministers, die Verhältnisse mit Deutschland zu ordnen und die noch offenen Fragen einschließlich der Kolonialfrage zu erörtern 247
. Lord Halifax eröffnet das Gespräch nach ein paar Begrüßungsfloskeln mit kritischen Bemerkungen über die Behandlung von Kirchen, Juden und Gewerkschaften im Deutschen Reich. Dem fügt er allerdings die Anerkennung bei, daß Hitler durch die Vernichtung des Kommunismus im eigenen Lande Westeuropa vor dem Bolschewismus bewahrt habe. Im Mittelpunkt des nun folgenden Meinungsaustausches zwischen Halifax und Hitler
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Domarus, Band 1, Seite 716
243
Bevendamm, Roosevelts Weg zum Krieg, Seiten 240 ff
244
Benoist-Méchin, Band 6, Seite 283
245
Burckhardt, Seite 341
246
Bonnet, Seite 247
247
Der Verlauf des folgenden Gesprächs: ADAP, Serie D, Band 1, Seiten 46-56 und PAAA, R 29575 Fiche 215
steht die koloniale Frage. Lord Halifax gesteht als erstes zu, daß „die Fehler des Versailler Vertrages richtig gestellt werden müßten", allerdings nur aufgrund „vernünftiger Regelungen". England sperre sich nicht generell gegen eine Rückgabe von Kolonien an Deutschland, doch London könne dies nicht alleine mit Berlin verhandeln. Eine Neuregelung der Verteilung der Kolonien sei nur im Rahmen einer europäischen Gesamtregelung denkbar. Hitler setzt dagegen, daß sich die englische Regierung zwar bereit erkläre, über Kolonien zu diskutieren, daß ihre Partei, die Konservativen, eine Rückübertragung aber kategorisch ablehnt. Er fügt hinzu, daß es
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