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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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wollen.

    Nach der Kette von Erfolgen nimmt es nicht Wunder, daß Hitler erstens nun versucht, die deutsche Stadt Danzig an Deutschland anzuschließen, und daß er dabei zweitens die Erste-Weltkrieg-Sieger nicht mehr richtig einschätzt.

    Neben allen Revisionen, die sich Hitler von der Saar bis an die Memel auf die Haben-Seite schreiben kann, bleiben nun nur noch zwei Fragen offen : die nach der Rückkehr Danzigs und die nach der Rückgabe der früheren deutschen Kolonien durch die Siegermächte.

    Die offene koloniale Frage

    Die Abessinien-Eroberung der Italiener bildet nicht die einzige Erschütterung, die nach dem Ersten Weltkrieg vom Streit um Kolonien ausgeht. Das Problem schnell wachsender Bevölkerungen bei damals ungenügender Rohstoff- und Ernährungslage bewegt nicht nur die Italiener. Auch Polen, Japaner, Deutsche und andere Völker sind davon betroffen. So bleibt der Drang nach neuem „Lebensraum" für viele Staaten bis zum Zweiten Weltkrieg ein Teil der Außenpolitik.

    Die USA und Rußland haben ihre „Lebensraum-Probleme" durch Expansion über jeweils einen Kontinent gelöst und dabei ihnen zivilisatorisch unterlegene Völker vertrieben, dezimiert und unterworfen. Ihr kolonialer Raum ist lange schon vor 1918 zum integralen Teil des Staatsgebiets geworden, so daß man ihn völkerrechtlich und umgangssprachlich nicht mehr als Kolonie betrachtet. Trotz dieser Sättigung mit Lebensraum unterhalten die USA auch nach dem Ersten Weltkrieg noch Kolonien außerhalb der eigenen Grenzen, die Philippinen, Guam, Ost-Samoa, Puerto Rico und Hawaii.

    England und Frankreich haben sich ihre Kolonialreiche in Übersee errichtet. Da hier kein territorialer Anschluß an das Mutterland gegeben ist, und da sich die unterworfenen Völker nicht wie die Indianer dezimieren und verdrängen lassen, bleiben diese Kolonien völkerrechtlich Kolonien. Nur in Kanada, Neuseeland und Australien gelingt es, die einheimische Bevölkerung, wie in den USA, in unwirtliche Landesteile abzudrängen und dort erst Kolonien und dann Vasallenstaaten einzurichten. Die Kolonien und Dominions stellen Großbritannien und Frankreich im Ersten Weltkrieg Truppen.

    Zu Ende dieses Krieges schlägt Wilson Deutschland mit seinen 14 Punkten einen Frieden vor. Im 5. Punkt der 14 verspricht er einen „freien, vorurteilslosen und absolut unparteiischen Ausgleich aller kolonialen Ansprüche", doch daraus soll nichts werden.

    Karte 15: Deutsche Kolonien in Afrika 1914
    Trotz der schon erreichten Saturierung nehmen sich England und Frankreich 1920 die Masse der bis dahin deutschen Kolonien. Mit Deutsch-Südwest-Afrika (Namibia), Deutsch-Ostafrika (Tansania), Togo, Nordost-Neuguinea und den pazifischen Inselgruppen Nauru und West-Samoa werden 1.200.000 Quadratkilometer deutschen Kolonialgebietes dem britischen Empire einverleibt. Frankreich erhält mit Kamerun etwa 500.000 qkm. Italien bekommt 80.000 qkm im Zuge eines Gebietsaustauschs in Afrika. Belgien kriegt Ruanda nebst Burundi und Japan übernimmt von Deutschland die Marianen- und die Marschall-Inseln im Pazifik. Mit dieser Neuverteilung wird allerdings das „Lebensraum-Problem" der Italiener und Japaner nicht gelöst.

    Karte 16: Die deutschen Kolonien im Pazifik 1914

    Italiens Streit um Abessinien ist bereits geschildert. Japan ist 1914 – wie Italien 1915 – von England mit dem Versprechen zur Kriegserklärung gegen Deutschland überredet worden, daß ihm die deutschen Kolonien im Pazifik nördlich des Äquators bei einer deutschen Niederlage zugesprochen werden. In Versailles verhindern die USA, daß Japan seine volle Beute kriegt. Die deutschen Rechte in Shantung in China werden Tokio vorenthalten und Japan muß seine Eroberungen südlich des Äquators an England und Australien übergeben. Ungeachtet seiner kleinen Kriegs gewinne steht Japan 1920 weiterhin wie andere Völker vor den Problemen einer schnell wachsenden Bevölkerung und vor der Knappheit von Nahrungsmitteln, Kohle, Öl und Erzen. Dazu kommen nach dem Ersten Weltkrieg zwei weitere Erschwernisse. Die USA ändern ihr Einwanderungsgesetz und lassen keine Bürger Japans mehr ins Land, und mit Zöllen und Importgesetzen halten sie japanische Produkte fern vom eigenen Markt. So steigt der Bevölkerungsdruck auf Japans Inseln, während die Devisen schrumpfen, mit denen das Land im Ausland kaufen könnte. Beides schiebt den Drang zu neuen Kolonien weiter an.

    Japan hatte mit dem Aufbau eines Kolonialreichs schon begonnen, als noch die

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