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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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ein Entgegenkommen leicht zu machen. Am Tag danach, dem 29. August, überreichen Außenminister von Neurath und Wehrminister von Schleicher dem französischen Botschafter in Berlin François-Poncet eine schriftliche Zusammenfassung der deutschen Rüstungswünsche. Sie versichern dem Franzosen, daß das Deutsche Reich die gewünschte Gleichberechtigung, wenn sie erst einmal grundsätzlich zugestanden sei, „nur in beschränktem Umfang" nutzen werde. Ein zusätzliches Truppenkontingent für das Heer und Prototypen der bisher verbotenen Waffen würden schon genügen 25 .

    Am 11. September 1932 antwortet die französische Regierung mit einer ziemlich schroffen Note. Sie sagt darin, daß auch alle zukünftigen Verhandlungsergebnisse beim Völkerbund an den Bestimmungen des Versailler Vertrags nichts ändern

    François-Poncet, Seite 60 und Roos, Polen und Europa, Seite 50
    könnten. Deutschland habe sich im Artikel 164 des Vertrages auch für spätere Zeiten, in denen es einmal Mitglied des Völkerbunds sein sollte, verpflichtet, die Beschränkungen des Versailler Vertrages weiter einzuhalten. Die Antwort aus Paris raubt der Reichsregierung in Berlin ihren bislang gehegten Glauben, daß die Probleme der deutschen Sicherheit mit den Mitteln der Diplomatie zu lösen seien.

    Frankreich zieht sich mit der Antwort auf die formale Auslegung des Versailler Vertrags zurück. Es macht der deutschen Seite deutlich, daß sie vertraglich in der Falle sitzt. Nach französischer Auffassung verpflichtet die Mitgliedschaft im Völkerbund die Deutschen, den Vertrag von Versailles auf Dauer einzuhalten. Im Grunde weist Frankreich dem besiegten Deutschland damit einen Weg aus der Misere. Der Weg heißt Austritt aus dem Völkerbund und einseitige Lösung vom Versailler Vertrag, den die anderen Staaten ja selbst nicht halten wollen. Der Vertrag von Locarno mit der deutschen Garantie der Westgrenzen hat nicht gereicht, Frankreich zu bewegen, Deutschlands gleiches Recht auf Sicherheit zu akzeptieren. Sechs Jahre französische Blockade im Völkerbund und bei den Genfer Abrüstungsverhandlungen lassen die deutschen Regierungen nun nach anderen Wegen und Methoden suchen.

    Zwei Tage nach der unnachgiebigen Antwortnote aus Paris schreibt Außenminister von Neurath seinem britischen Kollegen und Präsident der Genfer Abrüstungskonferenzen, daß Deutschland den weiteren Gesprächen so lange fernbleibt, „wie die Gleichheit der Rechte nicht geklärt ist". Am 28. September 1932 zur Eröffnung der nächsten Sitzungsrunde ist die deutsche Delegation nicht in Genf erschienen. Die Verhandlungen haben sich damit faktisch totgelaufen. Jetzt drängen England und Italien Frankreich, seine harte Linie aufzugeben. Am 11. Dezember 1932 kommt der – wenn auch nur kleine – Durchbruch. Die Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und Italiens erklären in einer Note,
    „daß Deutschland bei der Fortführung der Abrüstungskonferenz die
    gleichen Rechte in einem für alle 'Nationen gültigen Sicherheitssystem
    erhalten muß".
    Der Pferdefuß der Note ist die ausdrückliche Anmerkung,
    „daß die Modalitäten der Anwendung einer solchen Gleichheit der Rechte
    27 noch auf der Konferenz besprochen werden müssen ".
    Trotz dieses Pferdefußes ist jetzt zugestanden, daß die beim Völkerbund vereinbarten Waffen- und Truppenobergrenzen von nun an auch für Deutschland gelten sollen, und daß sie die Begrenzungen aus dem Teil V des Vertrages von Versailles ersetzen. Mit dieser britisch-französisch-italienischen Note vom 11. Dezember 1932 ist der erste Schritt zur Lösung der „Fesseln von Versailles" getan.

    Die polnische Regierung allerdings erklärt ausdrücklich, daß sie die nun Deutschland zugesprochene Gleichberechtigung nicht anerkennt 28 .

    Benoist-Méchin, Band 3, Seite 135
Benoist-Méchin, Band 3, Seite 137
MGFA, DR u. 2. WK, Band 1, Seite 374

    Dies ist die außen- und sicherheitspolitische Lage des Deutschen Reichs, als Adolf Hitler im Januar 1933 deutscher Kanzler wird. Seinem Amtsantritt gehen somit sechseinhalb Jahre vergeblicher Abrüstungsverhandlungen beim Völkerbund voraus. Deutschland ist zu der Zeit, 15 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg, immer noch nicht selbstschutzfähig. Alle Chancen, das Deutsche Reich mit akzeptablen Verträgen einzubinden, die der unumgänglichen Erweiterung der Reichswehr Maß und Grenzen hätten setzen können, sind bisher vertan.

    Die geheimen Verteidigungsvorbereitungen
    der Reichswehr bis 1933

    Neben allen

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