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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Regierung dem deutschen Streben nach Konsens ein Ende. Außenminister Barthou erklärt im Namen Frankreichs, daß auch alle zukünftigen Verhandlungsergebnisse beim Völkerbund in Genf keine Auswirkungen auf die Reichswehr-Truppenstärken haben dürften. Der Geist der französisch-deutschen Annäherung aus der Zeit der Außenminister Briand und Stresemann ist damit 1932 offensichtlich ausgehaucht und aufgebraucht. Für die Reichsregierung ist das nach sechs Jahre dauernden Verhandlungen, angesichts der nach wie vor unverändert hohen Rüstungsstände aller Nachbarstaaten und auch eingedenk der vielen „Einmärsche" fremder Truppen seit dem Ersten Weltkrieg so nicht akzeptabel. Sie zieht die Konsequenzen und erhöht den Friedensumfang des 100.000Mann-Heeres auf 175.000. Erreichen will man das in stufenweisem Aufbau bis 1938. Die Zahl der Friedensdivisionen soll trotzdem unverändert bleiben.

    Damit hat bereits die Regierung unter dem Reichskanzler Franz von Papen die erste Fessel von Versailles abgelegt, ehe Adolf Hitler 1933 neuer Kanzler wird. Als Hitler ein viertel Jahr danach die Regierungsverantwortung übernimmt, setzt er zunächst die von papensche Rüstungspolitik in Maßen fort. Das ist einer jener Gründe, warum im Deutschen Reich der ersten Hitler-Jahre zunächst niemand der Verdacht kommt, daß Hitler eines Tages den Zweck der wiederaufgebauten Reichswehr pervertiert.

    Die geheimen Verteidigungsvorbereitungen der Reichsmarine

    Die Verhältnisse in der Reichsmarine sehen nicht viel anders aus als die im Heer. Der Flotte werden nach dem Versailler Vertrag lediglich 15.000 Mann und eine

    MGFA, DR u. 2. WK, Band 1, Seite 379 MGFA, DR u. 2. WK, Band 1, Seite 384

geringe Zahl von Schiffen zugestanden: 8 Linienschiffe, 8 kleine Kreuzer 34 , einige Torpedoboote und die dazu nötigen Hilfsschiffe. Neubauten sind innerhalb der nun auf 144.000 Tonnen begrenzten Gesamttonnage für die Flotte erst ab 1922 wieder zugelassen.

    Deutschland, in seiner Lage nach dem Ersten Weltkrieg, braucht eine Flotte für zwei Zwecke. Es muß die Seewege im Vorfeld seiner Häfen für die Importe von Rohstoffen und Nahrungsmitteln offenhalten können, und es muß den Seeweg auf der Ostsee zum nunmehr auf dem Lande abgetrennten Ostpreußen gegen Unterbrechung schützen können. Beide Aufgaben sind trotz des geschlossenen Friedens aktuell. Die Verwundbarkeit der Importe über See haben die Briten 1919 vorgeführt, als sie trotz der in Wilsons 14 Punkten zugesagten „Freiheit der Meere in Frieden und Krieg" der deutschen Unterschrift unter den Versailler Vertrag mit einer Blockade der deutschen Nord- und Ostseehäfen „nachgeholfen" haben. Die Folge war eine Hungersnot in Deutschland und in Österreich.

    Die zweite Aufgabe für die Flotte ergibt sich aus der Abtrennung Ostpreußens vom Reichsgebiet und aus Frankreichs Polenpolitik. Die Presse Polens und mit ihr wohl weite Kreise dort erheben nach wie vor Ansprüche auf deutsche Landesteile, die sie zwar in Versailles für sich gefordert aber 1919 nicht erhalten haben, Teile Schlesiens, Ostpreußens und Teile Pommerns. Nach dem polnischen Versuch, 1921 Ostoberschlesien zu erobern, werden solche Forderungen aus Polen in Deutschland durchaus ernst genommen. Zum Schwergewicht aus deutscher Sicht wird Polen jedoch erst durch einen Französisch-Polnischen Militärvertrag von 1925, mit dem Frankreich sich verpflichtet, im Falle eines deutschpolnischen Konflikts ein französisches Flottengeschwader zur Unterstützung Polens in die Ostsee zu entsenden. Fatal dabei für Deutschland ist die Zusage der Franzosen, diese Unterstützung zu gewähren, gleich welche Ursache dem Konflikt zugrunde liegen sollte. Das ist ein Quasi-Angebot auch für den Fall, daß Polen von sich aus einen Angriff auf Ostpreußen, Pommern oder Schlesien startet. Das seestrategische Konzept der Reichsmarine orientiert sich deshalb seit dem Abschluß des polnisch-französischen Militärvertrags an der Gefahr, die, ausgelöst von Polen, von Frankreichs Flotte drohen könnte. So braucht die Reichsmarine Schiffe, die denen der Franzosen an Zahl und Qualität gewachsen sind.

    1928 geht der erste große Nachkriegsbau in Auftrag, ein 10.000-Tonnen-Panzerschiff. Der Versailler Vertrag erlaubt, 20 Jahre alte Schiffe zu ersetzen. 1930 wird das Panzerschiff auf Kiel gelegt und damit die Ablösung der sechs inzwischen 30 Jahre alten Großkampfschiffe aus der Kaiserzeit begonnen. Im November 1932 legt Admiral Raeder, Chef der

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