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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Waffenverbot als zu einschnei dend ablehnen, wenn es in gleicher Weise auch für die anderen Staaten
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    Anwendung findet."

    Fast zeitgleich appelliert der ebenfalls frisch ins Amt gekommene US-Präsident Roosevelt in einer Friedensbotschaft an 44 Staatschefs, alle Angriffswaffen wie Bombenflugzeuge, Panzer und motorisierte schwere Artillerie gänzlich abzuschaffen. Hitler antwortet in der schon zitierten Reichstagsrede ebenfalls auf dieses Rooseveltsche Angebot:
    „Der Vorschlag des amerikanischen Präsidenten Roosevelt, von dem ich
    heute nacht Kenntnis erhielt, verpflichtet deshalb die deutsche Regierung
    zu warmem Danke. Sie ist bereit, dieser Methode zur Behebung der inter
    nationalen Krise zuzustimmen. ... Deutschland ist jederzeit bereit, auf
    Angriffswaffen zu verzichten, wenn auch die übrige Welt ein Gleiches tut." Hitler verlangt also, wie seine Amtsvorgänger, die Gleichbehandlung Deutschlands. Er gesteht den anderen Staaten eine Übergangsperiode von fünf Jahren zu und lehnt zur gleichen Zeit ab, daß es nur Deutschland nicht erlaubt sein soll, Luftstreitkräfte zu besitzen. Für den Fall, daß Deutschland trotz der französischbritisch-italienischen Erklärung vom 11. Dezember 1932 doch nicht gleichbehandelt werden sollte, kündigt Hitler schon die Möglichkeit eines deutschen Rückzugs aus dem Völkerbund an.

    Hitlers Reaktion wird in Deutschland als angemessen angesehen. Sechseinhalb Jahre vergeblicher Abrüstungsverhandlungen haben den Eindruck hinterlassen, daß der Völkerbund als Forum ungeeignet ist, die versprochene Abrüstung der Siegermächte – insbesondere Frankreichs – in Gang zu setzen. In Deutschland weiß man zudem noch, wie das eigene Land vor 48 Jahren als Sieger mit dem besiegten Frankreich umgegangen ist. Frankreich hatte den Krieg von 1870 verursacht, erklärt, begonnen und verloren. Trotzdem waren die deutschen Besatzungstruppen bereits zwei Jahre nach Frankreichs Niederlage wieder abgezogen und den besiegten Franzosen waren keine Begrenzungen für Waffen, Heer und Flotte aufgezwungen worden. Auch aus diesem Grund empfindet jeder einigermaßen historisch versierte deutsche Bürger 15 Jahre nach dem Ersten Weltkrieg Frankreichs harte Haltung als völlig überzogen und billigt Hitlers Forderung nach angemessener und gleicher Sicherheit für Deutschland.

    Domarus, Band 1, Seiten 276 f
    Das was Hitler auf internationaler Bühne äußert, ist unverdächtig und läßt nicht ahnen, daß er sechs Jahre später einen Krieg eröffnet. Auch die Generalität der Reichswehr, die die Genfer Verhandlungen verfolgt hat, und die die Truppenstärken aller Nachbarstaaten rund um Deutschland kennt, hat keinen Anlaß, aus Hitlers Reaktion auf den Mac Donald- und den Roosevelt-Vorschlag bei einigem Realitätssinn schon auf mehr zu schließen, als daß es hier um Deutschlands Selbstschutz geht. Selbst die 200.000 Soldaten, die Berlin hier angeboten werden, wären nach Abschluß der Abrüstung aller Nachbarländer nicht einmal ein Drittel dessen, was die gegen Deutschland verbündeten Polen, Tschechen, Belgier und Franzosen auf die Waage bringen. Ein Drittel Truppenstärken und Bewaffnung gilt nach Meinung von Experten jedoch als die Minimalbedingung für eine Verteidigung mit Aussicht auf Erfolg. So ist auch zu verstehen, daß die Reichswehrführung keinen deutschen Alleinverzicht auf Luftstreitkräfte akzeptiert. Von daher gesehen liegt es auf der Hand, daß die Generale Hitlers Verhandlungsposition in Genf und seine Rüstungspolitik zunächst für selbstverständlich halten.

    In einer Rede, die Hitler am 3. Februar 1933, frisch ins Amt gekommen, vor den Befehlshabern der Reichswehr hält, betont er seine Absicht, die Reichswehr wieder aufzubauen. Daß er in dieser Rede auch vom neuen „Lebensraum im Osten" spricht, den Deutschlands schnell wachsende Bevölkerung in Zukunft braucht, hätte den Generalen eine Warnung geben müssen. Doch das Thema „Lebensraum im Osten" ist bei dieser frühen Hitler-Rede so wenig greifbar und konkret, daß die Warnung nicht verstanden wird. Der Lebensraum im Osten ist dann für Hitler vor den Generalen auch für lange Zeit kein Thema mehr. Die Bedeutung der besagten Februar-Rede von 1933 wird im folgenden Buchkapitel noch einmal betrachtet werden.

    Die Reaktion der meisten Staaten auf Hitlers Regierungserklärung vom 15. Mai 1933 zu den englischen und amerikanischen Ab- und Aufrüstungsvorschlägen ist durchaus positiv und optimistisch. Dennoch ist mit dem

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