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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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„Z-Plan" mit seinen über 1,6 Millionen Tonnen bis zum Jahre 1945 macht die Kriegsmarine einen planerischen Sprung von 1 zu 3. Doch der Sprung kommt über die fatale Absicht nicht hinaus. Es fehlt dem Deutschen Reich an Werften, Stahl und Geld. Anfang 1939, vor dem Sprung, steht die Kriegsmarine erst bei
    200.311 Tonnen. Das Stärkeverhältnis zwischen der deutschen Flotte und denen Frankreichs und Englands ist damit noch immer bei 1 zu 2 zu 6 68 .

    Obwohl der Z-Plan ein gigantisches Projekt ist, liegt ihm keine neue strategische Idee zugrunde. Die Marineleitung denkt immer noch an einen Kreuzer- und UBoot-Krieg, um damit im Kriegsfall die übliche englische Blockade mit gleicher Münze heimzuzahlen. Und Hitler nennt außer seiner Furcht vor einem Eingreifen Englands bei weiteren Revisionen der Versailler Gebietsverluste keine Gründe.

    Mit dem Z-Plan überziehen Hitler und die Leitung der Marine planerisch für 1945 die Tonnage, die ihnen nach dem Flottenabkommen im Jahre 1935 zugestanden wird. Doch noch ist England das nicht mitgeteilt. Im März gibt die englische Marineleitung im Rahmen der Berichtspflicht nach dem Flottenabkommen ihrerseits bekannt, daß die Royal Navy bis 1943 auf fast 2 Millionen Tonnen wachsen soll. Das hätte für die deutsche Kriegsmarine ein Wachstum auf fast 700.000 Tonnen zugelassen, mehr als die deutschen Werften hätten fertigstellen können. Doch Hitler und der Admiral wollen die immense Rüstung, die sie für 1945 planen, nicht vor England offenlegen. Da greift Hitler zu dem zweifelhaften Mittel, die Bindung an die 35 %-Obergrenze abzustreifen. Er kündigt bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit das Britisch-Deutsche Flottenabkommen.

    Mitte März 1939 hat Hitler die Tschechei besetzen lassen. England bietet Polen in Reaktion darauf eine Garantie gegen Deutschland an. Hitler bezeichnet das als antideutsche Handlung und nimmt den polnisch-britischen Vertrag zum Anlaß, das Flottenabkommen zu kündigen. Damit ist Deutschland frei von jeder Bindung, in der Flottenrüstung Obergrenzen einzuhalten. Doch statt mit dem forcierten Kriegsschiffbau Deutschlands Sicherheit zu stärken, gibt Hitler England

    Dreessen, Seite 151
Dreessen, Seiten 111-113, 151
Dreessen, Seiten 144f
    einen Grund, das Rüsten mit Hilfe eines neuen Kriegs zu unterbinden. So nutzen die Briten die nächste Gelegenheit, die ihnen Deutschland dazu bietet, den deutsch-polnischen Krieg im September 1939. Am 3. September erklärt Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg.

    Der Z-Plan und die Kündigung des Flottenabkommens sind die Resultate der gleichen falschen Rechnung, mit der schon Kaiser Wilhelm II und Admiral Tirpitz vor dem Ersten Weltkrieg statt der Partnerschaft der Briten deren Gegnerschaft erworben hatten. Das „Aufblähen" der Kriegsmarine nach dem Z-Plan ist – obwohl gigantisch – strategisch defensiv gemeint, auch wenn es dem Reich bei Vollendung dieses Plans die Fähigkeit verliehen hätte, im Seekrieg offensiv zu werden. Hitler will den Krieg gegen seinen „Wunschpartner" England 1939 immer noch vermeiden. Auch Admiral Raeder warnt Hitler wiederholt vor einem Krieg mit England, der zu der Zeit noch größten Seemacht auf dem Globus. Raeder sieht vorher, daß die Industrie- und Seemacht USA in einer britisch-deutschen Auseinandersetzung auf die Seite Englands treten wird. Er weiß, daß ein solcher Krieg mit einer Katastrophe für Deutschland enden würde, und dennoch stellt er selbst mit seinem Z-Plan für Deutschland diese Falle auf.

    Am 1. September 1939, bei Kriegsausbruch, hat Deutschlands Aufrüstung der Marine die Rangfolge der größten Flotten seit 1933 nicht verändert. Die Kriegsmarine liegt nach Tonnage und nach Zahl der Schiffe nach wie vor weltweit auf dem siebten Platz. Auch alle anderen Flotten sind gewachsen. An Gesamttonnage steht England und an Zahl der Schiffe Amerika an erster Stelle im Vergleich. Tabellenführer England bestimmt mit 1.370.927 Tonnen die 100%-Meßlatte für den Vergleich. Auf Platz 2 folgen die USA mit 92,2% der britischen Tonnage. Frankreich besetzt Rang 4 mit 39% und Deutschland steht auf Platz 7, jetzt allerdings mit 240.315 Tonnen oder 17,5% der britischen Tonnage. Ein tabellarischer Vergleich der Zahl der großen Schiffe in den Marinen zeigt, daß Deutschland 1939 noch weit von der Fähigkeit entfernt ist, „die Weltherrschaft zu erringen". Die Absicht dazu haben die Nürnberger Ankläger den Admiralen Raeder und Dönitz 1946 unterstellt.

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