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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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mehr zur Verfügung, und neue Reserven bildet das Berufsheer kaum. Mit nur 100.000 Heeressoldaten und maximal 150.000 Landespolizisten kann Deutschland im Frühjahr 1933 die Sicherheit des eigenen Territoriums nicht selber garantieren. Frankreich aber stünden im Falle eines Krieges einschließlich der Reserven 4,5 Millionen Soldaten zur Verfügung, Belgien 0,6 Millionen, Polen 3,2 und der Tschechoslowakei 1,3 Millionen Mann. Dies gäbe einschließlich der deutschen Landespolizisten eine Unterlegenheit von fast 1:40 für den Fall, daß Deutschland sich verteidigen müßte. Das ist der Hintergrund, vor dem Hitler 1933 eine Aufrüstung ohne gleichen in wenigen Jahren in Szene setzen kann, ohne daß dies zunächst im Inland als Vorbereitung auf einen Angriffskrieg erkennbar wird.

    Im März 1933 schlägt der englische Premierminister Mac Donald bei den Abrüstungsverhandlungen in Genf 200.000 Heeressoldaten für Deutschland und 400.000 für Frankreich vor, je zur Hälfte für das Mutterland und für die Kolonien. Frankreich lehnt das ab und will die im Vorjahr Deutschland zugestandene

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    Großer Ploetz, Seite 948

    Gleichberechtigung nicht akzeptieren. Hitler droht daraufhin – wie schon erwähnt – daß Deutschland den Völkerbund verläßt, wenn die zugesagte Gleichheit weiterhin verweigert wird. Als sich in dieser Hinsicht nichts bewegt, tritt Deutschland aus dem Völkerbund aus, und die deutsche Delegation verläßt die Abrüstungsverhandlungen in Genf. Noch im Oktober 33 ordnet Hitler die planerischen Vorarbeiten für die spätere Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht an und den Ausbau des Heeres auf 21 Divisionen. Ende 1933 hat das Heer der Reichswehr dann eine Stärke von 122.000 Mann 106
    . Mit der Neuaufstellung von Artillerie-, Flugabwehr- und Fernmeldeeinheiten wird ebenfalls begonnen.

    Angesichts der Unnachgiebigkeit der Franzosen, die bislang keine Neigung zeigen, einen Großteil ihrer fast 700.000 Heeressoldaten zu entlassen, fordert Hitler nun in bilateralen Verhandlungen mit den Engländern und Franzosen 300.000 Mann für Deutschland. Im Dezember 1933 erarbeitet das Reichwehrministerium dementsprechend eine Weisung für den weiteren Ausbau des Friedensheeres auf
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    300.000 Soldaten, den sogenannten Dezember-Plan
    . Bemerkenswert an diesem Plan ist die Selbstwahrnehmung der Reichswehrspitze. In einer Denkschrift, die dem Plan zugrunde liegt, heißt es, daß das aus dem Friedensheer zu mobilisierende Kriegsheer in der Lage sein sollte, einen Verteidigungskrieg nach mehreren Fronten mit einiger Aussicht auf Erfolg zu führen. Vom „Lebensraum im Osten" oder „Revision der Grenzen" ist da keine Rede.

    1934
    Am Beginn des Jahres 1934 steht noch einmal ein Versuch der Deutschen und Franzosen, sich in Bezug auf ihre Heeresstärken anzunähern. Am 18. Dezember
    1933 hatte Hitler 300.000 Soldaten für das Reichsheer vorgeschlagen und den im Mac Donald-Plan vom März angeregten Wechsel vom Berufsheer zum Heer mit kurzer Dienstzeit angenommen. Am 1. Januar 1934 lehnt die französische Regierung die Heeresstärke von 300.000 Mann für Deutschland ab und schlägt statt dessen vor, daß zunächst beide Staaten ihre Heere auf kurze Dienstzeit umstellen, und daß erst dann die Bewaffnung und die Stärken des Reichsheeres und des französischen Heimatheeres angeglichen werden sollten. Da der Abbau des Berufsheeres viele Jahre dauern würde, da dem Reichsheer in dieser Zeit auch keine Panzer, Flugzeuge, U-Boote und andere bisher verbotene Waffen zugestanden würden und da Frankreich bei diesem Vorschlag sein Kolonialheer nicht mit in die Rechnung einbezogen haben will, lehnt die Reichsregierung ab. Sie will nach inzwischen acht Jahren ergebnislosen Feilschens nicht noch weitere sechs Jahre hingehalten werden. So lange etwa würde die Umstellung vom Berufsheer zum Heer mit kurzer Dienstzeit dauern. Auch ein neues Angebot von deutscher Seite, die geplante Luftwaffe bei 50% der Stärke der französischen zu begrenzen, kann Paris nicht dazu bewegen, in der Heeresstärken-Frage nachzugeben 108
    .

    106
    MGFA, DR u. 2. WK, Band 1, Seite 405
    107
    MGFA, DR u. 2. WK Band 1, Seite 408
    108
    Deutsches Begrenzungsangebot vom 21. Februar 1934

    Am 22. März 1934 veröffentlicht die Reichsregierung ihren neuen Haushaltsplan und legt auf diese Weise offen, daß Deutschland nun auch ohne Einigung mit der französischen Regierung – wenn auch noch in Maßen – rüstet. Die Reaktion aus Frankreich läßt nicht auf sich

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