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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Buch „Mein Kampf" rät, auf die ehemals kaiserlichen Kolonien zu verzichten und statt dessen Lebensraum östlich von Deutschland zu erwerben, erwähnt er in den Reden sporadisch einen Anspruch auf die ehemals deutschen Kolonien. Es ist zu vermuten, daß er damit lediglich die von ihm als Problem angesehene Raum- und Ernährungsfrage in Erinnerung halten will. Rückschlüsse auf konkrete Eroberungspläne erlauben solche Reden zunächst nicht, da Hitler die Erwähnung des Problems meist mit nachvollziehbaren Gedanken im Räume stehen läßt. In einer Rundfunkansprache zum 1. Mai 1937 zum Beispiel sagt er:
    „ Unsere Lebensprobleme sind schwerer als die anderer Völker. ... Wir
    Deutsche sind von der Natur auf dieser Erde mehr als stiefmütterlich be
    dacht worden. Ein großes Volk, ein unendlich fähiges Volk, ein fleißiges
    Volk, das leben will und das Lebensansprüche stellen darf, lebt in einem
    Raum, der viel zu eng und zu begrenzt ist, um selbst bei größtem Fleiß ihm
    aus Eigenem all das zu geben, was notwendig ist. ... Gerade weil dieser
    Lebenskampf bei uns viel schwerer ist als irgendwo anders, haben wir be
    sondere Konsequenzen aus dieser Tatsache zu ziehen, die unser Schicksal
    ist. Wir können nicht von Phrasen, von Redensarten und Theorien existie
    ren, sondern nur von dem Ergebnis unserer Arbeit, unserer Fähigkeit und
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    unserer Intelligenz."
    Danach setzt Hitler die Rundfunkrede mit Gedanken zur Produktion, zum Vierjahresplan und zur Lohn- und Preisstabilität fort. 1937 wird der Mann auf der Straße dazu gedacht haben: „Ein Schuft, der Schlimmes dabei denkt". Ab 1941 wird man die Worte „haben wir besondere Konsequenzen aus dieser Tatsache zu ziehen" ganz anders deuten können.

    Hitlers öffentliche Reden vor dem Einmarsch von Wehrmachtstruppen in die Rest-Tschechei im Frühjahr 1939 decken keine Kriegsabsichten auf. Sie entsprechen eher der damaligen Friedenssehnsucht der breiten Masse aller Deutschen. Anders verhält es sich mit einem Teil der geheimen Hitler-Reden ab dem November 1937.

    Die geheimen Hitler-Reden und die Schlüsseldokumente

    Ab dem November 1937 bekommen einige, ganz wenige der Hitler-Reden eine neue Qualität. Es sind Ansprachen vor geschlossenem Kreis, die erstmals Rück

    Hitler, Seiten 736 ff Domarus, Band 1, Seite 690
    schlüsse auf Hitlers Absicht erlauben, von sich aus Krieg zu führen. Erwähnenswert sind vor allem die drei Reden vom 5. November 1937, vom 23. Mai 1939 und vom 22. August 1939. Sie gelten der Geschichtsschreibung als Schlüssel zur Offenlegung der verbrecherischen Pläne Hitlers, Krieg zu führen, Verträge zu brechen, Völker zu unterwerfen und Land zu erobern. Der Begriff „Schlüssel" stammt aus den Nürnberger Prozessen von 1945 und 46, in denen die Niederschriften dieser Reden als sogenannte Schlüsseldokumente als Beweise der Schuld der „Hauptangeklagten" gelten. Den politischen Machthabern und den obersten Militärführern des Dritten Reichs wird im Prozeß „die gemeinsame Planung des Krieges und eine Verschwörung gegen den Frieden" vorgeworfen. Die Schlüsseldokumente sollen den Beweis erbringen, daß Hitler den in Nürnberg Angeklagten seine Pläne aufgedeckt hat, daß sie auf diese Weise zu Mitwissern geworden und demzufolge mitverantwortlich am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs sind.

    Die sogenannten Schlüsselreden stehen in gewisser Weise in Kontrast zu Hitlers öffentlichen Reden. An der wahrheitsgetreuen Niederschrift dieser Reden gibt es jedoch Zweifel. Deshalb müssen die Nürnberger Schlüsseldokumente mit den geheimen Reden genau betrachtet werden.

    Bei der ersten dieser Schlüsselreden räumt der Herausgeber der gesammelten Hitler-Reden, Archivdirektor Dr. Max Domarus selber ein, daß es solche Zweifel gibt, doch er tilgt sie mit dem Hinweis, daß die spätere Kriegspolitik Hitlers die Echtheit der Redeniederschriften im nachhinein bestätigt habe 28 . Diese Logik kann nur Hitlers Schuld am Krieg belegen, doch nicht die seiner Zuhörer, die – was damit weiter offen ist – ab November 1937 Hitlers Pläne kennen oder nicht. Die korrekte oder nicht korrekte Wiedergabe dieser Hitler-Reden ist für die Frage von entscheidender Bedeutung, ob die Wehrmachtsführung die Absicht Hitlers, von sich aus Krieg zu führen, erkannt hat oder nicht. Bei einer juristischen Bewertung der Beweiskraft jener Dokumente gibt es starke Zweifel.

    Hitlers Rede vom 5. November 1937 und das
    Hoßbach-Protokoll

    Bei der ersten der drei

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