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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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erkennen: zum ersten, daß Hitler angesichts der Aufrüstung fast aller Staaten in Europa einen neuen Krieg für unausweichlich hält. Zum zweiten, daß Deutschland seiner Meinung nach mehr Raum für Landwirtschaft und Bodenschätze braucht. Zum dritten, daß er Polen bei günstiger Gelegenheit angreifen und als potentiellen Gegner in Deutschlands Rücken ausschalten werde und viertens, daß er hofft, Kriegen mit anderen Staaten in Europa noch lange zu entgehen.

    Konkret wird Hitler bei dieser umfangreichen Rede zu drei Punkten. Er will den eigenen Studienstab beim OKW. Er will Polen „bei erster passender Gelegenheit angreifen" und er möchte bis 1943 beziehungsweise 1944 bereit für eine große Auseinandersetzung in Europa sein.

    Archiv der Gegenwart, Seite 3962
    Der Lebensraum-Gedanke wird den Generalen 1939 nicht so absurd erscheinen, wie dem Leser heute. In den 30er Jahren versuchen Italien und Japan mit Gewalt und Polen auf dem Verhandlungswege 61 , Kolonien oder Kolonialbeteiligungen zu erwerben, um Siedlungsraum für ihre schnell wachsenden Bevölkerungen zu gewinnen. Das Lebensraum-Problem, das England, Frankreich, die Sowjetunion, die USA und andere zu der Zeit schon mit Kolonien oder Expansionen längst für sich gelöst haben, ist bei den kolonialen Habenichtsen nicht nur in Deutschland Thema.

    Zurück zu Hitlers Rede. Die ganze Logik dieser Rede, so wie sie von Schmundt aus dem Gedächtnis nachgeschrieben worden ist, springt etwas hin und her. Mit etwas nachvollzogener Ordnung der Gedanken und in den Worten Schmundts entwickelt Hitler vor den Generalen folgende Gedankenkette:
    ● Die Sieger hätten das Gleichgewicht der Kräfte in Europa ohne Deutschland
    festgelegt.
    ● Der Wiedereintritt Deutschlands in den Kreis der Machtstaaten störe dieses
    Gleichgewicht.
    ● Alle deutschen Ansprüche würden als „Einbruch" gewertet. ● England fürchte seine wirtschaftliche Gefährdung.
    ● Die wirtschaftlichen Probleme Deutschlands müßten gelöst werden. ● Kolonien seien keine Lösung des Ernährungsproblems. Die Wege dorthin
    könnten von England auf den Meeren blockiert werden.
    ● Ohne Einbruch in fremde Staaten oder Angreifen fremden Eigentums sei kei
    ne Lösung der wirtschaftlichen Probleme möglich.
    ● Es bliebe Deutschland die Wahl zwischen Aufstieg oder Abstieg.

    Dann springen Hitlers Gedanken zur Rolle Polens über:
    ● Polen werde immer auf der Seite unserer Gegner stehen. Trotz Freundschafts
    abkommens habe in Polen immer die Absicht bestanden, jede Gelegenheit
    gegen uns auszunutzen.
    ● Das Problem „Polen" sei deshalb von der Auseinandersetzung mit dem
    Westen nicht zu trennen.
    ● Zwinge uns das Schicksal zur Auseinandersetzung mit dem Westen, sei es
    gut, einen großen Ostraum zu besitzen.
    ● Danzig sei nicht das Objekt, um das es gehe. Es handele sich für uns um die
    Erweiterung des Lebensraum im Osten und die Sicherstellung der Ernährung. ● Es entfalle also die Frage, Polen zu schonen und bleibe der Entschluß, Polen
    bei erster passender Gelegenheit anzugreifen.
    ● Es dürfe nicht zu einer gleichzeitigen Auseinandersetzung mit Frankreich und
    England kommen.
    ● Falls es nicht sicher sei, daß England und Frankreich in einer deutsch-polni
    schen Auseinandersetzung unbeteiligt blieben, gelte der Kampf in erster
    Linie den zwei genannten Ländern.

    Polens Außenminister Beck trägt dies am 26. Januar 1939 vor der in Warschau akkreditierten Auslandspresse vor. Siehe Archiv der Gegenwart, Seite 3905
    Nun folgen Hitlers Überlegungen zu England und Frankreich.
    ● Hitler zweifelt an der Möglichkeit einer friedlichen Auseinandersetzung mit
    England.
    ● England sehe in Deutschlands Entwicklung die Fundierung einer Hegemonie,
    die England entkräften würde. England sei daher unser Feind und die
    Auseinandersetzung mit ihm gehe auf Leben und Tod.
    ● Es gehe dabei nicht um Recht oder Unrecht, sondern um Sein oder Nichtsein.

    Nach dieser langen Kette von Gedanken beginnt Hitlers Rede, sich im Kreis zudrehen. Er sagt,
    ● daß man England nur einen entscheidenden Schlag beibringen könne, wenn
    man nicht durch Polen in einen Krieg mit England hineinschlittere und
    ● daß er hoffe, daß England und Frankreich sich nicht in einen deutsch-polni
    schen Krieg einmischten.
    ● So sei ein langer wie ein überfallartiger Krieg zur Zerschlagung der
    englischen Möglichkeiten auf dem Festland vorzubereiten.

    Was also – so müssen sich die zuhörenden Generale fragen

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