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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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unter den „fortwährenden Aggressionen Englands leide".
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    Abb. 8: Adolf Hitler bei seiner Erwiderungsrede am 28. April 1939

    Hitlers Luftwaffenadjutant von Below schreibt zu dieser Reichstagsrede:
    „Hitlers Reichstagsrede am 28. April glich einer politischen Explosion.
    Die Beamten des Auswärtigen Amtes wählten den Ausdruck. ... Weit ver
    breitet in Deutschland war die Ansicht, daß es eine der besten Reden Hit
    lers gewesen sei. ...Im kleinen Kreis in der Reichskanzlei äußerte Hitler
    sich ernst und verbittert. Ihm sei immer klarer geworden, daß die Feind
    schaft der westlichen Demokratien nicht allein der nationalsozialistischen
    Regierung in Deutschland gelte, sonder dem ganzen deutschen Volk. ...
    Die Kündigung der Verträge mit Polen und England wirkte aufweite Teile
    53 des Volkes und auf die Umgebung Hitlers alarmierend."
    So vergiftet Hitler das außenpolitische Klima mit einer Reihe von brisanten Reden, die aus damaliger Sicht zwar nachvollziehbar, doch politisch in höchstem Maße schädlich sind. Schließlich hatte Hitler den Abrüstungsvorschlägen Roosevelts von 1933 zugestimmt, doch nicht die Siegerstaaten. Schließlich waren zwischen 1919 und 1939 die USA in Nicaragua einmarschiert, die Sowjetunion in der chinesischen Mandschurei und die Norweger ins dänische Grönland. Schließlich hatten die Holländer in dieser Zeit die Freiheitsbewegung in Niederländisch Indien blutig unterdrückt, die Franzosen das gleiche in Marokko und in Syrien

    v. Below, Seiten 162 f heute Indonesien
    und die Briten in Indien getan. Und schließlich hatte England Ägypten – Sudan und Irland in diesen Jahren gegen den Willen der dortigen Regierungen geteilt. So sind Hitlers Klagen über die Einmischungen der Briten und der Amerikaner „im Namen der Völker der westlichen Hemisphäre" nicht ganz aus der Luft gegriffen.

    Hitlers Vortrag vor den Kommandeuren
    am 10. Februar 1939

    Nun sei der Vortrag nachgeholt, den Hitler am 10. Februar 39 vor den Truppenkommandeuren des Heeres in Berlin hält 55 . Mit diesem Vortrag lüftet Hitler wieder mal den Vorhang, der seine Absichten verhüllt, ein kleines bißchen, ohne jedoch konkrete Pläne zu eröffnen. Er wiederholt seinen Lebensraumgedanken, ohne allerdings zu offenbaren, an welche Territorien er dabei denkt. Er spricht von seinen Sorgen um die Ernährungslage Deutschlands, vom Bevölkerungswachstum, von der Wahrung des Lebensstandards, vom Mangel an Getreide, Erzen, Holz und er dekliniert die Lösungsmöglichkeiten durch: Im- und Exportsteigerung, Geburtenkontrolle, Auswanderung oder Anpassung des Lebensraums an die Bedürfnisse der schnell wachsenden Bevölkerung. Ein verstärktes Drängen auf den Weltmarkt lehnt er ab, weil das schon der tiefere Grund zum letzten Krieg gewesen sei. Geburtenkontrolle und Auswanderung schließt Hitler als probate Lösungsmöglichkeiten aus. So verkündet Hitler, daß er die Absicht habe, „das deutsche Raumproblem zu lösen".
    „Es ist nicht mein Ziel, meine Herren, vielleicht einen Krieg zu führen,
    sondern mein Ziel ist es, die unabweisbaren deutschen Lebensforderungen
    und Erfordernisse durchzusetzen, und zwar mit allen Mitteln, also, um mit
    Clausewitz zu sprechen, mit den Mitteln der Politik, ... und wenn notwen
    dig, aber auch mit den Mitteln des Schwertes. ... Seien Sie daher nicht
    überrascht, wenn auch in den kommenden Jahren bei jeder Gelegenheit
    irgendein deutsches Ziel zu erreichen versucht wird, und stellen Sie sich
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    dann, bitte sehr, in gläubigem Vertrauen hinter mich."
    Hitler legt hier offen, daß er nicht vor einem Krieg zurückscheut, aber er läßt für jeden, der den Krieg als Mittel der Politik nicht akzeptiert, gedanklich eine Hintertür zur Hoffnung offen, daß es schon nicht zum Schlimmsten kommen werde, als er sagt:
    „Das ist es aber auch, was meiner Überzeugung nach am ehesten geeig
    net ist, jede solche Gefahr zu mildern, die Dauer von Kriegen abzukürzen
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    und vor allem unter Umständen überhaupt Kriege zu vermeiden."

    Bundesarchiv, Dokument NS 11/28 und Müller KJ, Seiten 365-375
Müller KJ, Seiten 374 f
Müller KJ, Seite 374

    So weiß nun jeder zuhörende Heereskommandeur, was Hitler jenseits der Revision des Versailler Vertrags bewegt. Er weiß auch, daß ihm dazu jedes Mittel recht ist, auch der Krieg. Jeder zuhörende Kommandeur ist von diesem Zeitpunkt an gewarnt. Aber Hitler hat auch bei dieser Rede wieder nicht von „Lebensraum im Osten", von Polen, der Ukraine oder der

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