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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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außerhalb des Landes und andere Privilegien erhalten, bis Polen 1569 diese Vorrechte unter Bruch des zweiten Thorner Friedens streicht. Pomerellen wird damit in Polen „gleichgeschaltet".

    1772 wird Polen zum ersten Mal geteilt. Westpreußen kommt dabei als ehemaliger Besitz des Deutschen Ordens und Teil des deutschen Reichsgebiets vor
    1466 zurück an Preußen und das Deutsche Reich. So ist die Frage, ob Westpreußen-Pomerellen historisch polnisch oder deutsch ist, völlig müßig.

    1918 sind je nach Statistik 73 bis 65% der Bewohner mittlerweile deutscher Muttersprache, also gut zwei Drittel der Bevölkerung. Die im Norden PomerellenWestpreußens lebenden Kaschuben mit weiteren 6% der Gesamtbevölkerung sind ebenfalls keine Polen, auch wenn sie eine slawische Muttersprache sprechen. Bei aller Sprachverwandtschaft mit den Polen sind sie selbst so wenig Polen wie die Niederländer Deutsche. So sind in Westpreußen-Pomerellen bei Kriegsende 1918 nur ein Viertel der Bewohner Polen. Trotzdem beansprucht die polnische Delegation beim „Höchsten Alliierten Rat" der Sieger in Paris das Land für sich. Sie verweist dabei auf die „starke" polnische Bevölkerung und auf ihre historischen Rechte, die sie zu haben glaubt. Und sie verweist auf das Versprechen der USA, dem Nachkriegspolen eine Landverbindung zum Meer zu geben. Die Gegenforderung der Deutschen nach einer Volksabstimmung in der Provinz Westpreußen wird von den Siegern abgelehnt. Deutschland muß Westpreußen bis auf kleine Randgebiete mit rein deutscher Bevölkerung bis zum 10. Januar 1920 an Polen übergeben.

    Das von den Siegermächten zum Prinzip der territorialen Nachkriegsordnung erhobene Selbstbestimmungsrecht der Völker wird mit dieser Regelung gebrochen. Die erzwungene Abtretung Westpreußens an das neue Polen wird in Deutschland als Willkürakt der Sieger aufgefaßt. Zum einen schmerzt die Zwangsabtretung der deutschen Bevölkerung nach Polen. Zum anderen ist damit auch Ostpreußen erstmals seit 150 Jahren wieder abgetrennt. Ostpreußen verliert dadurch den direkten Wirtschaftsanschluß an das Deutsche Reich und damit sein Hauptab

    Die Volkszählung von 1910 weist 60% Deutsche, 32% Polen und 7% Kaschuben aus.
    satzgebiet für Landwirtschaftsprodukte. So sinkt z.B. der Verkauf von Rindern in das Reichsgebiet von 1913 bis 1927 von 70.000 Stück auf ganze 1.700. Die Zahlen bei anderen Gütern aus der Landwirtschaft sind ähnlich.

    Der Verlust der Landbrücke zwischen Nordost-Pommern und Ostpreußen ist eines der Kuckuckseier von Versailles. Die Woiwodschaft Pomerellen wird deshalb von 1920 an zur Belastung und zum Streitpunkt im Verhältnis der Deutschen und der Polen. Polen soll nach dem Willen der Siegerstaaten fortan Seemacht auf der Ostsee sein und mit eigener Handelsflotte am Fernhandel über See teilnehmen. England und Frankreich verschaffen Deutschland und Rußland auf diese Weise Konkurrenz. Briten und Franzosen haben von nun an auch einen legalen Grund, zum Schutz der Polen mit Seestreitkräften in der Ostsee aufzukreuzen. Die Abtrennung Ostpreußens vom Reich bedeutet außerdem, daß die deutschen Verkehrsverbindungen zu Lande, zur See und auf dem Luftweg dorthin Polens Kontrolle und Polens Schikanen unterworfen sind.

    1938 und 1939 spitzt sich der Streit zwischen dem Reich und Polen um den Nordteil Pomerellens-Westpreußens zugleich mit dem Streit um Danzig zu. 1938 fordert das Deutsche Reich zunächst nur gesicherte, exterritoriale Verkehrswege durch den Nordteil Pomerellens, durch den sogenannten Korridor. Als Polen das nicht zugesteht, fordert Deutschland eine Volksabstimmung im umstrittenen Gebiet. Bemerkenswert ist dabei, daß Deutschland von Polen bis zum Kriegsausbruch kein einziges Mal verlangt, ganz Westpreußen zurückzugeben.

    Ein Teil der früheren Provinz Westpreußen ist die Stadt Danzig als Hauptstadt der Provinz. Ihre Geschichte ist mit der Westpreußens eng verbunden, doch 1920 rückt sie gesondert in das Rampenlicht der Weltgeschichte. Die Hansestadt wird am 15. November 1920 nach dem Beschluß der Siegermächte ohne Volksabstimmung vom Deutschen Reich getrennt und „unter den Schutz des Völkerbunds gestellt". Die Bürger Danzigs verlieren die deutsche Staatsbürgerschaft und sind nun Staatsbürger eines neu gebildeten „Freistaats Danzig". In Stadt und Umland leben zu der Zeit 340.000 Menschen. 97% der Bevölkerung sind bis dahin deutsch und 3 % sind Angehörige anderer Nationen, meist Polen. Die Bevölkerung

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