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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Westmächte, die im Kriege Deutschlands Gegner waren, spielen sich nicht nur in die Hände; Polen treibt auch gegen Deutschland an. Hitler sagt am 22. August 1939 vor der hohen Generalität: „Es war mir klar, daß es früher oder später zu einer Auseinandersetzung mit Polen kommen mußte". Es hätte dieser Worte Hitlers sicher nicht

    Roos Präventivkriegspläne, Seite 361
Vertrags-Ploetz, Seite 126
Roos, Präventivkriegspläne, Seite 359

    bedurft, um die Generale und Admirale über Polen aufzuklären. Die hohen Offiziere wissen zu der Zeit selber, daß Polen seit 1918 stets im Rücken Deutschlands lauert und bei günstiger Gelegenheit Gewinne macht, Verträge bricht und in Frankreich zum Kriege gegen Deutschland trommelt.

    Polens Bündnispolitik

    Die zweite Säule polnischer Sicherheitspolitik ist ein Netzwerk von Verträgen. Zunächst knüpfen Frankreich und das Kollektiv der Siegermächte dieses Netz. Letztere binden Polen an einen Minderheitenschutzvertrag, um den vorhersehbaren Sprengstoff, den die neu geschaffenen Minoritäten bilden, zu entschärfen und um den Vaterländern dieser Minderheiten den Grund für spätere Interventionen oder Rückeroberungen zu nehmen. Polen empfindet diese Regelung, wie schon erwähnt, als Diskriminierung und kündigt 1934 den Vertrag, der jedoch Teil des Vertragswerks von Versailles ist. In der Literatur wird der polnische Minderheitenschutzvertrag deshalb bisweilen auch als der „kleine Versailler Vertrag" bezeichnet. Polen rüttelt mit dieser Kündigung zum zweiten Mal an der Konstruktion der Pariser Vorortverträge. Das erste Mal war das die Nichtanerkennung der Curzon-Linie. Die polnischen Regierungen demontieren damit eine Friedensordnung, auf die sie sich trotzdem immer wieder selbst berufen; eine Ordnung, die Polen später vielleicht hätte schützen können.

    Das Verhältnis Polen – Frankreich

    Von den Siegermächten ist es besonders Nachkriegsfrankreich, das ein Netz von bilateralen Verträgen spinnt, um Nachkriegsdeutschland einzukreisen. Die Summe der kleinen und mittelgroßen Staaten Osteuropas, die Frankreich durch sein Netzwerk gegen Deutschland bindet, nennt sich in Anlehnung an die Erste-Weltkriegs-Allianz die „Kleine Entente".

    Polen wird für Frankreich zum Hauptpartner dieser Kleinen Entente gegen Deutschland. Am 19. Februar 1921 schließen beide Staaten einen Allianzvertrag. Kern des Vertrags ist das Versprechen, sich im Falle eines nicht provozierten Angriffs durch dritte Staaten gegenseitig beizustehen. Der Vertrag wird gleichen Tages durch eine geheime Militärkonvention ergänzt, die alle Einzelheiten der französischen Unterstützung im Falle eines deutschen oder sowjetischen Angriffs gegen Polen regelt. Frankreichs Absicht hinter den Verträgen ist indessen, daß Polen Frankreich gegenüber Deutschland mit Truppen unterstützt, sollte Frankreich dessen irgendwann einmal bedürfen. 82

    Gamelin, Band II, Seite 466 Taylor, Seite 55
    Als die deutsche Reichsregierung im Oktober 1925 in Locarno Frankreichs Gebietsgewinne aus dem Ersten Weltkrieg anerkennt, schwindet dessen Interesse an einer Unterstützung durch die Polen. Paris ersetzt den bisherigen Allianzvertrag von 1921 noch im gleichen Monat durch einen neuen, jedoch abgeschwächten Garantievertrag 83 , der das sinkende Interesse der Franzosen widerspiegelt. Zum ersten enthält der neue Garantievertrag keine Bestimmungen mehr zum Schutz der Polen im Falle eines Angriffs durch die Russen, und zum zweiten knüpft er den Beistandsfall zugunsten Polens an eine vorherige Völkerbundentscheidung.

    1936, als Hitler Truppen in die entmilitarisierte Rheinlandzone einmarschieren läßt und damit die Wehrhoheit im eigenen Lande wiederherstellt, fühlt Frankreich sich zu schwach, das zu verhindern. Es macht keinen Gebrauch mehr von seiner Möglichkeit, die Kleine Entente zu einer „Strafaktion" gegen Deutschland zu aktivieren. Spätestens von da an weiß man auch in Warschau, daß Paris nicht mehr auf die polnische Karte setzt. Dennoch einigen sich die Regierungen in Paris und Warschau nach der deutschen Rheinlandbesetzung, den alten Allianzvertrag von 1921 wieder als gültig zu betrachten. Doch schon ein paar Monate danach, im August 1936, stellt sich für das polnische Militär heraus, daß Frankreichs Oberbefehlshaber Gamelin nicht mehr dazu bereit ist, genau umrissene Verpflichtungen zu Art und Zeitpunkt des französischen Eingreifens für den Fall eines deutschen Angriffs gegen Polen

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