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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Quintessenz schließt Beck:
    „Eine Nation, die sich selbst achtet, macht keine einseitigen Zugeständ
    nisse."
    Am gleichen Tag, dem 5. Mai, antwortet die polnische Regierung der deutschen auf die Kündigung des Nichtangriffspaktes mit einer Note. 124
    Sie führt darin aus, daß Polen zum ersten ja verhandeln wolle, daß Deutschland zum zweiten immer zugesagt habe, die polnischen Rechte in Danzig zu respektieren und dabei solle es nun auch bleiben, und daß man drittens mit der Antwort, die Lipski am 26. März in Berlin überbracht habe, den Deutschen schon entgegengekommen sei. Man habe angeboten, die weitere Selbständigkeit Danzigs gemeinsam zu garantieren und man habe weitere Verwaltungsvereinfachungen auf den Transitwegen in Aussicht gestellt. Einen Anschluß Danzigs an das Deutsche Reich und exterritoriale Verkehrswege könne es jedoch nicht geben.

    Die polnische Note vom 5. Mai 1939 verlangt die Respektierung der Rechte Polens im Freistaat Danzig, doch genau die sind im abgelehnten deutschen DanzigVorschlag im wesentlichen zugesichert worden. Des weiteren fordert Polen in der Note, daß Deutschland den Nichtangriffspakt von 1934 weiter einhält, weil der

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    British War Bluebook, Document 15
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    nach der Rechtslage und in Wirklichkeit 124
    British War Bluebook, Document 16
    vor Ablauf von 10 Jahren nicht gekündigt werden darf. Dabei wird tunlichst übergangen, daß die Teilmobilmachung des polnischen Heeres und der Aufmarsch von Truppen vor den Toren Danzigs am 24. März selbst Verstöße gegen das Abkommen von 1934 waren. Außerdem beruft sich die polnische Regierung in ihrer Note auf den Kellogg-Pakt, den sie schon viermal selbst gebrochen hat. Im Kern schlägt die polnische Note vom 5. Mai 1939 nichts anderes vor, als daß Deutschland den Verbleib Danzigs außerhalb des Deutschen Reichsverbandes im Verein mit Polen selber garantieren soll.

    Obwohl sich Großbritannien im polnisch-deutschen Streit seit Hitlers Rechtsbruch mit der Rest-Tschechei eindeutig und offen auf die Seite Polens stellt, gibt es auch dort Zweifel an der Haltung der polnischen Regierung. So schreibt der englische Botschafter Henderson am 4. Mai 1939 aus Berlin an seinen Minister Lord Halifax in London:
    „... Wieder einmal ist die deutsche Sache weit davon entfernt, ungerecht
    fertigt oder unmoralisch zu sein ... Meine These war immer, daß Deutsch
    land nicht zur Normalität zurückkehren kann, ... solange nicht seine legi
    timen Forderungen erfüllt worden sind. Die Danzig-Korridor-Frage war
    zusammen mit dem Memelproblem eine von diesen. ... Nach Aussage mei
    nes belgischen Kollegen betrachten fast alle diplomatischen Vertreter hier
    das deutsche Angebot als ein überraschend günstiges. Auch der holländi
    sche Gesandte, der amerikanische Geschäftsträger und mein südafrikani
    125 scher Kollege haben zu mir in diesem Sinne gesprochen... ".
    Nach Becks abweisender Antwortnote und seiner Sejm-Rede vom 5. Mai erkennt Hitler, daß der Anschluß Danzigs ohne Drohung mit dem Krieg und wahrscheinlich sogar ohne Krieg mit Polen nicht zu haben ist. Er beschließt, Polen „bei erster passender Gelegenheit anzugreifen". 126
    Sehr zum Nachteil Polens wendet sich Adolf Hitler nun von seiner bisherigen kleinen Danzig-Lösung ab und hin zu einer großen Polen-Lösung. Was noch schwerer wiegt, er bezieht Polen von jetzt an in seine bis dahin nur vagen Vorstellungen vom „Lebensraum im Osten" ein. In diesem bis dato nicht konkretisierten Lebensraumkonzept ist Polen in Hitlers Wunschvorstellungen bis zum Mai ein möglicher Teilhaber gewesen. Nun wird Polen Opfer. Hitler spricht das in seiner Rede vor den Spitzengeneralen am
    23. Mai 1939 erstmals an.

    Was nun folgt, ist wie der Rutsch auf schiefer Ebene. Im Juni und Juli 1939 nehmen die Drangsalierungen der Minderheiten in Polen, die Grenzzwischenfälle und der Druck aus Danzig derart zu, daß ein spannungsfreies Verhandeln zwischen der polnischen und der deutschen Regierung nicht mehr möglich ist. Ende Juli, Anfang August belastet ein Streit zwischen Polen und dem Danziger Senat um den Zolldienst im Freistaat zusätzlich das deutsch-polnische Verhältnis. Der

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    Documents Brit. Foreign Policy, Third Series, Volume V, Seite 422 ff 126
    Formulierung aus Hitlers „Generals-Rede" vom 23. Mai 1939
    Danziger Senat gibt auf Anraten Hitlers nach, und polnische sowie französische Zeitungen berichten, Hitler sei vor der festen Haltung Polens in die Knie gegangen. 127
    Der Streit beginnt

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