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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Danzig „ein kategorisches Nein" entgegenzusetzen. Auch die Erwähnung der Kriegsbereitschaft Englands und Frankreichs ist an diesem Tag des Ribbentrop-Besuchs in Warschau nicht einfach so dahergesprochen.

    Im Januar 1939, als Deutschland noch immer nur Danzig und die Transitwege fordert und dafür den endgültigen Verzicht auf Westpreußen, Posen und OstOberschlesien anbietet, lehnt Frankreich eine solche Lösung ab. Zu diesem Zeitpunkt kann es noch nicht um eine Bestrafung Deutschlands für die Besetzung der Tschechei gegangen sein. Es geht den Franzosen erkennbar darum, die Reste von Versailles zu erhalten und eine endgültige Aussöhnung der Deutschen und der Polen zu verhindern.

    110
    Paul Karl Schmidt, Seiten 64 f
    Sechs Wochen nach dem Warschau-Treffen ergibt sich für Polen eine Chance, das deutsche Drängen in Zukunft mit Englands Rückendeckung offen abzuwehren. Die Chance tut sich auf, als am 16. März 1939 Hitler deutsche Truppen in den Rest der zerfallenden Tschechoslowakei marschieren läßt, und die deutsche Bevölkerung im abgetrennten Memelland in einem Volksaufstand den Anschluß an das Deutsche Reich verlangt. Letzteres spielt eine Rolle, weil die Reichsregierung daraufhin fünf Tage später die drei in Ostpreußen stationierten Wehrmachtsdivisionen nach Norden an die Grenze zum Memelland verlegt. 111
    Polen
versteht es, beides, die Tschechei-Besetzung und die deutschen Truppen an der
Memel-Grenze auszunutzen.

    Karte 31: 21. März 1939 deutsche Truppen marschieren an der
litauischen Grenze auf

    Hitler annektiert mit der Tschechei erstmals ein nicht deutsches Land, und er handelt damit gegen den ausdrücklichen Willen Frankreichs und Englands, die Tschechoslowakei als eigenständigen Staat in Ostmitteleuropa zu erhalten. Polens Außenminister Beck nutzt die Verärgerung der Briten und bittet die Londoner Regierung um ein Schutzabkommen gegen Deutschland. Polens Marschall

    111
    Benoist-Méchin, Band 7, Seite 101
    Rydz-Śmigły bedient sich gleichzeitig der Verlegung deutscher Truppen an die Memelländer Grenze zu einem zweifelhaften Schachzug. Er läßt mit der Begründung, die Deutschen wollten Danzig annektieren, einen Teil der polnischen Streitkräfte mobilisieren, ruft drei Reservistenjahrgänge und Tausende von Spezialisten in die Kasernen, erhöht die Truppenstärke der Armee um über 330.000 Soldaten und läßt Kampfverbände in Richtung Danzig und Pomerellen aufmarschieren. 112

    Karte 32: März 1939 Verlegung polnischer Truppen an die
    Grenzen zu Ostpreussen und Hinterpommern

    Dieser rasche und so nicht vorhergesehene Gang der Dinge überschneidet sich mit dem nächsten Versuch des deutschen Außenministers, mit Polen erneut Verhandlungen über Danzigs Zukunft aufzunehmen. Von Ribbentrop sieht die gärende Entwicklung bei den Polen und versucht, einer weiteren Zuspitzung der antideutschen Stimmung dort zuvorzukommen. Am 21. März ersucht er Botschafter Lipski, nach Warschau zu fahren und seiner Regierung die offizielle deutsche Bitte um neue Verhandlungen zu übermitteln. Es ist mittlerweile der vierte Versuch von deutscher Seite, das Danzig-Problem auf dem Verhandlungsweg zu lösen.

    112
    Taylor, Seite 271 und Roos, Planung Polens, Seite 194
    Fast zur gleichen Zeit liegt das polnische Begehren um einen Schutzvertrag in London vor. Die Briten sagen zu, und Polen schwenkt von jetzt auf gleich zu neuen Gepflogenheiten gegenüber Deutschland um. Statt wie im deutsch-polnischen Vertrag von 1934 vereinbart, die bilateralen Streitigkeiten zu verhandeln, folgt nun die Rydz-SmigJy-Geste. Warschau macht teilmobil und läßt Truppen vor der Stadt aufmarschieren, über die nach deutschem Wunsch verhandelt werden sollte. Diese Drohgebärde als Antwort auf ein Verhandlungsersuchen widerspricht dem Geist des deutsch-polnischen Vertrages, in dem die zwei Vertragsparteien zur Lösung ihrer Streitigkeiten vereinbart haben:
    „ Unter keinen Umständen werden sie jedoch zum Zweck der Austragung
    113 solcher Streitfragen zur Anwendung von Gewalt schreiten."
    Zu der Zeit gibt es von Seiten der deutschen Reichsregierung noch keine einzige Drohung gegenüber Polen.

    Am 26. März 1939 kehrt Botschafter Lipski nach Berlin zurück und übergibt ein Antwortmemorandum 114
    , mit dem der polnische Außenminister übermitteln läßt, daß ihm an gutnachbarlichen deutsch-polnischen Beziehungen gelegen ist, und daß man miteinander sprechen könne. Doch in der Sache ist die Antwort ein mit diplomatischen

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