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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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von deutschen Bauern besiedelt worden ist. 136
    Dieser Text in „Mein Kampf ist eine allein auf die Vergangenheit bezogene Betrachtung. Es fehlt jeder Hinweis auf eine von ihm anvisierte Revision der Grenzen oder gar auf eine spätere Eroberung des Nachbarlandes Polen. „Mein Kampf kann nicht als Beweis für eine frühe Absicht Hitlers dienen, sich später an Polen zu vergreifen.

    Hitler legt im Jahre 1923 – damals erst 34 Jahre alt – in seinem Buche dar, was ihn zu der Zeit bewegt. Dabei spielt seine stark empfundene nationale Identität eine große und für ihn richtungweisende Rolle. Hitlers Nationalbewußtsein hat sich im Vielvölkerstaat des alten Habsburg herausgebildet, in dem die Deutschen inzwischen zur 23-Prozent-Minderheit neben einer ansonsten slawischen und ungarischen Mehrheit geworden waren. Seine Vorstellungen drehen sich im Buch „Mein Kampf als Folge dessen immer und immer wieder um das Überleben des Deutschtums in dieser inzwischen slawisch majorisierten Umwelt. So sieht Adolf Hitler 1923 die Weltpolitik als Kampf der Völker um ihren Platz auf Erden. Das Erleben, Minderheit im eigenen Land zu sein, hat in Hitler offensichtlich eine Animosität gegen alle Slawen hinterlassen, gleich ob es Polen, Tschechen oder Russen sind. Selbst das läßt nicht den Rückschluß zu, daß Hitler beim Schreiben seines Buches schon an Krieg mit Polen denkt.

    136
    Hitler, Seiten 297f und 429 f
    10 Jahre nach „Mein Kampf wird Hitler Kanzler. Sein erster Auftritt vor den Befehlshabern der Reichswehr am 3. Februar 1933 – vier Tage nachdem er selbst ins Amt gekommen – spiegelt die beschriebene Grundeinstellung wieder. Der frischgebackene Reichskanzler Hitler spricht hier vor den Spitzengeneralen und stellt ihnen dabei erstmals sein Programm in großen Zügen vor: den Kampf gegen Versailles, den Wiederaufbau einer Wehrmacht und die Förderung der deutschen Wirtschaft und des Außenhandels. Zu letzterem Thema führt er aus, daß
    „ vielleicht neue Exportmöglichkeiten erkämpft werden müßten oder viel
    leicht – und das wäre wohl besser – neuer Lebensraum im Osten erobert
    137
    und rücksichtslos germanisiert werden müßte".
    Bei diesem Hinweis denkt man heute unwillkürlich an die spätere Eroberung des Staates Polen. Doch in der zitierten Rede wird Polen nicht erwähnt. So bleibt offen, ob Hitler im Februar 1933 schon an Polen denkt. Für die anwesenden Generale sind Hitlers Ausführungen zu Versailles eine Selbstverständlichkeit gewesen. Die Beteuerungen zum Wiederaufbau einer Wehrmacht haben sie sicherlich mit Erleichterung vernommen. Schon die zwei Regierungschefs vor Hitler hatten ja damit beginnen wollen. Die Überlegungen des neuen Kanzlers zum Lebensraum Osten sind den Generalen angesichts der realen Verhältnisse im Jahre 1933 wahrscheinlich eher als ein unausgegorenes Fabulieren denn als eine ernstzunehmende Absichtserklärung vorgekommen. Die Sorge der Generalität ist zu der Zeit die Verteidigungsfähigkeit des Reichs gewesen und nicht mehr. Dennoch, Hitler spricht hier von Lebensraum im Osten, aber Polen wird dabei nicht genannt.

    Als nächstes hätte man erwarten können, daß Hitler die Polenpolitik all' seiner Vorgänger seit 1918 fortsetzt und eine harte Linie gegenüber Warschau fährt. Das um so mehr, als Polen Hitlers Amtsantritt mit der Provokation der Truppenanlandung auf der Danziger Westerplatte und mit dem Versuch begleitet, Frankreich zu einem Angriffskrieg gegen Deutschland zu bewegen. Hitler erfährt von Polens Kriegsabsichten im April 1933. 138
    Nun ist erstaunlich, wie er reagiert.
Hitler sucht, statt mit gleicher Münze heimzuzahlen, Friede mit den Polen. Im
Januar 1934 wird auf deutschen Vorschlag hin ein Deutsch-Polnischer Nichtan
griffspakt geschlossen. 139
    Im Vertrag wird zwar auf Krieg als Mittel der Auseinandersetzungen verzichtet, aber Deutschland hält sich spätere Verhandlungslösungen für eigene territoriale Forderungen offen.

    Nach Marschall Piłsudskis fehlgeschlagenen Versuchen, Frankreich zu einem Krieg gegen Deutschland zu animieren, lenkt auch Polen ein. Die zwei Diktatoren Hitler und Piłsudski entdecken einen teilweisen Gleichlauf der Interessen, der dann für die kommenden fünf Jahre zu einer Beruhigung der deutsch-polnischen Beziehungen führt. Die Regime Polens und des Deutschen Reichs sind sich zu

    137
    Jacobsen, Seite 81
    138
    Roos, Präventivkriegspläne, Seite 361
    139
    Deutsch-Polnisches Nichtangriffsabkommen vom 26. Januar 1934
    der

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