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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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tschechischen, ungarischen und polnischen Herrschaftsansprüchen hin- und hergerissen, ehe sie im Jahre 1018 zusammen mit der

    Ingrim, Seite 95

    Karpato-Ukraine Teil des ungarischen Königreiches wird. So stehen Slowaken und Ruthenen – obwohl verschiedene Völker – von 1018 bis 1919 gemeinsam unter der ungarischen Krone. Erst als Ungarn Teil des habsburgischen Weltreichs wird, kommen die Tschechen, Slowaken und Ruthenen unter diesem Dach in politische Berührung. Der Zusammenbruch des habsburgischen Weltreichs am Ende des Ersten Weltkriegs bietet Exiltschechen und Exilslowaken in den USA die Chance, von dort aus bei den Siegermächten in Saint-Germain ein eigenes Land für Tschechen und Slowaken einzufordern. Am 30. Mai 1918 schließen die Vertreter tschechischer und slowakischer Exilorganisationen in Pittsburg, USA, ein Abkommen, in Zukunft gemeinsam einen eigenen Staat zu gründen. Dabei sichern die Tschechen den Slowaken im Vertragstext zu:
    „Die Slowakei wird ihre eigene Verwaltung, ihr Parlament und ihre Ge
    richte haben. Die slowakische Sprache wird zum Amtssprache in
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    Schulen, Behörden und im öffentlichen Leben überhaupt."
    In Hoffnung auf eine Gleichberechtigung im neu geschaffenen Staat der Tschechoslowakei binden sich die Slowaken für die nächsten 20 Jahre an die sprachverwandten Tschechen.

    Die Ruthenen, die sich selber Karpato-Ukrainer nennen, landen mit einer ähnlichen Vereinbarung, die Exiltschechen mit Exilruthenen in Cleveland USA abschließen, ebenfalls im Staat der Tschechen und Slowaken. Sie fühlen sich nach ihrem Volkstum als Teil des großen, auf die Sowjetunion, auf Polen und auf die Tschechoslowakei verteilten ukrainischen Volkes. Sie streben nach langer Fremdherrschaft eher in eine neue Gesamtukraine als zu den Tschechen und Slowaken. Ihr nicht verhehlter Wunsch nach einer Großukraine bringt ihnen Argwohn und Gegnerschaft in Warschau und in Moskau ein.

    Die Tschechoslowakei als Vielvölkerstaat

    1938 zählt die Tschechoslowakei neben 6,7 Millionen Tschechen auch 3,1 Millionen Deutsche, 2 Millionen Slowaken, 734tausend Ungarn, 460tausend Ruthenen (Ukrainer), 180tausend Juden, 75tausend Polen und 240tausend Menschen anderer Herkunft. Die Tschechen stellen damit im eigenen Staat nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung.

    Die bunte Völkermischung ist in erster Linie das Ergebnis der Absicht der Weltkriegssiegermächte, das bis dahin mächtige Österreich-Ungarn in viele Staaten aufzuteilen. So werden hier Menschen und Territorien einem neuen Staate zugeschlagen, dessen Bevölkerung und Gebiete nie zuvor in der Geschichte eine Einheit, geschweige denn ein Staat gewesen sind. Der Status dieses neuen Staatsgebildes ist in den Verträgen von Saint-Germain, von Trianon und von Versailles

    ODSUN-Dokumente, Seite 483
    Die letzte selbständige Ukraine war 1667 zwischen Rußland und Polen aufgeteilt worden

    Karte 10: Der Vielvölkerstaat Tschechoslowakei

    festgeschrieben 66 . Die Verträge bestimmen, daß jede der genannten Minderheiten ihre innere Autonomie in der neuen Tschechoslowakei erhalten soll. Von Seiten der Exiltschechen wird das auch so zugesagt. Der tschechische Delegierte Eduard Benes teilt den Siegermächten von Versailles diese Absicht als Versprechen in einer Note vom 20. Mai 1919 schriftlich mit:
    „Die tschechoslowakische Regierung hat die Absicht, ihren Staat so zu or
    ganisieren, daß sie als Grundlage der Nationalitätenrechte die Grundsät
    ze annimmt, die in der Verfassung der schweizerischen Republik zur Gel
    tung gebracht werden, d.h., sie will aus der Tschechoslowakischen Repu
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    blik eine bestimmte Art Schweiz machen."
    Doch nur die Exil-Tschechen, -Slowaken und -Ruthenen haben zu dieser neuen Staatengründung einen Bund geschlossen 68 . Die anderen Volksgruppen landen ungefragt, durch das Diktat der Siegermächte und durch Gewaltanwendung in diesem neuen Staat.

    Schon die Verfassung der neuen Tschechoslowakei von 1920 löst die Zusagen für eine Autonomie nicht für alle Minderheiten ein. Nur den Ruthenen wird mit Artikel 3 ein autonomes Gebiet, die Karpato-Ukraine, zugestanden. Die Verfassung sichert ihnen darin ein eigenes Landesparlament mit der Befugnis zu, Gesetze zu Fragen der Sprache, der Erziehung, der Religion und der örtlichen Verwaltung zu

    Art 27 und 53 bis 58 des Vertrags von Saint-Germain, Art 27 und 48 bis 52 des Vertrags von Tria
non und Art 27 und 81 bis 86 des Vertrags von Versailles
Wellems, Seite 127
    Tschecho-Slowakische

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