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Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Der Krieg, der viele Vaeter gatte

Titel: Der Krieg, der viele Vaeter gatte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schultze-Rhonhof
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Brief vom 13. Januar ab.

    Der Roosevelt-Weltfriedensplan – obwohl gescheitert – ist der Anlauf, die USA vom Platz des Ersten Geigers auf das Dirigentenpult zu bringen. Der Anspruch des Präsidenten, eine neue Weltfriedens- und Weltwirtschaftsordnung quasi im Alleingang zu gestalten, läßt diesen Rückschluß zu. Der Plan ist zweitens der Versuch, den USA die kolonialen Märkte und Ressourcen anderer Staaten zu erschließen. Der Weg, den Plan vorab nur mit den Briten zu erörtern, zeigt das Bemühen, England vom wirtschaftlichen und seestrategischen Konkurrenten zum angeleinten Verbündeten zu machen. Und drittens liegt der Plan im Zug der Quarantäne-Politik. Roosevelt hätte mit den Beschlüssen von zehn kleinen Staaten und mit der Zustimmung der Briten und Franzosen die Deutschen und die Italiener zwingen können, die Regeln Amerikas zu akzeptieren oder sich, für jeden sichtbar, außerhalb der „Staatengemeinschaft" zu stellen.

    So hat Roosevelt einen Führungsanspruch außerhalb des eigenen Landes angemeldet, obwohl der Kongreß daheim auch weiterhin auf der Neutralität der USA besteht. Er hat zudem die neue britisch-amerikanische Waffenbrüderschaft für einen nächsten Krieg schon arrangiert, noch ehe Hitler Österreichs Anschluß fordert. Und er gibt die beiden informellen Schutzversprechen an Kanada und England ausgerechnet zu der Zeit, in der die deutsche Reichsregierung mit England, Frankreich und Italien um die deutsche Zugehörigkeit und Zukunft der sudetendeutschen Bürger in der Tschechoslowakei ringt.

    Der Anschluß der Sudetengebiete und die Unterwerfung der Tschechei

    Der nächste Erfolg des Politikers Hitler, deutsche Menschen und deutsche Landschaften „heim ins Reich" zu holen, trägt in sich schon den Keim des späteren Untergangs des Dritten Reichs. Im September 1938 gelingt es Hitler auf der „Konferenz von München", die Gebiete der Tschechei, in denen seit altersher überwiegend Deutsche leben, nämlich die Sudetenlande, durch Drohung und Verhandlung Deutschland anzuschließen. Die Drohung, den Anschluß notfalls mit der Wehrmacht zu erzwingen, führt allerdings zum neuen Schulterschluß der früheren Weltkriegsgegner gegen Deutschland. Mit der Annexion der RestTschechei ein halbes Jahr danach gibt Hitler diesen Gegnerstaaten dann den Grund, wenig später in der Danzig-Frage Partei für Polen und gegen Deutschland zu ergreifen und aus einem ursprünglich nur lokalen Grenzkonflikt zwischen dem Deutschen Reich und Polen einen weiteren Weltkrieg zu entfachen.

    Die historischen Wurzeln der Tschechoslowakei

    Die Tschechoslowakei, ein erst 1919 entstandener Kunststaat, ist nach dem Ersten Weltkrieg von den Siegermächten aus Landesteilen zusammengefügt worden, die vormals österreichisch, ungarisch, deutsch oder polnisch waren. Vor der Ewigkeit der fast 1000jährigen Zugehörigkeit der Landesteile zu den genannten Nachbarländern erscheinen die nur 19 Jahre der Tschechoslowakei den Regierungen in Wien, Budapest, Berlin und Warschau 1938 wie die Lebensdauer einer Eintagsfliege. Es fehlt der neuen Tschechoslowakei die Legitimation, die sich aus einer eigenen Geschichte speist. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, daß die Regierungen aller Nachbarstaaten, einschließlich Adolf Hitlers, den Tschechen 1938 und 39 das Recht auf Eigenstaatlichkeit verweigern.

    Der Doppelname Tschechoslowakei verweist auf zwei verschiedene Völker oder zwei verschiedene Landesteile. Der Name verschleiert, daß im neu geschaffenen Staat die größten Völker Tschechen und Sudetendeutschen sind und nicht Tschechen und Slowaken, und er läßt nicht erkennen, daß der neue Staat drei Landesteile hat und nicht nur zwei. Die Karpato-Ukraine, ganz im Osten der Tschechoslowakei, bildet mit ihrer ruthenisch-ukrainischen Bevölkerung ein eigenes Gebiet. Die eng verwandten Sprachen Tschechisch und Slowakisch verbinden Tschechen und Slowaken, doch die Geschichte trennt sie. Daneben stehen Slowaken und Ruthenen mit gemeinsamer Geschichte, doch mit zwei verschiedenen Sprachen.

    Die Tschechei mit ihren zwei Landesteilen Böhmen und Mähren ist sehr früh schon in Abhängigkeit zum Deutschen Reich geraten. Nach 800, zur Zeit Karls des Großen, werden Böhmen und Mähren zunächst dem deutschen Kaiser gegenüber zum Tribut verpflichtet. 929 wird Böhmen erstmals und 950 endgültig

    Karte 9: Tschechoslowakei 1920-1938

    von deutschen Königen und Kaisern unterworfen. Ab 1041 gehören beide Landesteile auf Dauer bis

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