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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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konnte, wenn die Marsbewohner die Stadt besetzt hielten. Er ließ Phelps wissen, daß er versuchen würde, sich in die Hauptstadt durchzuschlagen. Dann setzte er Martha von seinem Vorhaben in Kenntnis.
    Sie umklammerte seine Hände. "Bitte, bleib!" flehte sie ihn an. "Die Gefahr . . . "
    "Wer einen Beruf wie ich ausübt, fühlt sich von der Gefahr angezogen. "
    "Aber ich brauche dich hier."
    "Ich habe Verpflichtungen dir gegenüber", sagte Holm es sanft. "Aber meine Verpflichtung der Menschheit gegenüber ist es im Moment, den Feind aus der Nähe zu beobachten. Wenigstens bist du hier einigermaßen sicher."
    Am Dienstag informierte ein Telegramm aus Birmingham Holmes, daß der fünfte Zylinder bei Sheen in Surrey niedergegangen sei. Er verbrachte den Tag damit, Flüchtlinge zu befragen, um sich ein besseres Bild von den Absichten der Invasoren machen zu können. In dieser Nacht schreckte er immer wieder aus dem Schlaf hoch. Würden die Marsbewohner die Menschen versklaven? Sie hatten doch Maschinen, die ihnen dienten. Aber worin lag dann der Grund für ihren Angriff? Er war immer noch mit diesen Problemen beschäftigt, als ihn am Mittwoch morgen die Nachricht erreichte, nicht ein, sondern gleich zwei Zylinder seien gelandet - der sechste bei Wimbleton in Surrey, der siebente auf dem Primrose Hill nordöstlich von London. Holmes und Dr. Fordham sprachen beim Frühstück in der Gaststube darüber.
    "Wie ist es möglich, daß zwei Zylinder zugleich eintreffen?" fragte Fordham. "Sie wurden doch in Abständen von vierundzwanzig Stunden abgeschickt."
    "Mein lieber Doktor, Sie erinnern mich an einen anderen Mediziner, meinen werten Freund Watson", erwiderte Holmes. "Es dürfte mittlerweile klar sein, daß jene Zylinder nicht einfach vom Mars abgefeuert wurden wie Kugeln auf ein Ziel. Die Dichte der Landungen läßt darauf schließen, daß die Marsbewohner sehr wohl in der Lage sind, den Flug zu steuern.
    "Aber wenn ihr Ziel Surrey ist, weshalb landen sie dann in London?"
    "Für die ersten Zylinder wählten sie ein verhältnismäßig freies Gebiet, um das Terrain und seine Gefahren zu erkunden. Aber nun, da sie London besetzt halten und unbesorgt innerhalb der Stadtgrenzen landen können, ist der Primrose Hill, der sich ein Stück über die umliegenden Bezirke erhebt, ein idealer Befehlsstand."Trevor kam an ihren Tisch.
    "Ein Zug wird versuchen, in die Nähe von London zu gelangen und Flüchtlinge aufzunehmen", berichtete er.
    "Da Sie entschlossen sind, in die Hauptstadt zu gehen, bringe ich Sie nach Langmere - auch wenn ich persönlich Ihr Vorhaben für tollkühn halte."
    Holmes sprang auf. "Gut", rief er. "Verlieren wir keine Zeit!"
    Der Flüchtlingszug war sehr lang. Die Begleitmannschaft bestand aus Freiwilligen, und außer Holmes befanden sich keine Passagiere in den Waggons. In Cambridge erfuhr Holmes, daß die Marsbewohner London mit Leichtigkeit erobert hatten und daß einige ihrer Maschinen die flüchtenden Menschenmassen nach Osten getrieben hatten - bis ans Meer. Wozu diese Verfolgung? überlegte er. Welchen Nutzen ziehen sie daraus? Als sie von Cambridge aus ihren Weg fortsetzten, glitt ein bedrohlicher Schatten über den Zug. Holmes sah aus dem Fenster. Gegen den Junihimmel zeichnete sich ein ferner, runder Gegenstand ab, der an eine fliegende Untertasse erinnerte. Er zog eine Schleife über den Flüchtlingszug. Der Lokführer beschleunigte die Fahrt, und die Flugmaschine drehte zum Horizont ab. Der Zug hielt in Ware. Die Mannschaft begab sich mit großer Hast auf den Bahnsteig, und zwei oder drei Männer führten eine erregte Debatte. Holmes stieg ebenfalls aus. Der Lokführer erklärte gerade mit Nachdruck, daß er den Zug keinen Meter näher an London heranbringen wolle, daß er im Gegenteil beabsichtige, in eine Ausweichstelle einzufahren und zu wenden.
    "Und Ihre Pflicht gegenüber den Flüchtlingen?" fragte Holmes.
    "Wir haben hier in Ware genug Leute, um den Zug voll zu bekommen, wenn sie sich beeilen", entgegnete der Lokführer ungeduldig. "Dieses fliegende Ding hat mich fertiggemacht, jawohl. Es kreiste über uns wie ein Habicht über einem fliehenden Hasen."
    "Wenn die Maschine es auf den Zug abgesehen hätte, könnte sie ihn bei der Rückkehr ebensogut überfallen", sagte Holmes. "Leben Sie wohl."
    "Wohin wollen Sie, Sir?"
    "Nach London", erklärte Holmes und verließ den Bahnsteig. Er folgte einem Pfad. entlang der Gleise, der von Hecken gesäumt wurde, so daß er sich im Notfall verstecken konnte.

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