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Der Krieg der Welten

Der Krieg der Welten

Titel: Der Krieg der Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. G. Wells
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mit einiger Heftigkeit gegen die telepathische Theorie geschrieben.
    Die Marsleute trugen keinerlei Kleidung. Ihre Begriffe von Sitte und Anstand waren natürlich von den unseren verschieden. Auch waren sie offenbar gegen den Witterungswechsel viel weniger empfindlich, als wir es sind, und dieser scheint ihre Gesundheit überhaupt nicht ernstlich gefährdet zu haben. Aber wenn sie auch keine Kleider trugen, so waren es doch jene andern künstlichen Zutaten ihrer körperlichen Fähigkeiten, in denen ihre große Überlegenheit über die Menschen bestand. Wir Menschen mit unsern Fahrrädern und Schlittschuhen, unsern Flugmaschinen, Flinten und Stöcken und so weiter stehen gerade an der Schwelle jener Entwicklung, welche die Marsleute bereits hinter sich haben. Sie sind tatsächlich eine bloße Gehirnmenge geworden, besitzen Körper, die ihren Bedürfnissen angepaßt sind, genauso wie Menschen ihre Stoffanzüge tragen oder nach dem Fahrrad greifen, wenn sie in Eile sind, oder nach dem Regenschirm, wenn es regnet. In bezug auf die Hilfsmittel der Marsleute ist für die Menschen vielleicht nichts wunderbarer als die merkwürdige Tatsache, daß ihnen jener Mechanismus, der der irdischen Technik so sehr das Gepräge verleiht, vollständig fehlt: das Rad. Unter allen den Dingen, die sie auf die Erde mitbrachten, ist nicht die leiseste Spur zu entdecken, die den Gebrauch von Rädern andeutete. Man hätte es wenigstens als Fortbewegungsmittel erwarten können. In diesem Zusammenhang muß übrigens auffallen, daß selbst auf unserer Erde die Natur niemals auf das Rad abzielte oder irgendwelche Voraussetzungen zu einer Entstehung schuf. Und die Marsleute kannten entweder das Rad nicht (was ich für unwahrscheinlich halte) oder sie benutzten es nicht. Jedenfalls ist in ihren Werkzeugen die fixe oder relativ fixe Achse mit den um sie herum kreisenden Bewegungen auffallend selten. Fast alle Glieder ihrer Maschinen stellen ein verwickeltes Gefüge von schleifenden Teilen dar, die sich auf kleinen, aber prächtig geschwungenen Reibestützen bewegen. Und da ich schon bei diesen Einzelheiten bin, will ich noch hervorheben, daß die langen Hebelarme ihrer Maschinen in den meisten Fällen mittels einer Art Schein-Muskulatur von Scheiben in elastischen Scheiden in Bewegung gesetzt werden; diese Scheiben werden polarisiert und dicht und mächtig zusammengezogen, wenn ein elektrischer Strom durch sie geleitet wird. Auf diese Weise entstand die merkwürdige Ähnlichkeit mit animalischen Bewegungen, die auf den menschlichen Beobachter so auffallend und verwirrend wirkte. Solche Quasimuskeln fanden sich besonders häufig bei der krebsähnlichen Greifmaschine, die ich beobachtete, wie sie den Zylinder auspackte. Diese Maschine glich unendlich mehr einem lebenden Wesen als die wirklichen Marsleute, die drüben im Licht der untergehenden Sonne lagen, heftig keuchten, ihre kraftlosen Fühler regten und sich nach ihrer endlosen Reise nur mühsam bewegen konnten.
    Während ich noch ihre schwachen Bewegungen im Sonnenlicht beobachtete und mir jede seltsame Einzelheit ihrer Erscheinung genau einprägte, erinnerte mich der Kurat an seine Anwesenheit, indem er mich heftig am Arm zerrte. Ich drehte mich um und erblickte sein mürrisches Gesicht und seine schweigend beredten Lippen. Er wollte jetzt wieder an die Spalte, die immer nur einem Platz bot; und so mußte ich einige Zeit dem Kuraten weichen.
    Als die Reihe wieder an mich kam, hatte die geschäftige Greifmaschine bereits einige Gegenstände aus dem Zylinder zu einem Apparat zusammengefügt, der eine unverkennbare Ähnlichkeit mit ihrer eigenen Form besaß. Und weiter unten zur Linken tauchte jetzt ein kleines spatenartiges Werkzeug auf, das Strahlen grünen Dampfes ausstieß und sich seinen Weg rund um die Grube bahnte, indem es planvoll und bedächtig Erde aushöhlte und aufschichtete.
    Dieses Werkzeug war es, das jenes regelmäßige, stoßende Geräusch und die fast rhythmischen Erschütterungen hervorgerufen hatte, die unseren in Trümmern liegenden Zufluchtsort erbeben machten. Während es arbeitete, tutete und pfiff es unaufhörlich. Soviel ich sehen konnte, arbeitete das Ding ohne jede Unterstützung eines Marsmannes.
     

3. Die Tage der Gefangenschaft
     
    Die Ankunft einer zweiten Kriegsmaschine trieb uns von unserem Guckloch in die Waschküche zurück, denn wir fürchteten, daß der Marsmann von seiner Höhe herab uns hinter unserer Schanze zu Gesicht bekommen könnte. Mit der Zeit aber

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