Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
noch einmal hörbar und machte sich dann ebenfalls rasch und schmollend davon.
Bald später führte Hamafin die Gefährten über die sonderbare Stätte mit den Steinpfeilern hinweg nach Süden. Dort tauchten sie in einen lichten Wald ein, dessen Bäume windschief und karg und teilweise umgestürzt und geborsten waren. Ganz offenbar hatten sie schon bessere Zeiten gesehen. Danach wandten sie sich nach Osten und durchquerten ein windiges, lichtarmes Tal, das von hohen Nadelbäumen und den überstehenden Klippen einiger Hügel und Felsformationen beschattet war und in dem sie einen kleinen Fluss zu ihrer Rechten über ein Gefälle plätschern hörten. Schließlich erklommen sie wieder eine Steigung, und dann ging es abermals in eine Ebene hinunter, die dieses Mal nach allen Seiten hin offen gestaltet war.
Die ganze Zeit über hatten die Menschen und die Elben befürchtet, dass sie aus diesem unliebsamen, düsteren Land niemals wieder herauskommen würden. Und sie hatten sich gefragt, was wohl solch kleine, friedliebende Wesen, wie die Mucklins es angeblich waren, dazu bewogen hatte, sich ausgerechnet hier niederzulassen. Nun aber erstrahlte die Landschaft vor ihnen, die versteckt zwischen Auen und Hügeln, Wäldern und Feldern, Bächen und Seen lag und über keine bekannten Wege erreicht werden konnte, in einem gänzlich anderen Licht.
Das Tiefland, das sie soeben betreten hatten, war mit einem leuchtend grünen Wiesenteppich bewachsen, ebenso zogen sich Gräser und Büsche die Hänge der Almen hinauf, die nur so wimmelten vor bunten Anemonen, Pfingstrosen, Edelweiß, Orchideen und Heilkräutern. Ein größerer See, der zwischen den sanften Hängen im weichen Nachmittagslicht glitzerte, wirkte wie ein blaues Auge, in dem sich die Silhouetten von Wolken, Felsen und Bäumen spiegelten. Auch die Tierwelt schien an diesem Ort zu einem neuen Vergnügen erwacht zu sein, so sahen sie Eichhörnchen, Biber, Hermeline und andere eifrig und seltsam zutraulich in ihrer Nähe herumtollen. Und über alledem stand groß und golden die Sonne und strahlte sie an wie eine gute Gastgeberin, die ihre vielen Arme freundlich über sie ausgebreitet hatte.
„Das hier ist das Mucklinland!“, sagte Hamafin und machte eine einladende Geste, wie um den freundlichen Empfang noch zu unterstreichen. „Das Hinterland von Nalënor weist in der Tat einige Überraschungen auf, wie Ihr seht.“
„Beeindruckend, sehr beeindruckend“, murmelte Lotan der Heiler wiederholt. „Irgendwo in dieser abgeschiedenen Gegend soll auch mein alter Freund Marix leben, der wie ich ein Schüler Zarudins war. Er hat sich schon immer für die Erforschung der Natur und unserer tierischen Freunde interessiert, und ich muss sagen, dass er für solche Studien keinen schlechten Ort gewählt hat.“
Sie gingen das Tal entlang und kamen auf diese Weise bis zu einer Anhöhe, die zu einer ausgedehnten Hochebene hinauf führte. Hamafin führte seine Begleiter forschen Schrittes voran, und es war deutlich zu sehen, dass er sich hier gut auskannte.
„Wo sind denn diese Mucklins nun? Halten die sich etwa in der Erde versteckt oder müssen wir auf die Bäume klettern, um nachzusehen?“, fragte Lemdred die beiden Elben, die der Gemeinschaft vorangingen.
„Sowohl als auch, mein Freund“, antwortet Hamafin, der mittlerweile bei sehr guter Launewar. „Seht Ihr die Findlinge, die da drüben liegen? Unter manchen von ihnen befinden sich Eingänge zu Wohnhöhlen, denn tatsächlich sind sie steinerne Hülsen, die nur so aussehen, als seien sie massiv und zur Hälfte in die Erde eingelassen. Oder dort – die geborstenen Baumstümpfe, die überall auf der Wiese verteilt sind. Mit ihnen verhält es sich genauso. Sie sind in Wirklichkeit nichts anderes als Türen oder Luken, die man mit wenig Kraft öffnen kann. Und täuscht Euch nicht, was die Bequemlichkeit solcher Behausungen angeht – sie sind größer, als man denken mag, und die Mucklins legen großen Wert auf eine gemütliche Ausstattung.“
Gerade passierten sie einen hoch gewachsenen Busch mit gelben, kelchförmigen Blüten, als eine Stimme zu ihnen drang. Sie wirkte tief, melodisch und verzerrt und schien merkwürdigerweise genau aus dem Strauch zu kommen. „Hier gibt es weder Mucklins noch andere Wesen, die Euch freundlich gesonnen sind! Flieht, Ihr Elenden, ehe die Nalën und ihre gespenstischen Verbündeten aus den Gräbern auferstehen und Eure Seelen rauben, wenn mit der Nacht ein kalter Nebel kommt ...“
Die
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