Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
hielten sie südwestliche Richtung und durchquerten ein welliges Land, das von vielen Tälern und Bächen zerfurcht wurde und in dem widerspenstige Haine, Büsche und Dickichte wucherten. Am Abend unterbrachen sie ihre Wanderung dann in einer grasbewachsenen und von hohen Heidelbeersträuchern geschützten Senke und machten Rast.
Pandialo beschwatzte Alva solange, bis sie einwilligte, im letzten Licht des schwindenden Tages eine Runde Fechttraining zu nehmen. Die beiden stellten sich mit gezückten Klingen gegenüber, woraufhin der Graf zunächst einmal zu weit ausschweifenden Erläuterungen überden richtigen Stand, Körper-und Griffhaltung ansetzte. Anscheinend erkannte jedermann die anschwellende Ungeduld der Prinzessin, nur eben er nicht. „Wir Ihr wisst, war es meiner Wenigkeit vergönnt, beim letztjährigen Fechtturnier von Griont als Sieger zu triumphieren, Eure Hoheit. Normalerweise gebe ich deshalb solche Lehrstücke meiner Kunst nur gegen Gebühr zum Besten – mein ausgeprägter Geschäftssinn, um den mich so viele beneiden, Ihr versteht – aber für Euch ...“
„Hört endlich auf zu quatschen und zeigt, was Ihr drauf habt!“, unterbrach ihn die Prinzessin grob und setzte zu einer Reihe von Angriffen an. Ihr schlaksiger Gegner wirkte angesichts ihrer Unbeherrschtheit sichtlich überrascht und tänzelte zurück, so als ob er das Weite suchte, dann aber besann er sich und brachte die hübsche Awidonerin mit einigen geschickten Ausfallmanövern selbst in Bedrängnis. Dabei war nicht zu verkennen, dass sein Schwert, dessen Knauf man in Form einer Rose gegossen hatte und das perfekt austariert war, ihm gut in der Hand lag.
„Meinst du, dass dieser eitle Pfau tatsächlich bei einem Zweikampfturnier gewonnen hat? Wer waren da wohl die anderen Teilnehmer, kleine Kinder und alte Waschweiber?“, meinte Sigurd zu seinem Freund Lemdred, die sich das Schauspiel aus sicherer Entfernung zu Gemüte führten.
„Vergiss den Windbeutel, der würde auch Königin Tenea selbst den Hof machen, wenn es sich für ihn in klingender Münze auszahlen würde! Wer mir wesentlich mehr Sorgen bereitet ist dieser Barbar, von dem wir so gut wie nichts wissen. Sieh ihn dir doch nur an, wie er da hinten sitzt und sein riesiges Schwert schleift – er sieht so aus, als hätte er die Schlauheit nicht gerade mit Löffeln gefressen, aber ich sage dir, das täuscht! Hast du dich noch nicht gefragt, weshalb die Händlergilde ausgerechnet ihn als Vertreter für diese Reise auswählte?“
„Wegen seines guten Aussehens vielleicht? Oder weil er keinen Rechenschieber braucht, um zwei und zwei zusammen zu zählen? Keine Ahnung, das ist deren Bier. Aber ich nehme an, du wirst es mir gleich sagen.“
Sigurd sah zu dem Nordmann hin, der mit entblößten Oberkörper und im Sonnenlicht glänzenden Muskelbergen im Schatten saß und sich um nichts weiter zu kümmern schien. Er wirkte fürwahr so strotzend vor Kraft, als könne eine orkangepeitschte Flutwelle über ihn hinwegrauschen, ohne ihm die Füße wegzureißen. Seine Augen waren dunkel wie regennasse Steine, doch konnten sie wie in einem ausgelassenen Gelächter blitzen und funkeln, wenn er erst einmal die Witterung nach irgendetwas aufgenommen hatte. Sein riesiges Breitschwert verstärkte noch den Eindruck seiner barbarischen Urgewalt. Selbst in diesem an sich breiten Tal erschien er wie ein wildes Tier, das man in einen zu kleinen Käfig gesteckt hatte.
„Na, das ist doch ganz leicht“, verkündete Lemdred. Er steckte den Kopf mit einer verschwörerischen Theatralik noch näher zu dem Lemurier hin und senkte seine Stimme. „Wie jedes Kind weiß, hat die Händlergilde in Awidon alles und jeden in der Tasche. Selbst ganze Armeen stehen bereit, die nur auf die Befehle ihrer undurchsichtigen Anführer warten. Und in ihrer Machtgier dürstet es sie danach, auch in den anderen Ländern von uns Menschen eine solche Position einzunehmen.
Dein Vater hat den Gildeleuten bislang viele der Vorrechte und Vergünstigungen, die sie in Awidon genießen, verwehrt und steht ihnen darum im Weg, Sigurd! Und das schmeckt ihnen ganz und gar nicht! Was liegt da näher, als einen einfältigen Barbaren, die sich ihren Lebensunterhalt gemeinhin als Söldner verdienen, als Mörder zu dingen? Ein kleiner Zwischenfall in der Wildnis – und schon hätten sie sich wenigstens Arnhelms Sohn und des lemurischen Thronfolgers entledigt!“
„Deine Fantasie möcht’ ich haben!“ Sigurd lachte kurz und trocken
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