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Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger de Grandpair
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jedoch – es mochte so vor zwei oder drei Jahren gewesen sein – hatte sich das Ansehen der Händlergilde in allen möglichen Ländern so drastisch verschlechtert, dass diese dringend eine Aufpolierung ihres Rufes benötigte. Und was läge da näher, als eine Person, die von den Menschen allseits geliebt wurde und über einen ausgezeichneten, unbestechlichen Leumund verfügte, zu ihrem Oberhaupt zu bestimmen?
    Und so war es gekommen, dass der gute Amfred, der mit jedermann stets einen zurückhaltenden, freundlichen Umgang pflegte und der sich sein jugendliches Aussehen kraft seiner magischen Kenntnisse bewahrt hatte, völlig überraschend seine Lehre bei dem alten Zauberer abbrach und sich des Postens als Magister der zwielichten Gilde annahm. Dennoch verstummten die hinter vorgehaltener Hand gemunkelten Worte nicht, die der Vermutung Ausdruck gaben, dass in Wahrheit sowohl Tenea, die gestrenge, aber gutherzige Königin von Awidon, als auch Amfred nur Werkzeuge in den Händen des mächtigen Gilderates waren, dem niemand geringeres als die wohlhabendsten Kaufleute der Welt der Menschen angehörten.
    Bleibt noch, das bei weitem schönste und prächtigste aller Gebäude Taliskas zu erwähnen, nämlich den Königspalast. Dieser befand sich am nördlichen Rand des Stadtzentrums undbestach das Auge mit schwellenden, weißgoldenen Kuppeln, graziösen Türmchen und Minaretten, die scheinbar nach dem Himmel griffen, und seinen kunstvoll verarbeiteten Marmorbaustoffen. Vor allem aber beeindruckte der Wohnsitz von Tenea und ihrer Tochter Alva und deren zahllosen Bediensteten durch einen Garten, den man in ganz Arthilien getrost als einmalig bezeichnen konnte: den
hortus sanae
.
    Erst nach dem Tod der Reichsgründerin (die auch in dem Garten ihre eigene Gruft besaß) fertig gestellt, war die Anlage durchaus in der Lage, so manchem noch lebenden Menschen den Atem zu rauben. Myriaden von Blumen erstreckten sich über fünf verschiedene Terrassen, und bronzene Brunnen mit sprudelnden Fontänen, immer gepflegte Laubengänge, Pavillons und Galerien luden zum Verweilen ein. Was natürlich für die wenigen galt, denen es gestattet war, ihn zu betreten. Dies traf zum Beispiel auf sämtliche Adlige (Grafen, Barone und ähnliche Blaublüter) und die größtenteils betagten Senatsmitglieder zu. Die anderen, die von den aufmerksamen Wachen an der äußeren Umfriedung freundlich, aber bestimmt abgewiesen wurden, mussten sich damit trösten, dass es schon von weither nach seltenen Blumen und Gewürzen wie nach süßen Parfümen duftete. Und sie konnten aus der Ferne die langen, von hohen Alabastersäulen gesäumten Gänge bestaunen, die sich von der höchsten Terrasse des hortus sanae bis zu den Altanen und Türmen des Palastes empor zogen.
    Beschließen wir unsere Betrachtung Taliskas mit einer weniger vorteilhaften Feststellung, mit einem Vorwurf nämlich, den sich die Stadt von Lemuriern und Rhodrim nicht selten gefallen lassen musste. Tatsache war nämlich, dass sie alles andere als natürlich entstanden und gewachsen war, sondern man sie vielmehr auf dem Reißbrett entworfen und danach Stück für Stück geschaffen hatte. Dies, in Verbindung mit dem alten engat lumischen Ordnungssinn und dem viel zu vielen Geld, das den Bauherren und Planern seinerzeit zur Verfügung gestanden hatte, hatte dazu geführt, dass manche Viertel Taliskas einander wie ein Ei dem anderen glichen und die einzelnen Straßen das Dickicht der Bauwerke mit der Präzision von scharf geschliffenen Dolchen in gleichmäßige Teile schnitten. Zudem wirkten die kolossalen Massen all der Häuser, Türme und Denkmäler, wenn man ihres kostbaren Glanzes denn erst einmal müde geworden war, wie protzige Zeugnisse menschlicher Anmaßung und Dekadenz, die die früher einmal dagewesene Natur achtlos unterjochten.
    Prunkvolle Perle, ein Meisterstück der menschlichen Rasse oder aber nichts anderes als ein seelenloser Akt monströser Barbarei – die Meinungen über Taliska (und ähnlich über ganz Awidon) gingen fürwahr auseinander.

*
    Nun, da wir einen ersten Eindruck über das neu begründete, südwestliche Königreich Awidon gewonnen haben, wenden wir uns vorerst dem altehrwürdigen Lemuria zu. Dort nämlich, genauer gesagt in dessen Hauptstadt Pír Cirven, die auch der Schauplatz der großen Schlacht gegen die Armee Utgorths gewesen war, weilten zu diesem Zeitpunkt zwei äußerst namhafte Bewohner Taliskas zu Besuch.
    Gildagar war ein kleiner, schmalbrüstiger Kerl mit

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