Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
waren geplündert, Reisende aus aller Herren Länder waren ausgeraubt worden, und viele Wohnhäuser, Lager, Kasernen und Gefängnisse waren in Feuer und Rauch aufgegangen. Der Gouverneur der Metropole hatte sich in seinem Amtssitz verbarrikadiert, und die meisten Soldaten waren aus der Stadt geflohen, sodass diese jetzt einer völlig Gesetzlosigkeit anheim gefallen war und einem Tollhaus glich. Konnte es sich tatsächlich um einen Zufall handeln, dass dies ausgerechnet mit dem bevorstehenden Auszug des Heeres zeitlich zusammenfiel?
Umbarta war diese Frage einerlei, denn er dachte nicht daran, eine Verzögerung seiner einmal gefassten Pläne auch nur zu erwägen. Ungeachtet dessen war er zutiefst erzürnt über die Dreistigkeit der Diebe, die sich während all der Jahre, in denen Jabbath der Gaunerkönig unter ihnen das Sagen hatte, in Zurückhaltung geübt und dies aus unerfindlichen Gründen nun aufgegeben hatten. Ausgelassen und mit zornesrotem Gesicht schwadronierte er darüber, wie richtig der gute Horbart seinerzeit mit seinem Gedanken, das Land ein für allemal von Luth Golein zu befreien, gelegen hatte. Wie aber sollte
er
das nun bewerkstelligen, wo er doch sein Vorhaben, die Halunken von der Piratenküste das Fürchten zu lehren, nicht aufschieben wollte?
Letztlich entschied der Fürst deshalb, seine Streitmacht zu teilen – die Fußsoldaten sollten nach Südosten marschieren und in der verruchten Metropole gehörig aufräumen, während die Reiter sich nach Südwesten wenden und die Pforte Arthiliens von ihren nicht weniger ruchlosen Besatzern befreien sollten. Tausend Krieger waren nicht gerade ausgesprochen viel, doch sollte das für ein gegnerisches Heer, das aus einem Haufen feiger Lumpen mit krummen Säbeln und schlechten Zähnen bestand, ja wohl genügen – so meinte er mit einer Entschiedenheit, die keine Widerrede duldete, als seine Offiziere Bedenken hervorbrachten. Die rhodrimischen Fürsten hatten schon immer ihren eigenen Kopf besessen, insofern befand sich Umbarta in guter Gesellschaft.
Die Soldaten des Fürstentums bekamen die Situation in Luth Golein in den darauffolgenden Tagen nur allmählich in den Griff und mussten sich mit Diebesgesindel herumschlagen, das geschickt aus dem Untergrund heraus agierte und sich in den heruntergekommenen Gassen der Stadt wesentlich besser auskannte. Unterdessen zogen die Reiter zunächst nach Westen über den Stromsteig und von dan an weiter nach Süden, bis sie schließlich in Sichtweite des parallel zur Küste verlaufenden Gebirges gelangten. Und von dieser Position aus brauchte man keine allzu scharfen Augen, um an der westlichen Schulter der Bergkette das zu erblicken, wovon man ihnen gekündet hatte: Wälle und Türme aus Holz und Stein wurden in mühevoller Arbeit hochgezogen, und dahinter verbarg sich eine große Siedlung, die im Schatten der im Bau befindlichen Wehranlage gedieh. Sollte diese befestigte Piratensiedlung in der Tat Wirklichkeit werden, so läge dieses strategisch wichtige Gebiet, jener Punkt, den ein Reisender zwischen den beiden Kontinenten unabdingbar passieren musste, auf lange Sicht in den ungewaschenen Händen der Piraten.
Schon der Vorabend der Schlacht brachte den Rhodrim nichts Gutes und zeigte sich in einem unerfreulichen, unheilschwangeren Gewand. Während die Schatten der Bäume nach Osten flossen, fegten schwarze Gewitterwolken über ihr Lager hinweg, tauchten die Welt in ein brodelndes Grau und schütteten Regentropfen aus, die sich so hart wie Kiesel anfühlten. Es warungewöhnlich kalt für diese Jahreszeit, und erstmals, seitdem vom bevorstehenden Streit gegen die Piraten die Rede war, fühlten sich die stolzen Krieger ihrer Sache nicht mehr gänzlich sicher.
Dann nahm das Unheil seinen Lauf.
Kaum war die Sonne aufgegangen, wurden die Vorzeichen des längst beschlossenen Aufeinandertreffens mit einem Male verkehrt Denn es waren die Angehörigen des Piratenheeres, die unverhofft mit dem Ansturm begannen, vollmundig Lieder auf den Lippen tragend.
„Gold, Silber und Juwelen,
Auf Beutezug wir gehen,
Viel Feind und wenig Ehr’,
Pirat zu sein ist schwer!
Mensch und Elb und Zwerg,
Verachten uns ganz derb,
Mit Ross und Reiter kommen sie,
Doch wir Piraten sterben nie!“
Mit sich führten sie ebenfalls viele Reiter auf guten Pferden (wenn diese auch nicht ganz so edel und klug wie die Tiere aus der rhodrimischen Ostmark waren) und außerdem eine Vielzahl von Streitwagen, die ihre Gegner sogleich bei ihrem
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