Der Krieg der Zauberer, Band 2: Das Orkland (German Edition)
noch vermögen? Schon sahen die Menschen, die Mucklins und der Elb, dass er von der Anstrengung gezeichnet war, denn seine Arme und Hände begannen zu zittern, und seine Züge wurden schlaffer, sodass sein Gesicht einen fahlen Glanz annahm und dem eines kranken Mannes glich, der auf seinem Sterbebett lag.
„Faramon, nimm die beiden Steine aus meinem Rock und benutze sie! Schnell ...“, sagte der Magus, und seine Stimme war nur mehr ein dünnes Krächzen und bebte vor Anstrengung und Verzweiflung.
Der Sohn Thingors reagierte sofort. Er sprang an die Seite des Zauberers und griff in die Tasche dessen grauer Robe. Für eine kurze Zeit musste er darin wühlen, da die Tasche viel tiefer und geräumiger war, als sie von außerhalb aussah und er zunächst anstatt des Gesuchten einige äußert merkwürdige Gegenstände zu fassen bekam. Dann aber kam seine schlanke Hand wieder zum Vorschein, mit zwei erlesenen Steinen darin, und alle sahen, dass es sich dabei um das simbelya pennín und den dibil-nâla handelte.
Lotan begann zu wanken und schaffte es sichtlich kaum noch, sich gegen den bohrenden, grausamen Blick des Basilisken zu erwehren. „Brich seine Macht! Ich kann ihm nicht mehr lange standhalten ...“, hauchte der Zauberer, während ihm die unsäglichen Anstrengungen, die er unternahm, das Leben aus dem Leib zu saugen schienen.
Faramon erinnerte sich, wie das simbelya pennín auf dem Feld der Speere, als seine Mutter Nimroël es gegen den Schwarzen Drachen Meloro und die Harpyien wie eine Waffe geschwungen hatte, in einem grellen, unwiderstehlichen Leuchten erstrahlt hatte. Und genauso hatte es sich mit dem dibil-nâla verhalten, das damals von der Hand Dwaris zu seiner wunderbaren Magie entflammt war. Nun jedoch, als er selbst die beiden Edelsteine in die Luft hievte, sie verzweifelt mit den Fingern rieb und schwenkte und leise Stoßgebete zu dem Einen ausstieß, da tat sich rein gar nichts. Weder spürte er irgendeine Art von Macht, die ihn beseelte, noch glomm in den beiden vermeintlichen Zaubersteinen auch nur ein einziger heller Funke auf.
Hatte der alte Lotan bei seinem Verwirrspiel mit Gorgon etwa den Überblick verloren und letztendlich nichts weiter als gewöhnliche Kieselsteine aus dem Schwarzen Gebirge mitgenommen?
Oder aber ich bin ihrer nicht würdig oder zumindest nicht als ihr Hüter ausersehen
, dachte der Nolori. Wie auch immer – auf jeden Fall würden sie gleich, wenn die Gegenwehr des alten Menschen brach, ziemlich alt aussehen.
„Gib sie mir, Faramon!“, sagte eine Stimme neben dem Elben plötzlich. Und da stand Neimoklas, der kleine Mucklin, der die beiden Engelssteine noch vor kurzem gestohlen hatte, und hielt verlangend seine Hand auf.
Alle aus der Gemeinschaft sahen ihn an und schienen mit ihren Blicken zu fragen, ob er nun völlig den Verstand verloren hatte oder einem Anflug von Größenwahn erlegen war. Nur eben Faramon nicht. Da er nun eingesehen hatte, dass die Juwele in seinen Händen nutzlos waren, sah er keinen Grund, irgendeine Möglichkeit unversucht zu lassen. Und außerdem war da etwas in den Augen des kleinen, braunhaarigen Burschen an seiner Seite, eine Art von Wissen und Vertrauen, das über gewöhnliche Selbstüberschätzung weit hinausreichte ...
Lotan der Heiler ließ ein letztes Aufstöhnen vernehmen, und alle konnten nur erahnen, welches unerträgliche Maß an Pein er gerade verspüren musste. Dann entglitt sein Stab seinen zu kraftlosen Klauen gekrümmten Händen, und sein ausgezehrter Leib fiel zusammen wie ein Kartenhaus in einem Sturm. Gleichzeitig zerriss die Schutzbarriere, die er gewirkt hatte, und löste sich flirrend und flimmernd in Nichts auf. Das namenlose Grauen, das der entsetzlichen Macht des Basilisken innewohnte, hatte seine Magie zerbrochen.
Dann geschahen zwei weitere Dinge beinahe gleichzeitig. Der Basilisk fletschte die Zähne vor Zufriedenheit und bösartiger Vorfreude und wandte seinen vernichtenden Blick den anderen, für ihn winzig klein anzusehenden Angehörigen der Gemeinschaft zu. Plötzlich jedoch stiegen zwei Fontänen von grellen Funken vom Uferstreifen empor, zerschnitten die träge Luft und tauchten alles in unbeschreiblich hell leuchtende Farben.
Neimos linke Hand hielt den Stein, der den Elben gegeben wurde und der ein bläulichviolettes Licht verstrahlte, während seine Rechte den Stein der Zwerge in die Höhe hob und damit einen rötlich-goldenen Wirbel entfachte. Die beiden gleißenden Schweife vereinigten sich
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