Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
falls wir uns tatsächlich einer ganzen Armee von Feinden gegenüber sehen und es uns gelingen sollte, sie zu uns zu locken. Aber warten wir erst einmal ab, was uns der Morgen enthüllt.“
„Wenn es nach mir ginge, sollten wir lieber über den Norda-Por hinübergehen und es gleich hinter uns bringen ...“, murmelte Glaukor vor sich hin, doch waren es leere Worte, denn selbst dem dicken Befehlsgeber war bewusst, dass man damit dem unbekannten Feind ins offene Messer laufen würde.
Bald senkte sich eine völlige Dunkelheit über die Schlucht herab, die so vollkommen war, dass sie von Norden her in tintigen Wellen über die Meerenge, die zwischen den beiden Landmassen klaffte, zu wallen schien. Nur ab und an tauchten ein paar bleiche Sterne auf, mit dem Mond dazwischen, der so schwindsüchtig dünn war wie ein Scheibchen Zitrone, das in einem Meer aus Pech schwamm.
Die meisten der Angehörigen des orkischen Clans, und Lotan der Heiler ebenso, wachten noch im Schein der niedrigen Wachfeuer, um die sich die etwa dreihundert Krieger geschart hatten, als ihnen mit einem Mal etwas ins Auge fiel. Es war ein Schatten, der sich im Norden vom Horizont löste und der anfangs nur als Leere zwischen den Sternen zu erkennen war und wie ein zerrissener Schleier durch die Lüfte trieb. Dann jedoch verdunkelte er einen Teil des Mondes und verharrte eine Zeitlang reglos, sodass er von hinten angestrahlt wurde und in seinen Umrissen gut zu erkennen war. Es waren gezackte Schwingen, die den ungeschlachten Leib eines riesigen Flugwesens rahmten, eines Drachen genau genommen.
„Gorgon“, flüsterte der ganz in Grau gehüllte Zauberer, während er vor Anspannung mit den Fingern seinen langen Bart zwirbelte. „Ich habe ja gleich gewusst, dass du noch am Leben bist! Jahrhundertealtes Ungeziefer wird man eben selten so schnell los.“
Plötzlich setzte sich der Drache in Bewegung, schwang sich wie in einem unsichtbaren Sog nach Süden und kam am nördlichen Rand der Gauragar-Schlucht in luftiger Position wieder zum Halt. Ein kehliges Kichern drang aus dem Hals der ebenso monströsen wie abgefeimten Kreatur, was ein bisschen nach Steinen klang, die in einem fort aneinander gestoßen wurden. Dann begann ihr Schlund nach Luft zu schnappen, füllte damit den gewaltigen Blasebalg ihrer Lunge und stieß diese schließlich durch ihre Nasenlöcher wieder nach draußen. Ein loderndes Inferno drang daraufhin aus den Nüstern, ging über der Schlucht wie ein feuriges Gewitter nieder und tauchte die Welt in eine grausam gezeichnete, rote Glut.
Währenddessen waren die Orks und der Mensch auf der anderen Seite der Spalte aufgesprungen, hatten ihre eigenen Feuer gelöscht und sich hinter Felsen, Erdwällen und in Muldenverkrochen. Etwas anderes fiel ihnen nicht ein, denn was bitte schön hätten sie der Urgewalt eines leibhaftigen Drachen auch entgegensetzen sollen?
„Glaub’ nicht, dass mir dein Geruch entgangen bist, Lotan, armseliger, alter Narr!“, schnaubte Gorgon hernach, sodass seine dröhnende Stimme die nächtliche Stille zerriss. „Wir beide haben noch eine Rechnung zu begleichen, und wir Drachen können äußerst nachtragend sein! Obwohl du es nicht verdienst, gebe ich dir dennoch eine letzte Gelegenheit, deine Anmaßung wieder gutzumachen: erscheine im Morgengrauen auf dem Pass zwischen den Welten und übergib uns die drei Steine des Einen! Dann lassen wir dich und deine Spießgesellen vielleicht ziehen. Solltest du dich aber weigern, dann werden wir uns die Schmuckstücke gewaltsam holen und Euch ein unwürdiges, schmerzvolles Ende bereiten! Die Piraten, Oger und Drachen, die meinem Wort unterstehen, hoffen, dass du dich für die zweite Möglichkeit entscheidest, doch mir ist es gleich. Also triff deine Wahl ...“ Und damit wandte er sich überraschend behände um und schwang sich wieder nach Norden davon.
„Piraten und Oger – das ist genau das richtige Futter für meine Keule! Von dieser Schlacht wird man sich noch in eintausend Jahren erzählen ...“, meinte Glaukor.
„Red’ kein dummes Zeug, und mach’ dir lieber Gedanken, wie wir mit den Drachen fertig werden!“, herrschte ihn Kargash an.
„Gorgon und seine Artgenossen lasst nur meine Sorgen sein. Das ist so etwas wie eine persönliche Angelegenheit zwischen uns“, sagte Lotan. „Vielleicht kann mir die gute Unkra dabei etwas zur Hand gehen.“
Die Orks nahmen dies zur Kenntnis, doch wirkten sie nicht sonderlich überzeugt. Und wenn Lotan ehrlich war, dann
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