Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
lautet Aldu oder Tuor! Ich rede von der Entscheidung, die Zeichen der Zeit zu erkennen und als Wegbereiter der neuen Ordnung zu dienen oder aber sich dem Unaufhaltsamen in den Weg zu stellen und darüber zu verzweifeln! Wenn sich die Wogen des Krieges schließlich geglättet haben, wird man die Überlebenden einzig unterteilen in Sieger und Besiegte, in Herrscher und Sklaven ...“
Die Kopfgeldjäger murmelten ihre Zustimmung, dann wandten sie ihr Angesicht ab von Akar-Dhûn und verließen schließlich den großen Bau und das Quartier der Händlergilde. Danach kehrten sie auch Taliska den Rücken, um sich auf die Suche nach den unglückseligen Gesellen zu machen, die es gewagt hatten, dem Schwarzen Zauberer und seinem noch viel größeren und mächtigeren Herrn ins dunkle Handwerk zu pfuschen.
Akkurin blieb stattdessen zurück in dem Nebengebäude, das er zur Brutstätte seiner verruchten Taten gemacht hatte, zu demjenigen Ort, von dem aus die Niederwerfung Arthiliens und seine Herrschaft über die Menschen des Westens ihren Anfang nehmen würden. In solchen Augenblicken, wenn er ganz alleine und unbeobachtet war, erinnerte er sich mitunter vage daran, wer der Mensch hinter seiner Maskerade war und für welche Werte und Ideale er einstmals eingestanden hatte. Waren unter der Oberfläche seiner neuen Identität etwa noch Reste seines längst verblichenen Selbst vorhanden? Zerbrochen zwar wie die Scherben einer zertrümmerten Vase, doch immerhin Zeugen einer Vergangenheit, die scheinbar ganze Zeitalter zurücklag und die doch ab und an noch an die Oberfläche zurückdrängte?
Wenn es so war, dann wollte er nichts davon wissen – Zweifel und Mitleid waren Empfindungen, die er längst im Kielwasser seiner Rache hinter sich gelassen hatte. Und das, was womöglich noch davon übrig war, würde Lemuria und Rhodrim sowie Elben und Zwerge nicht vor ihrem Schicksal bewahren, das sie verschuldet hatten, indem sie tatenlos zugesehen hatten, wie Zerstörung und Hass ihn vor langer Zeit für immer seines Glückes beraubt hatten. Vor allem die Lemurier mit Arnhelm, ihrem eingebildeten König, diesem angeblichen Helden, würde der Bannstrahl seiner Vergeltung am schmerzhaftesten treffen, nur deshalb war er zum Schwarzen Zauberer geworden, nur deshalb hatte er sein früheres Selbst zu Grabe getragen und war zum Feind Aldus, zum Täter der größten Sünde überhaupt geworden. Und für keine Sekunde zweifelte er daran, dass er für seine Taten irgendwann würde bezahlen müssen, mit schier ewiger Verdammnis oder mit einer Strafe, die noch viel schlimmer und für lebende Wesen bar jederVorstellung war. Nichts würde ihn mehr davor bewahren können, und doch war er bereit, diesen Preis zu entrichten.
Meister Akkurin stieg gemessenen Schrittes die breite Treppe zum Boden der Gruft der Seelen hinab, bis er unmittelbar vor dem schwarzen Kristallgebilde innehielt. Als nächstes ließ er einen gemurmelten (oder vielmehr gezischten ) Laut vernehmen, woraufhin die Ghuras ihre Augen wieder verschlossen. Das fehlte noch, dass diese Ekel erregenden Kreaturen ihm bei seinem Tun über die Schultern sahen! Auf einen weiteren magischen Befehl hin erlosch der Großteil der Kerzen in ihren zahllosen Ständern und Wandhalterungen, sodass eine tiefe Dunkelheit wie ein riesiges, schattenhaftes Ungeheuer aus allen Ecken und Nischen kroch, die Halle in ihren Würgegriff nahm und nur von den wenigen verbliebenen Lichtpunkten durchbrochen wurde. Außerdem erglühte das rote, mit schwarzen Linien gemaserte Gewand des Magus zu einem trüben Leuchten und wirkte vor dem Hintergrund der angsteinflößenden Schwärze wie ein getrockneter Blutfleck.
„U-Shu, Tuor, Megallodon! Io draco, io shamu; both-mog, kro-mog Shu gargantu!“, rezitierte Akkurin feierlich. Seine Stimme schwoll dabei an wie zu den Wellen eines Ozeans, der den ganzen Raum flutete, und seine Worte lagen so schwer in der Luft wie Kieselsteine in einem Teich. Es hieß, dass bereits ein gewisser orkischer Schamane, der seinen elbischen Lehrmeister hintergangen hatte, und andere vor ihm diese Anrufung benutzt hätten, um den ewigen Widersacher des Einen anzurufen. Übersetzt bedeuteten diese Worte angeblich so viel wie: „Ich rufe Dich, Tuor, Größter aller Mächtigen! Ich diene, ich gehorche; verfüge über mich, richte über mich, denn Dein sind die Stärke und die Macht!“ Genau wusste dies natürlich keiner, denn die Sprache Utgorths war nicht mit den Dialekten der freien Völker zu
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