Der Krieg der Zauberer, Band 3: Die Rückkehr nach Arthilien (German Edition)
und ihre den Entbehrungen der Wüste geschuldete, tief in ihren Herzen verankerte Ernsthaftigkeit zu sehr ausgeprägt.
Den ersten Tag nach ihrer Rückkehr in den Hort der Talúregs verbrachten die Angehörigen der Gemeinschaft vorwiegend damit, einen Teil des versäumten Schlafes nachzuholen (was vor allen Dingen für die Mucklins galt) und ihre Wunden versorgen zu lassen (was vor allen Dingen für alle anderen galt). Am späten Nachmittag dann brach Hermeline mit Neimo und Fredi zu einem Spaziergang auf, was Sigurd zufällig beobachtete. Da er also wusste, dass Alva alleine im Gemach der beiden Frauen weilen musste, nahm er seinen Mut zusammen – von dem er im Allgemeinen ja reichlich besaß – und trat vor den dicken Vorhang, der den Eingang zu der Höhle beschirmte.
„Alva, äh, bist du da? Kann ich kurz reinkommen?“
„Sigurd? Ja, mach nur. Ich bin zwar halbnackt, aber das wird dich ja bestimmt nicht stören.“
Natürlich hätte den jungen Lemurier das nicht im Geringsten gestört, aber war das nun ernst gemeint oder wollte sie ihn an der Nase herumführen? In Punkto trockenem Humor hatte sie gegenüber ihm zweifelsohne aufgeholt. Nach einem kurzen, ergebnislosen Nachsinnen zuckte er mit den Schultern und trat ein.
Entgegen seiner insgeheimen Hoffnung war die Prinzessin keineswegs halbnackt oder auch nur leicht bekleidet. Das machte sie allerdings nicht weniger anziehend, denn man konnte schon von weitem erkennen, dass sie frisch gewaschen, geschminkt, gekämmt, parfümiert und in einesihrer feinsten Gewänder gehüllt war. Eine große Reisegarderobe machte sich bei solchen Gelegenheiten dann eben doch bezahlt.
„War nur ein Scherz“, meinte die Tochter Teneas und grinste.
„Das hatte ich nicht anders erwartet“, log Sigurd. „Wäre auch schlimm, wenn Pandialo, deine Anstandsdame, deiner Mutter nach unserer Rückkehr etwas anderes berichten würde.“
Insgeheim musste er zugeben, dass ihm an ihrer neuen Art so einiges gefiel. Noch vor einigen Wochen war sie ihm als ein verzogenes, kindisches, verweichlichtes, empfindliches Gör erschienen, das hochgradig in ihrem Stolz, der für den awidonischen Adel so typisch war, gefangen war. Damals wäre solch eine anzügliche Bemerkung bei ihr undenkbar gewesen. Die paar Abenteuer, die sie mittlerweile gemeinsam überstanden hatten, hatten da offenbar Wunder gewirkt.
Die awidonische Prinzessin lud den lemurischen Prinzen ein, sich zu ihr auf das aus mehreren weichen Kissen gebildete Lager zu setzen, das die Wüstenbewohner für ihre weiblichen Gäste liebevoll hergerichtet hatten. Gleich darüber hing ein poliertes Blech an der Wand, das wohl als Schminkspiegel dienen sollte. „Praktisch, so ein Spiegel gleich über dem Diwan. Wenn man sich morgens wegen der eigenen Visage so sehr erschreckt, dass es einen umhaut, fällt man wenigstens weich.“
Für einen Augenblick befürchtete Sigurd, dass er den Bogen überspannt hatte und sein Gegenüber doch noch nicht so weit war, einen Scherz dieser Kragenweite zu verdauen. Dann aber – mit einiger Verzögerung – entspannten sich Alvas Gesichtszüge, was offenbar hieß, dass sie sich entschlossen hatte, sich nicht so leicht reizen zu lassen. Schließlich hatte sie mittlerweile ja genügend Zeit gehabt, sich an seine provokante Ader zu gewöhnen.
„Wenn man Hermeline und mich erschrecken wollte, dann müsste man nur einige Bilder von ein paar ungewaschenen, selbstverliebten Macho-Abenteurern wie dir und deinesgleichen aufhängen, Herr Prinz! So zwischen Orks und Zwergen würden die meisten lemurischen und rhodrimischen Männer von heute in Punkto Körperpflege ohnehin nicht auffallen. Da lob’ ich mir den modernen awidonischen Mann – ich nenne nur den Grafen Pandialo als leuchtendes Beispiel –, für den Mut im Kampf, galantes Benehmen und stets gepflegtes Auftreten keine Widersprüche sind!“
Nach einigen Momenten des abwartenden Schweigens platzten dann beide mit einem ungezwungenen Lachen heraus. Alva war heute – am Tag eins nach ihrem beinahe unerwarteten Überleben der Schlacht gegen die Orks – sichtlich gut gelaunt. Und Sigurd erging es nicht viel anders, wenn auch Cords Tod nach wie vor in seinen Gedanken herumspukte und ihn immer wieder wie mit brennenden Nadeln malträtierte. Auf jeden Fall entwickelte sich anschließend eine angeregte, auf angenehme Art persönlich anmutende Unterhaltung, bei der sich beide nicht davor scheuten, dem anderen ihre jeweiligen Problemchen
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