Der Krieg der Zwerge
wurden die Zwerge nach hinten gedrängt. Bald bildeten sie zehn Schritt vor dem Durchlass einen Halbkreis, um ihn abzuschirmen. Weitere Zwerge kamen heraus und hielten Armbrüste, um den Beschuss zu erwidern.
Ondori sah, wie sich die Tormannschaft vorbereitete, das Portal ins Innere des Grauen Gebirges zu schließen. »Seht ihr die stinkenden Maulwürfe am Portal?«, machte sie ihre Schützen aufmerksam. »Gebt ihnen etwas zwischen die Rippen. Ich möchte nicht, dass sie sich eingraben.«
Die Albae schwenkten die Bogen herum, spannten die Sehnen und jagten die Geschosse über die Köpfe der Kämpfenden hinweg, ehe sich die Pfeile in die Ziele bohrten und die Zwerge am Tor tödlich trafen.
»Noch steht uns der Eingang offen. Sag ihnen, sie sollen sich beeilen«, rief sie Runshak zu. Sie wusste, dass sie die Flügel niemals würden öffnen können, dazu fehlte es ihnen an den notwendigen Materialien für schweres Belagerungsgerät. Um das Zwergenreich einzunehmen, mussten sie ins Innere gelangen.
Eines machte sie stutzig. Ihr war nicht entgangen, dass sich die Zwerge entgegen ihrer sonstigen Angewohnheit nicht damit begnügten, den Feinden die Schenkel und Knie zu zerschmettern, um sie zum Hindernis für die nachfolgenden Bestien zu machen. Stattdessen trennten sie den einbrechenden Orks die Köpfe ab.
Verwundert verfolgte sie, dass die Feinde, die nicht geköpft wurden, sich wieder erhoben und weiterfochten. Wie geht das vor sich? Was macht die Kleinhirne unsterblich? Sie schaute auf Ushnot z' Leichnam. Ist das Tote Land etwa dabei zurückzukehren?
Wieder schallte ein Horn.
Eine kleine Schar Zwerge tauchte im schmalen Durchgang neben dem Wasserfall auf, und Ondori erkannte den vordersten von ihnen auf Anhieb. Noch mehr Wunder? Er versank vor meinen Augen in den Fluten!
»Hier bin ich, Albin, und fordere mein Eigentum zurück«, schrie er gegen den Kampflärm an. »Ich lasse dich für den Tod meiner Freunde bezahlen, und wenn es das Letzte ist, was ich tue.«
Die Zwerge sahen und hörten Tungdil. Neue Kraft strömte in ihre Arme, und die Zuversicht, die Entschlossenheit kehrten zurück, während die Orks umso verbissener versuchten, eine Bresche in die Linie zu schlagen. Sie spürten, dass eine Entscheidung bevorstand.
»Das Letzte, was du tun wirst«, erwiderte sie voller Wut, »ist zu sterben! Und zwar durch meine Hand! Und mit der Waffe, die einst dir gehörte.«
Sie gab ihren Begleitern ein Zeichen, ihren Weg zu sichern, dann sprang sie vom Felsen in das Getümmel der Orkleiber, um zu Tungdil zu vorzustoßen.
Das Geborgene Land, Gauragar, in der Hauptstadt des ehemaligen Zauberreiches Lios Nudin, Porista, 6234. Sonnenzyklus, Frühling
Narmora sank auf die Knie, ihre rechte Hand grub sich in den feuchten, losen Boden und drückte fest zu. »Mir genommen, bevor du geboren«, wisperte sie mit geschlossenen Augen, doch unter den Lidern rannen Tränen hervor. »Was zu zweit begann, wird als eines enden. Sie wird von dir erfahren und dich immer ehren.«
Sie wischte sich über das Gesicht, öffnete die Augen und legte die schweren Steine auf das kleine Grab, das sie eigenhändig ausgehoben hatte.
Abseits von Porista, in einem Wald gelegen, bettete sie ihren Sohn in die Erde und empfahl ihn Samusin. In einem Sonnenzyklus würde sie zurückkehren, die Gebeine ausgraben und verbrennen, was von ihm übrig war, um die Asche in den Wind zu streuen. Sie folgte damit dem Ritual, das ihre Mutter sie gelehrt hatte.
Sie erfüllte ihre Pflicht ganz allein. Sie wollte niemanden um sich haben, und Furgas, der sie in ihrem Schmerz hätte trösten können, lag noch danieder und rang mit dem Tod.
Es wird ein furchtbares Erwachen. Das Erste, was er hören wird, ist, dass sein Sohn gestorben ist. Narmora schichtete eine zweite Lage Steine auf die erste, damit kein Tier sich an dem Säugling verging. Er war so winzig, aber schon ein ganzer Junge gewesen, mit Händen und Füßen, einem lieben Gesicht. Das Schicksal hatte entschieden, dass nicht mehr aus ihm werden sollte.
Als die Dämmerung hereinbrach und die Bäume lange Schatten auf den Waldboden warfen, beendete sie ihr Tun. Langsam kehrte sie nach Porista zurück. Die vertrauten Kräne und Aufbauten, welche die Neuentstehung der Stadt verkündeten, nahm sie gar nicht mehr wahr. Auch für den allgegenwärtigen Palast der Maga mit seinen Türmen hatte sie keinen Blick übrig.
Narmora trottete abwesend durch das Stadttor die Straßen entlang, in denen die Menschen ihren
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