Der Krieg der Zwerge
Blickfeld.
Narmora schüttelte den Kopf. »Ich verstehe ihn nicht immer.«
Andôkai zuckte mit den Schultern. »Wir müssen morgen abreisen, Famula. Wir werden nach Westen gehen und die Archive Königin Weys nach Hinweisen durchsuchen. Du kannst deine Tochter mitnehmen, ich habe eine erfahrene Amme beschafft, die sich um sie kümmert, während ich dich in Magie unterrichte.« Sie gingen nebeneinander her. »Du hast es dir doch nicht anders überlegt? Denke an Furgas«, sagte sie und betrachtete dabei die zur Hälfte wieder aufgebauten Häuser, an denen sie vorbeizogen.
»Ich hasse Magie«, antwortete Narmora ohne jede Beschönigung. »Sie zwingt mich, mich mit ihr zu beschäftigen, und hat mir meinen Sohn genommen. Dennoch kann ich nicht anders, um den Mann zu retten, den ich liebe.« Sie schaute zu Andôkai. » Ihr zwingt mich«, stellte sie fest, »auch wenn es aus einem achtbaren Grund geschieht. Es kann nichts Gutes daraus erwachsen.« Sie senkte die Stimme. »Und es ist bereits nichts Gutes daraus erwachsen.«
»Es wird dir ein Ansporn sein, die Formeln zu beherrschen«, sagte Andôkai mitleidlos. »Es mag dir kein Trost sein, aber auch ich habe im Lauf des Studiums Verluste erlitten, die mich ebenso sehr trafen wie dich jetzt.« Ihr herbes Gesicht zeigte so etwas wie Regung. »Es scheint, dass sich die Magie nicht ohne Vergütung beherrschen lässt.«
Sie waren vor dem Tor des Palasts angelangt.
»Dann sollte man sie nicht weiter betreiben.« Narmora nannte die Formel, und der Flügel öffnete sich für die beiden ungleichen Frauen. Schweigend durchquerten sie den Palast, bis sie vor der Unterkunft standen, in der Narmoras Tochter untergebracht war.
Die Halbalbin betrat den Raum und schloss die Tür hinter sich, ohne die Maga hereinzubitten.
Das Rumpeln der Tür hatte jemanden geweckt. Das dünne Schreien klang erbärmlich. Sofort stand Narmora an der Wiege, holte das winzige Kind heraus, legte es an ihre Schulter und fuhr ihm beruhigend über das Köpfchen, das sich so zerbrechlich wie eine Eierschale anfühlte. Nach einer Weile verebbten die Klagelaute.
Es war eine Überraschung für sie gewesen, als die Krämpfe nach dem toten Jungen ein lebendiges Mädchen aus ihrem Leib gepresst hatten; mit Zwillingen hatte sie nicht gerechnet und sie auch nicht gefühlt. Samusin sorgte für den Ausgleich. Er nahm ihr ein Kind und ließ ihr ein zweites. Was verlangst du von mir, damit Furgas nicht stirbt?
Tapsig suchte das winzige Mädchen ihre Brust. »Hast du Hunger, meine Kleine?«, fragte Narmora das quengelnde Bündel. Sie öffnete die Tür und klopfte an der gegenüberliegenden an. Die Gestalt einer verschlafenen jungen Frau erschien im Türrahmen. Narmora deutete auf ihre Tochter. »Sie braucht Milch.«
»Sofort«, murmelte sie, nahm das Kind behutsam auf den Arm und legte es an die Brust; sofort begann es zu saugen. Leise singend trug die Amme es umher.
Der Anblick tat Narmora weh. Da sie selbst keine Milch hatte, war dies die einzige Lösung gewesen, um das Überleben ihrer Tochter zu sichern. In Porista gab es genügend junge Frauen, die gegen ein paar Münzen als Nährmutter in den Palast kamen.
Als das Stillen endete, nahm Narmora ihre Tochter sogleich an sich und kehrte in den Schlafraum zurück. Sie wiegte das Bündel, bis es eingeschlafen war. Dann packte sie es unter die wärmende Decke, küsste die Nase und strich über den flaumbedeckten Kopf.
»Träume, meine Schöne. Ich bin bald wieder da«, raunte sie und verließ leise das Zimmer, um nach ihrem geliebten Furgas zu sehen.
Eine Stunde lang saß sie an seinem Bett und hielt seine kaltschweißige Hand, dann schlich sie sich hinaus in die Straßen der Stadt, um Rodario zu besuchen.
Es war offensichtlich gewesen, dass er mehr wusste. Und dass die Maga damit zu tun hatte.
Das Geborgene Land, das Graue Gebirge vor dem Reich der Fünften, 6234. Sonnenzyklus, Frühling
Tungdil sah, wie die maskierte Albin von dem Felsbrocken sprang und im Getümmel der Leiber, Lanzen und Schwerter verschwand. Sie verschmolz mit der Menge und würde unbemerkt neben ihm oder sogar hinter ihm auftauchen wollen. Es war, als stünde man in einem wogenden Feld, in dessen Schutz sich ein Raubtier heranschlich.
Doch er fühlte, so absurd es klang, eine unendliche Erleichterung. Die Feuerklinge liegt nicht im Weiher. Die Albin wird die Axt zu mir bringen und sterben. Ich danke dir, Vraccas!
Ingrimmsch schlug die Beilköpfe gegeneinander, seine Kampflust raste heiß durch seine
Weitere Kostenlose Bücher