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Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)

Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)

Titel: Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swetlana Alexijewitsch
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sich der militärischen Disziplin unterordnen, die weibliche Natur sträubt sich gegen die Armeeordnung. Mal vergisst sie einen Befehl, mal bekommt sie einen Brief von zu Hause und weint den ganzen Vormittag. Man bestraft sie, und dann nimmt man die Strafe zurück – aus Mitleid. Ich dachte: Mit diesem Volk bin ich verloren! Doch bald musste ich meine Skepsis verwerfen. Die Mädchen wurden richtige Soldaten. Wir haben zusammen einen harten Weg zurückgelegt. Kommen Sie her. Wir werden lange reden ...«
    I. A. Lewizki ,ehemaliger Kommandeur der
    fünften Division des siebenhundertvierundachtzigsten
    Flak-Artillerie-Regiments
    Die unterschiedlichsten Adressen – Moskau, Kiew, Apscheronsk im Gebiet Krasnodar, Witebsk, Wolgograd, Jalutorowsk, Galitsch, Smolensk ... Wie alles erfassen? Das Land ist riesig. Da kommt mir der Zufall zu Hilfe. Eines Tages bringt der Postbote eine Einladung von den Veteranen der fünfundsechzigsten Armee von General P. I. Batow: »Wir treffen uns immer am sechzehnten, siebzehnten Mai in Moskau auf dem Roten Platz. Das ist Tradition und Ritual. Da kommen alle, die noch die Kraft haben. Aus Murmansk und Karaganda, aus Alma-Ata und Omsk. Von überall her. Aus unserer ganzen großen Heimat. Kurzum: Wir erwarten Sie ...«
    Hotel »Moskwa«. Mai, Monat des Sieges. Überall Menschen, die sich umarmen, weinen, sich fotografieren. Hier gibt es keine Bekannten und Unbekannten, hier gehören alle dazu. Ich tauche ein in diesen Strom und spüre seine Kraft, werde mitgetragen. Ich bin in einer unbekannten Welt ... Auf einer unbekannten Insel ... Unser Land ist groß, aber darin existiert noch ein anderes Land, in dem Menschen mit besonderen Erinnerungen leben – sie haben ihre eigenen Werte und Maßstäbe, ihre eigenen Ängste und Träume, und die decken sich nicht immer mit unseren. Normalerweise verlieren sie sich unter uns anderen, aber einmal im Jahr kommen sie zusammen, um wenigstens für einen Augenblick zurückzukehren in ihre Zeit. Und ihre Zeit – das sind ihre Erinnerungen.
    In der siebten Etage im Zimmer zweiundfünfzig ist das Lazarett Nummer fünftausendzweihundertsiebenundfünfzig versammelt. Am Kopf der Tafel sitzt Alexandra Iwanowna Saizewa , Militärärztin, Hauptmann. Sie stellt mir alle vor.
    Ich schreibe mit: Galina Iwanowna Sasonowa ,Chirurgin, Jelisaweta Michailowna Aisenschtejn ,Ärztin, Valentina Wassiljewna Lukina ,Chirurgie-Schwester, Anna Ignatjewna Gorelik ,leitende Chirurgie-Schwester, und die Krankenschwestern Nadeshda Fjodorowna Potushnaja, Klawdija Prochorowna Borodulina, Jelena Pawlowna Jakowlewa, Angelina Nikolajewna Timofejewa, Sofja Kamaldinowna Motrenko, Tamara Dmitrijewna Morosowa, Sofja Filimonowna Semenjuk, Larissa Tichonowna Dejkun.

Von Puppen und Gewehren
    »Wenn man den Krieg mit unseren Augen sieht, mit Frauenaugen ... Aus Weibersicht ... Dann ist er schlimmer als schlimm. Darum fragt uns auch keiner ...«
    »Wisst ihr noch, Mädels: Wir sitzen im Güterwaggon, und die Soldaten lachen, wie wir das Gewehr halten. Nicht, wie man eine Waffe hält, sondern so ... Ich kann das jetzt gar nicht mehr vormachen ... Wie eine Puppe haben wir es gehalten ...«
    »Die Menschen weinen, schreien: ›Krieg!‹, und ich denke: Wieso Krieg, schließlich haben wir morgen am Institut Prüfung! Die Prüfung, das ist doch wichtig. Wie kann da Krieg sein?
    Aber eine Woche später gingen die Bombenangriffe los, und wir mussten schon Menschen retten. Drei Jahre Medizinstudium – das war schon etwas in so einer Zeit. Aber in den ersten Tagen sah ich so viel Blut, dass ich Angst davor bekam. Schöner halber Arzt mit lauter guten Zensuren im Praktikum! Aber die Menschen verhielten sich großartig, und das machte Mut.
    Mädels, hab ich euch das schon erzählt ... Nach einem Bombenangriff sehe ich, vor mir bewegt sich die Erde. Ich renne hin und fange an zu buddeln. Fühle ein Gesicht, Haare ... Es war eine Frau ... Ich grub sie aus und fing an zu weinen. Und sie macht die Augen auf und fragt nicht, was mit ihr ist, sondern ist ganz aufgeregt: ›Wo ist meine Handtasche?‹
    ›Was wollen Sie jetzt mit Ihrer Tasche? Die wird sich schon finden.‹
    ›Da liegt mein Parteibuch drin.‹
    Sie dachte nicht daran, was mit ihr war, ob sie heil war, sie dachte an ihr Parteibuch. Ich begann sofort, nach ihrer Tasche zu suchen. Ich fand sie. Sie legte sie sich auf die Brust und schloss die Augen. Dann kam der Krankenwagen und nahm sie mit. Ich sah noch einmal nach ihrer Tasche. Am Abend kam ich

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