Der Krieg hat kein weibliches Gesicht (German Edition)
Gut.‹ Nur dieses eine Wort sagte er immer wieder. Dann verband ich weiter unseren Verwundeten ... Bis er das Bewusstsein verlor, schrie er mich die ganze Zeit an ... Zeigte auf die Pistole ... Ich streichelte seinen Kopf, beruhigte ihn. Dann kam die Sanistreife und holte alle beide raus ... Lud beide ein ... Auch den Deutschen. Verstehen Sie?«
Olga:
»Wenn die Männer an vorderster Linie eine Frau sahen, dann veränderten sich ihre Gesichter, selbst der Klang einer Frauenstimme verwandelte sie. Einmal saß ich nachts vorm Unterstand und sang leise vor mich hin. Ich dachte, alle schlafen, keiner hört mich, doch am nächsten Morgen sagte der Kommandeur zu mir: ›Wir haben nicht geschlafen. Wir haben solche Sehnsucht nach einer Frauenstimme ...‹
Ich verbinde einen Panzersoldaten ... Mitten im Gefecht, im Kampfgetöse. Er fragt: ›Mädchen, wie heißen Sie?‹ Macht mir sogar ein Kompliment. Ich fand es so seltsam, in diesem Getöse, in diesem Grauen meinen Namen auszusprechen – Olga ... Ich bemühte mich immer, mich straff und gerade zu halten. Oft bekam ich zu hören: ›Mein Gott, war sie wirklich auf dem Schlachtfeld – sie ist so sauber.‹ Ich hatte große Angst, dass ich, wenn ich getötet werde, hässlich sein würde ... Ich habe viele tote Mädchen gesehen ... Im Schlamm, im Wasser ... Na ja ... Wie soll ich das sagen? Ich wollte nicht so sterben. Manchmal, wenn ich in Deckung ging, dachte ich weniger daran, nicht getötet zu werden, als daran, das Gesicht zu schützen. Die Arme. Ich glaube, alle unsere Mädchen dachten daran. Die Männer lachten über uns, sie fanden das komisch. Von wegen, ihr denkt nicht an den Tod, sondern an sonst was. An Lappalien ...«
Sinaïda:
»An den Tod konnte man sich nicht gewöhnen. An den gewaltsamen Tod ... Wir zogen uns vor den Deutschen in die Berge zurück. Wir hatten fünf Schwerverwundete mit Bauchwunden. Die Bauchwunden waren tödlich; in ein, zwei Tagen würden sie sterben. Sie konnten nicht mitgenommen werden, es gab keine Transportmittel. Ich und eine andere Sanitätsinstrukteurin, Oxana, sollten mit ihnen in einer Scheune bleiben, man versprach uns: ›In zwei Tagen kommen wir zurück und holen euch.‹ Sie kamen nach drei Tagen. Drei Tage waren wir allein mit diesen Verwundeten. Sie waren bei vollem Bewusstsein, kräftige Männer. Sie wollten nicht sterben ... Und wir hatten nur ein paar Pülverchen, sonst nichts ... Sie wollten die ganze Zeit trinken, aber trinken durften sie nicht. Manche verstanden das, manche wurden wütend ... Warfen mit dem Becher nach uns, mit einem Stiefel ... Das waren die schlimmsten drei Tage meines Lebens. Sie starben vor unseren Augen, einer nach dem anderen, wir konnten nur zusehen ...
Die erste Auszeichnung? Ich sollte die Medaille ›Für Tapferkeit‹ bekommen. Aber ich holte sie nicht ab. Ich war beleidigt. Zum Lachen, mein Gott! Wissen Sie, wieso? Meine Freundin bekam die Medaille ›Für militärische Verdienste‹ – und ich ›Für Tapferkeit‹. Dabei hatte sie erst an einem Gefecht teilgenommen, ich dagegen schon an der Schlacht bei Kuschtschowskaja und an anderen Operationen. Da war ich gekränkt: Ihr wurden für ein Gefecht schon ›militärische Verdienste‹ zuerkannt, viele Verdienste also, mir dagegen nur ›Tapferkeit‹, als hätte ich mich bloß einmal bewiesen. Dann kam der Kommandeur, und er hat sehr gelacht, als er erfuhr, was los war. Er erklärte mir, die Medaille ›Für Tapferkeit‹ sei die höchste Medaille, fast ein Orden.
Bei Makejewka, im Donbass, wurde ich verwundet, an der Hüfte. Ein Splitter drang ein und saß da drin fest wie ein Stein. Ich merkte – ich blute, stopfte mein ganzes Verbandspäckchen rein und lief weiter, Verwundete verbinden. Ich genierte mich, jemandem etwas zu sagen: Das Mädchen ist verwundet, und wo – ausgerechnet am Gesäß. Am Po ... Mit sechzehn schämt man sich, das jemandem zu sagen. Na ja, ich lief weiter so rum, verband Verwundete, bis ich durch den Blutverlust das Bewusstsein verlor. Die ganzen Stiefel waren voller Blut ...
Unsere Leute sahen mich liegen und dachten wohl: Sie ist tot. Die Sanitäter werden sie später einsammeln. Das Gefecht ging weiter. Noch eine Weile, und ich wäre gestorben. Aber da gingen Panzersoldaten auf einen Erkundungsgang und sahen – da liegt ein Mädchen auf dem Schlachtfeld. Ich lag ohne Mütze da, die war mir vom Kopf gerollt. Sie horchten mich ab – ich lebte noch. Sie brachten mich ins Sanitätsbataillon. Von dort
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