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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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hoch.
    »Wie bequem«, murrte Albric. Die Ghulhunde waren in der Nähe ihrer Schöpferin zwischen den Bäumen stehen geblieben, aber der Leichnam des Bäckers ging weiter, durch den Graben, der die Stadt schützte, in der er gelebt hatte. Albric vermutete, dass die Wachen noch immer in ihrem Zauberschlaf lagen, denn von den Mauern ertönte kein Ruf, als die gebrochene Gestalt durch das Tor wankte.
    »Ja.« Severine zog sich in den filigranen Schatten des unbelaubten Waldes zurück. »Ich fürchte jedoch, dass der Rest des Tages weniger bequem verlaufen wird. Ich bin müde und muss mich ausruhen … und ich muss eine weitere Nachricht an meinen Turm schicken.«
    »Warum? Was ist mit dem Baby? Das Mädchen ist noch keine Woche fort. Sie können nicht so weit gekommen sein. Wir sind so nah dran, und du willst einen vollen Tag Rast einlegen?«
    Sie sah ihn mit eisigem Blick an. Ihr blaues Auge glitzerte. »Magie ist anstrengend. Ich erwarte nicht, dass Ihr das versteht, aber die Konzentration, die sie verlangt, übersteigt bei weitem alles, was Ihr Euch auch nur vorstellen könnt. Euch würde nicht gefallen, was geschehen würde, wenn meine Konzentration nachließe, während ich arbeite. Also werde ich mich ausruhen, und Ihr werdet abwarten.«
    »Aber das Baby …«
    »Wird nicht weit kommen. Wegen des Kindes müssen sie langsam reisen. Ich werde die Krähen ausschicken. Sie sollen den Himmel durchstreifen, und wir werden schon bald wissen, in welche Richtung sie gelaufen sind.«
    Albric zog die Brauen zusammen. »Warum habt Ihr das nicht von Anfang an getan? Wir hätten uns die Mühe mit dem Bäcker sparen können.«
    »Ja. Aber es wäre für mich kein solcher Spaß gewesen«, erwiderte Severine leichthin und verschwand im Wald.
    Hinter ihr vertiefte sich die Falte zwischen Albrics Brauen. Was hatte Leferic sich nur gedacht?
    Die Dornen hielten ihre Abkommen ein. Wie sehr sie auch gehasst und gefürchtet wurden, so wusste doch jeder, dass das die Wahrheit war. Die Verstümmelten Hexen von Ang’arta waren ebenso an ihre Gelübde gebunden wie die Gesegneten Celestias; sie konnten nicht lügen oder ihr einmal gegebenes Wort zurücknehmen, und Severine hatte ihr Wort gegeben. Sie hatte Leferics Geld genommen und als Gegenleistung einen Eid geleistet, also war sie verpflichtet, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, dass Wistan gefangen genommen oder getötet wurde.
    Aber deshalb war sie noch lange nicht vertrauenswürdig. Sie mochte kein falsches Spiel mit ihnen spielen, zumindest nicht direkt … aber Albric konnte die Überzeugung nicht abschütteln, dass sie auf eigene Rechnung arbeitete, aus eigenen Beweggründen, und ohne dabei die Interessen seines Lords zu wahren.
    Was immer sie plante, Albrics Pflicht war es, dafür zu sorgen, dass es seinem Lord nicht schadete. Aber wie? Er hatte keine Ahnung, was sie wirklich tat, und keinen Beweis, der seinen Verdacht bestätigt hätte.
    Mit einem weiteren gemurmelten Fluch stolzierte er hinter ihr her.
    Ihr Lager bestand aus zwei winzigen Zelten auf einander gegenüberliegenden Seiten einer kleinen Lichtung, die entstanden war, als ein uralter Ahorn umgestürzt war. Ein Zelt wäre mehr als genug gewesen, es hätte ihnen sowohl Wärme gespendet als auch als Versteck dienen können, aber die Dornenlady schätzte Ungestörtheit, und Albric war nur allzu froh darüber, nicht in ihrer Nähe zu schlafen, daher mussten es zwei Zelte sein. Die Ghulhunde, die sie in der Nähe hielt, kauerten im Laub, unempfänglich für so sterbliche Sorgen wie Kälte und Feuchtigkeit; die Übrigen streiften irgendwo herum. Albric wollte lieber nicht wissen, wo.
    Er hatte ihre Pferde in der Stadt in einem Stall untergebracht; zum einen diente ihm dies als Vorwand, den Stallknecht über Neuigkeiten auszuhorchen, zum anderen verängstigte es die Tiere, wenn die Ghulhunde in ihre Nähe kamen. Wenn sie schließlich Tarnebrück verließen, würden sie sich wahrscheinlich zwischen Pferden und Ghulhunden entscheiden müssen.
    Diese Entscheidung würde nicht heute fallen. Severine saß im Schneidersitz auf dem eisüberhauchten Stamm des Ahornbaums, tuschelte der Reihe nach mit jeder der toten Krähen und schickte sie mit einem Kuss auf den Kopf davon. Weder sie noch Albric würden irgendwo hingehen, bevor ihre Vögel zurückgekehrt waren.
    Das Einsammeln dieser Krähen war eine weitere hässliche Aufgabe gewesen. Severine hatte ein Schaf gekauft, es auf einem Stoppelfeld aufgeschnitten und von ihm verlangt, die

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