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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Knorpel und die obere Reihe seiner Zähne knirschend ins Gesicht.
    Der Ghul zuckte kein einziges Mal zusammen, heulte kein einziges Mal auf. Unter der zerquetschten Nase kam seine geschwollene, purpurfarbene Zunge hervor, an der kleine Bröckchen Knorpel klebten, und schlang sich um Albrics Arm. Albric fluchte – zumindest glaubte er, es zu tun; er war sich seiner Worte nicht sicher – und trat nach den Knien des Ghulhundes, während er verzweifelt an seinem Arm riss, um sich zu befreien.
    Der Ghulhund ließ nicht los. Albric bekam sein Schwert nicht frei und konnte somit keinen sauberen Hieb führen. Aus dem Augenwinkel sah er ein Aufflackern von Dunkelheit und dann ein weiteres von Licht, weiß und golden und wieder weiß, bevor dieses Licht seinerseits von einem Leuchten in der Farbe von rotgestreiftem frischem Elfenbein oder blutigem Knochen ausgelöscht wurde. Ein Gestank nach Salz und Kupfer von vergossenem Blut erfüllte die Luft, und er wusste, dass er aus dieser Richtung keine Hilfe bekommen würde.
    Im Gegenteil, der Verbrannte Ritter schien seine Hilfe zu brauchen. Sir Kelland war beinahe bis zur Waldgrenze zurückgewichen, und er war offenkundig erschöpft. Blutflecken färbten seinen Umhang an einem halben Dutzend Stellen dunkel; seine Schwertstreiche kamen immer langsamer, und obwohl Celestias heiliges Feuer noch immer die Klinge illuminierte, war es kaum heller als eine Kerzenflamme, so schwach wie Albrics eigene Hoffnungen.
    Auch Severine war verwundet … aber nicht so schwer. Nicht annähernd so schwer. Aus einem Schnitt auf ihrer Wange tropfte es rot, und sie legte das Gewicht auf die rechte Seite, aber ihre eigene Klinge bewegte sich schnell wie ein Gedanke. Es war eine Waffe, die Albric noch nie zuvor gesehen hatte: eine Nadel aus glänzendem Elfenbein, eher ein langes Messer als ein Schwert, das zu einer bösartigen Spitze zusammenlief und keine Schneide aufzuweisen schien. Der Griff dieser seltsamen Klinge war mit ihrer Hand verschmolzen, und der Korbschutz umhüllte Hand und Handgelenk wie eine Schlange. Jedes Mal, wenn ihr elfenbeinernes Schwert eine blutige Wunde schlug, wurde Severine stärker und der Verbrannte Ritter schwächer. Schon jetzt erlosch sein Feuer.
    Albric wollte schreien, aber seine taub gewordene Brust erlaubte es ihm nicht. Die eisige Lähmung breitete sich aus. Er konnte die Seite seines Körpers, in die sich die Klauen des Ghaole gebohrt hatten, nicht mehr spüren, und seine Beine gaben allmählich unter ihm nach. Sehr bald würde er fallen.
    Während er darum rang, den Schwertgriff zwischen den Fingern der gefangenen rechten Hand umklammert zu halten, nestelte Albric mit der linken sein Messer aus der Schneide. Unbeholfen hackte er auf die Zunge des Ghaole ein. Langsam gab der sehnige Muskel nach. Der Ghulhund streckte die Klauen nach ihm aus, aber seine Nähe hinderte ihn daran, mit großer Wucht zuzuschlagen; er konnte nur kratzen, Albric die Kleidung zerfetzen und weitere oberflächliche Wunden zufügen.
    Albric spürte das Blut nicht. Er spürte überhaupt nichts außer Kälte und Entsetzen. Endlich löste sich die Zunge des Ghaole von seinem Arm; sie leckte noch immer an seiner Haut, steckte aber nicht mehr im Mund der Kreatur. Statt ruckartig zurückzuweichen, wie der Ghul es offenbar erwartete – er hatte bereits die Klauen ausgestreckt, um Albric auszuweiden, falls er es tat –, ließ der Ritter sein Schwert fallen, packte mit seiner gerade befreiten rechten Hand den oberen Teil des Kopfes der Kreatur und schlitzte ihr mit dem Messer die Kehle auf. Trockene Haut und Innereien, von rosafarbenen Netzen eingehüllt, gaben viel schneller nach als die Zunge zuvor; der Ghaole war enthauptet, bevor er sich von seiner Überraschung erholt hatte.
    Leise fluchend zupfte Albric sich seine Klauen aus dem Leib. Einige waren zu glitschig vom Blut oder zu tief eingesunken, als dass er sie herausziehen konnte, und diese ließ er einfach stecken, sodass der Kopf des Ghaole wie eine riesige, knochige Zecke an seinen Rippen herabbaumelte. Er bückte sich und wollte sein Schwert aufheben, wäre aber beinahe mit dem Gesicht nach unten in den Schnee gefallen; der Blutverlust hatte ihn schwindelig gemacht, und die Berührung des Ghaole hatte seine Glieder in fühlloses Eis verwandelt.
    Er war noch nie im Leben so langsam gewesen, so nutzlos. Aber er durfte noch nicht aufgeben. Eines gab es noch zu tun.
    Er ging auf Severine zu.
    Sie drehte sich nicht zu ihm um. Der Verbrannte

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