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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Jahreszeiten würde das gemeine Volk vielleicht fest die Lippen verschließen, wenn ein Ausländer in die Nähe kam. Aber der Schwerttag brachte eine Flut von Ausländern in die Gegend, die auf Ruhm versessen waren, und an diesem Tag war es nicht weiter seltsam, wenn einer davon dem Tratsch der Einheimischen lauschte.
    Als sie die Treppe hinunterging, war der Schankraum voller Wettstreiter, was ihre Vermutung bestätigte. Bitharn schlüpfte an zwei Soldaten vorbei, die abgewetzte Lederpanzer trugen, auf denen der Dornenkranz von Distelstein prangte. Sie drückte sich in die Schatten an der Gipswand und machte sich klein, während sie die Stimmung im Raum abschätzte.
    Drei Bogenschützen saßen um das qualmende Feuer herum, fluchten und lachten bei Bechern mit saurem Bier. Sie trugen keine Farben eines Fürsten, und ihre zerfetzten Leder- und Kettenhemden, die ihnen als Rüstung dienten, legten die Vermutung nahe, dass sie, falls sie Söldner waren, nicht zu den Besten zählten. An einem Tisch neben ihnen saßen Bauern, und daneben teilten vier alte Weiber schwarzes Bier und Tratsch.
    Die lange Theke war vielversprechender. Dort entdeckte sie zwei Männer mit der weißen Blüte der Bruderschaft von der Rose. Söldner, aber solche, die behaupteten, ebenso sehr für Prinzipien wie für Münzen zu kämpfen. Sie machten einen wohlhabenden Eindruck und waren es wahrscheinlich auch; Söldner der Bruderschaft verlangten hohe Preise von Dienstherren, die neben ihren Fähigkeiten auch den Anflug von Legitimität schätzten. Um sie herum scharten sich geringere Söldner und Einheimische, die um einen Augenblick der Aufmerksamkeit wetteiferten. Die Söldner waren hier, um auf dem Feld nach vielversprechenden jungen Talenten Ausschau zu halten, aber das hielt niemanden von dem Versuch ab, sie zu beeindrucken und auf diese Weise von ihrem Vorhaben abzulenken.
    Sie würden ihren Zweck bestens erfüllen. Bitharn zog ihre Kappe herunter, stieß sich von der Wand ab und bemühte sich um einen unbeholfenen, breitbeinigen Gang. Sie drängte sich zur Theke durch und bestellte einen Becher Bier, wobei sie ihre Stimme ein wenig brechen ließ. Der Mann gleich neben ihr kicherte, aber davon abgesehen beachtete niemand sie besonders; ein Junge, der sich betrank, war der Aufmerksamkeit nicht wert.
    »Wir könnten euch hier gut gebrauchen«, sagte einer der Bauern gerade zu den Männern der Bruderschaft. »An der Grenze herrscht immer ein Bedarf an guten Schwertern.«
    Der Bruderschaftssöldner antwortete nicht sofort, also nutzte Bitharn die Gelegenheit, das Gespräch zu unterbrechen. »Herrscht dort jetzt nicht Frieden?« Sie nahm einen Schluck von ihrem Bier, absichtlich zu schnell, und hustete in den dicken Schaum.
    Der Bauer warf ihr einen Blick zu. »Dem Klang deiner Sprache nach stammst du nicht von hier, also werde ich dir deine Frage nachsehen. Es gibt keinen Frieden. Oh, die Lords mögen ein Lächeln aufsetzen, wenn sie einander begegnen, und dieser tänzelnde Schwachkopf aus Eichenharn mag Lord Eduin ›Vetter‹ nennen, aber wir, die wir mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen und keine Luftikusse sind, wir wissen es besser. Wir haben nicht vergessen, was sie getan haben. Mein eigener Vater hat an einem Rachefeldzug gegen Eulenhain teilgenommen, und ich hätte selbst Jagd auf die Freunde des Sklavenritters gemacht, wäre ich nicht mit einem schlimmen Bein verflucht gewesen.«
    »Des Sklavenritters?«
    Der Bauer spuckte aus. »Jawohl. Das muss jetzt … wie lange her sein? Vier Jahre? Fünf? Es war in dem Jahr, als der Regen die Ernte verdorben hat.«
    »Das war vor fünf Jahren«, warf einer der Einheimischen ein.
    »Also dann vor fünf Jahren. Das war ein langer, harter Winter, zweifellos, aber wir Langmyrner haben uns zusammengetan und geteilt, was wir hatten, um zurechtzukommen. Die Eichenharner dagegen …« Er spuckte abermals aus. »So viel sind sie wert. Der Sklavenritter war einer von ihnen, eines ihrer tapferen, gesalbten Schwerter. Da kannst du sehen, was diese Gelübde für einen Eichenharner wert sind.
    Wenn sie Hunger bekamen, kratzten sie nicht alles zusammen, was sie besaßen. Oh nein. Sie nahmen ihre Gefangenen, ihre kleinen Diebe und Wilderer, und verkauften sie als Futter an die Eisenlords. Alle Grenzlords taten es: Eulenhain, Bullenmark und sogar die fromme Lady Vanegild von Mauerbruch, die am Mittwinter Pennys an ihre Bauern verteilte. Diese Pennys hatten in jenem Jahr einen hohen Preis. Als sie ihre Kerker

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