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Der Krieger und der Prinz

Der Krieger und der Prinz

Titel: Der Krieger und der Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merciel Liane
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Bullenmark, und es hieß, er sei ganz wild darauf, Frieden zu stiften. Die Einheimischen, die sich um die Theke versammelt hatten, belachten diese Idee mit einigem Spott und spotteten noch lauter, als ein Knabe schüchtern andeutete, dass Sir Galefrid vielleicht die Absicht habe, Wiedergutmachung zu leisten für das, was der Sklavenritter getan hatte.
    »Er wird nicht zahlen«, sagte der erste Bauer. »Sie zahlen niemals. Nicht, wie sie es müssten.«
    Bitharn lauschte dem Murren mit halbem Ohr. Eine Gestalt in einem Kapuzenumhang am Rand der Menge hatte ihre Aufmerksamkeit erregt. Eine Frau, vermutete sie; die Person trug einen Umhang, der zu schwer für das Wetter war, aber der locker fallende Stoff vermochte es nicht, eine gewisse Geschmeidigkeit des Körpers zu verbergen oder die sich wiegenden Hüften und die Anmut ihres Gangs. Die Frau hatte zuerst allein dagesessen, aber als das Gespräch an der Theke sich Sir Galefrids Besuch zugewandt hatte, hatte sie ihr Weinglas geleert, war herbeigeschlendert und verweilte jetzt am Rand der Menge.
    Schließlich wandte sich das Gespräch dem Wettbewerb im Bogenschießen zu. Bitharn hörte nur gerade lange genug zu, um zu erfahren, dass der Wettbewerber, dem man zuvor die besten Chancen gegeben hatte, jüngst eine Hand verloren hatte, weil er Lord Israchs Hirsche mit den schwarzen Geweihen gewildert hatte. Jetzt behauptete ein Söldner, der sich Anslak Blaufeuer nannte, magische Pfeile zu besitzen, die ihm den Sieg einbringen würden. Die Unterhaltung entwickelte sich schnell zu einem Streit darüber, ob Blaufeuers magische Pfeile echt waren und ob es in diesem Fall ein gerechter Wettbewerb wäre, daher leerte Bitharn ihren Bierhumpen und trat von der Theke zurück.
    Alles war möglich auf der Welt, wenn die Strahlende es wollte, also konnte es durchaus irgendwo magische Pfeile geben … Aber sie hatte niemals welche gesehen, und niemand würde solche Schätze bei einem unbedeutenden Wettbewerb am Schwerttag verschwenden. Dieser Blaufeuer war ein Narr oder ein Betrüger und so oder so für sie kein Grund zur Sorge.
    Als sie durch den Schankraum zur Treppe hinüberschlüpfte, hörte Bitharn leise Schritte hinter sich und drehte sich um. Die Frau mit dem Kapuzenumhang folgte ihr. Sie zögerte und berührte den Griff ihres Gürtelmessers, dann schalt sie sich eine Närrin und ging weiter. Es gab keinen Grund, warum irgendjemand hier ihr Böses wollen sollte. Höchstwahrscheinlich war die Frau auf dem Weg in ihr Zimmer. Schlimmstenfalls hatte sie Bitharns Verkleidung durchschaut und hoffte, über sie an Kelland heranzukommen. Was sie auch wollte, es war unwahrscheinlich, dass es irgendwen in Gefahr brachte.
    Aber sie ließ die Hand auf dem Messergriff und hätte es beinahe herausgezogen, als die Frau sie in dem dunklen Flur im oberen Stockwerk ansprach.
    »Ich möchte mit dir reden«, sagte sie. »Unter vier Augen.« Ihre Stimme war weich, kaum mehr als ein Flüstern und geprägt von dem melodischen Akzent des ardasischen Adels. Der Akzent war schwach, als habe sie Jahrzehnte zur Verfügung gehabt, ihre Aussprache den nördlichen Höfen anzupassen, aber er war trotzdem nicht zu überhören.
    Bitharn nickte, vorsichtig, aber neugierig, und schloss ihre Tür auf.
    Sobald sie in ihrem Zimmer standen, ließ die andere Frau ihre Kapuze fallen. Sie war schon älter, zierlich und zeigte die schnellen Bewegungen eines Vogels, außerdem hatte sie den honigfarbenen Teint, der im südlichen Reich so weit verbreitet war. Silberne Strähnen schimmerten in ihren weichen, schwarzen Locken, und feine Linien umgaben die Winkel ihrer dunklen Augen. Aber das Alter hatte ihre Schönheit eher verfeinert als gemindert.
    Sie war in schlichtes Leinen gekleidet und trug keinen einzigen Edelstein, aber sie brauchte keinen Schmuck, um zu verraten, wer sie war. Es gab nur eine einzige ardasische Edelfrau in Distelstein: Lady Isavela Inguilar, Lord Eduins Gemahlin.
    »Mylady.« Bitharn knickste. Wie kann ich Euch zu Diensten sein?, hätte sie beinahe gefragt, konnte die Worte, die ihr auf der Zunge lagen, jedoch gerade noch herunterschlucken. Sie würde vielleicht überhaupt nicht zu Diensten sein wollen – oder können. Gewiss konnte sie nicht versprechen, dass Kelland der Frau zu Diensten wäre, und die Bitte der Lady würde zweifellos an den Gesegneten gerichtet sein, nicht an seine Gefährtin. So tüchtig sie war, Bitharn schmeichelte es nicht, dass Lady Isavela gekommen war, um mit einer

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